Das
Atommülllager Asse als Thema eines Langzeit-Kunst-Projektes : Sieben
Studierende der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig machten sich auf
die Suche, wie die Probleme des ehemaligen Salzstocks künstlerisch sichtbar gemacht werden können. Am Samstag startet die Ausstellung in Gartow mit einer Podiumsdiskussion.
Was ist in der Schachtanlage Asse sichtbar? Welche künstlerische
Herangehensweise wird der Komplexität der politischen Debatte zur
Atommülllagerung gerecht? Frank Sperling,
Inga Barnick, Ulf Beck, Franka Hilbert, Michael Jahn, Susann Dietrich und Timo
Hoheisel – allesamt Absolventen und Studierende der HBK Braunschweig – setzten
sich mit künstlerischen Mitteln mit der Asse als Ort und gesellschaftlichem
Problem auseinander.
Die Ergebnisse zeigten sie 2015 mit Erfolg in der
Niedersächsischen Landesvertretung in Berlin. Der Westwendische Kunstverein greift diese »Steilvorlage« auf und zeigt im
Zehntspeicher eine erweiterte Fassung dieser Ausstellung. Bis zum 24. September sind die sehr
unterschiedliche Werke im Zehntspeicher Gartow zu sehen. Von dokumentarischen Arbeiten bis hin zu
künstlerischen Objekten reichen die Werke, die die sieben KünstlerInnen geschaffen haben. Während Susann Dietrich mit Salzkristallen,
dem zentralen Asse-Material, abstrakte Fotos schafft, lässt Timo Hoheisel die
entstandenen Aufnahmen gleich wieder unter Beton verschwinden. Inga Barnick
untersucht Schutzkleidung und -geräte, die sie beim Ortsbesuch des Salzstocks
vorfand und Ulf Beck hat die Asse monatelang mit einer Kamera überwacht.
Was unterscheidet den jungen Künstler von denjenigen, die seit
Jahrzehnten Widerstand gegen Endlagerpläne leisten oder immer wieder
vehement auf Missstände im Umgang mit Atommüll hinweisen? "Ich habe das
Vertrauen in die Handelnden noch nicht so endgültig verloren, wie das
bei langjährigen Atomkraftgegnern der Fall ist," so Timo Hoheisl, einer
der sieben Künstler, die ab Samstag in Gartow ausstellen. "Dort ist das
Vertrauen über die Jahrzehnte gegenseitig so tiefgreifend verloren
gegangen, dass heute jegliche Pläne und Vorgehen nur noch mit Misstrauen
beäugt werden."
"Vertrauen" ist denn auch ein Thema seiner Konzeptarbeit: Fotos, die er im Schacht des ehemaligen Bergwerks Asse gemacht hatte, lässt er unter einer Salzbetonschicht verschwinden. Eben jenem Material, in das auch Atommüll eingegossen wird. Für den geborenen Wolfenbütteler ist die Geschichte der Asse "eine Chronik des Versagens auf fast allen Ebenen".
Zur
Eröffnung am 12.08.2017 um 17 Uhr wird es gegen 18.00 Uhr ein Podiumsgespräch
zwischen den KünstlerInnen Timo Hoheisel, Inga Barnick, Irmhild Schwarz und Dr. Wilfried Maier, Philosoph und Senator a.D. stattfinden. Das Gespräch wird
Christa Goetsch (ehemalige Politikerin, Bündnis 90/Die Grünen) moderiert. Es soll einen spannenden
Austausch der Generationen beinhalten. Welche Rolle spielt die persönliche
Betroffenheit, wie unterschiedlich sehen künstlerische Herangehensweisen aus im
Spannungsfeld von Kunst und Politik?
Im Rahmen der Ausstellung findet am 02.09.2017 ein Workshop für Kinder und Jugendliche von acht bis sechzehn Jahren zum Thema „Camera Obscura“ statt. Es sollen gemeinsam Lochkameras aus einfachsten Mitteln gebaut werden und zum Einsatz kommen – inklusive der Entwicklung der eigenen Bilder. Der Workshop ist gefördert durch die VGH Stiftung und daher kostenfrei, er ist beschränkt auf 10 TeilnehmerInnen. Anmeldung bitte unter kontakt@westwendischer-kunstverein.de.
Wann? Vernissage am Samstag, 12. 8. um 17.00 Uhr - 18.00 Uhr Podiumsgespräch
Foto | Frank Sperling: Ausschnitt aus einem Polaroid von einer Wand im Salzstock