Am Freitag war Niedersachens Umweltminister Olaf Lies auf Sommerreise zwischen Elbe und Gain. Dabei ging es nicht nur um Perspektiven für die Region sondern auch um die Stallpflicht und Probleme mit Eichenprozessionsspinnern.
Auch Umweltminister Olaf Lies (SPD) folgte am Freitag der Tradition seiner Vorgänger und begab sich auf Sommerreise in die Elbtalaue, nach Bergen und in die Göhrde. Hauptanliegen des Ministers war es, sich über verschiedene Naturschutzprojekte sowie aktuelle Themen des Biosphärenreservats zu informieren. Seit seinem Amtsantritt im November vergangenen Jahres hatte Lies die Region Elbtalaue-Wendland noch nicht besucht.
Auf der Floßfahrt am Mittag kamen dann auch kritische Themen auf den Tisch. Im Zusammenhang mit dem Vortrag von Sigrun Hogelücht über die Arbeit der Archeregion Flusslandschaft Elbe tauchte die Frage auf, wie die erneut zu erwartende Stallpflicht weniger belastend für Hobbyhalter und Archetiere gestaltet werden kann.
Der Vorschlag von Landrat Jürgen Schulz, Hobbyhalter von der Stallpflicht auszunehmen und gegebenenfalls nur ein Transportverbot zu verhängen, kam beim Minister gut an. "Ich werde das mitnehmen", versprach er den Anwesenden und machte so Hoffnung, dass das Geflügel von Hobbyhaltern in der Archeregion beim nächsten Ausbruch der Vogelgrippe nicht monatelang im Stall bleiben muss. In der Vergangenheit hatten zahlreiche Halter von stark gefährdeten Geflügelarten wie Leine- oder Lippegans die Haltung aufgegeben, weil die Tiere die lange Stallpflicht nicht ausgehalten haben.
Eichenprozessionsspinner: Lösungen angekündigt
Ein weiteres großes Thema auf dem Schiff war die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners. Hier war der Umweltminister schon vorbereitet - auch aus dem Landkreis Gifhorn waren Hilferufe an ihn gerichtet worden. Auf dem Floß kündigte er an, dass er bzw. sein Ministerium die Federführung übernehmen werde, was Lösungen für die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners angeht. Zur Erinnerung: Zuständigkeitswirrwarr und Streit über die Umweltschädlichkeit der möglichen Bekämpfungsmittel hatten bisher eine effektive Bekämpfung aus der Luft verhindert.
"Jetzt kann nur noch abgesaugt werden," so Lies. "In den Folgejahren muss dann frühzeitig gespritzt werden." Auch der Umweltminister hegt die Hoffnung, dass die Population des Eichenprozessionsspinners bald zusammenbricht, weiß aber auch, dass diese Hoffnung seit Jahren gepflegt wird - und jedes Jahr müssen Forstbesitzer und Grundstücksbesitzer weitgehend hilflos zuschauen, wie die kleinen Raupen wieder zuschlagen.
Landrat Jürgen Schulz ist optimistisch, dass es mit Hilfe von Lies bereits nächstes Jahr gelingt, die Bewilligung für eine Bekämpfungsaktion aus der Luft zu erhalten. Für das Biosphärenreservat fand Franz Höchtl (Stellvertreter von Verwaltungsleiter Johannes Prüter) salomonische Worte: "Wir sind offen, uns mit den Akteuren an einen Tisch zu setzen, um die bestmögliche Lösung zu finden." Einen konkreten Zeitraum für die Entwicklung einer Lösung nannte Lies nicht, deutete aber an, dass er diese im Verlauf von maximal zwei Jahren sieht.
Am Abend traf sich Lies noch mit Kommunalvertretern im Landkreis Gifhorn. Dort äußerte er laut einem Medienbericht (WAZ-online): "Am Absaugen und Sprühen aus der Luft führt kein Weg vorbei." Und: "Man muss jetzt etwas tun und später über die Finanzen reden," wird der Umweltminister im gleichen Medium zitiert.
Elbbrücke Neu Darchau: "Ja, aber..."
Auch das Thema Elbbrücke Neu Darchau kam auf den Tisch. "Die Landesregierung bekennt sich zu ihrem Beschluss, die Brücke bauen zu wollen," so Lies. "Aber die Mittel sind begrenzt. Deshalb müssen wir auch an anderen Wegen arbeiten wie zum Beispiel ein Fährzug mit Brennstoffzellen."
Letzterer Vorschlag passte zur Nachhaltigsstrategie, die Lies in Teilen auf dem Boot skizzierte. Nach seiner Vorstellung gehört zur nachhaltigen Mobilität die Förderung von alternativen Treibstoffen wie Hybrid, Brennstoffzellen oder Wasserstoff für öffentlich genutzte Fahrzeuge. "Hier könnte sich Niedersachsen zum Modellland machen," zeigte sich Lies überzeugt.
Dem Ausbau der sogenannten Elbe-"Reststrecke" zwischen Dömitz und Hitzacker eine nicht ganz eindeutige Absage. "Die Befahrbarkeit der Elbe muss erhalten bleiben - aber auch nicht mehr," so Lies. Dreilagigen Containerverkehr über die Elbe fahren zu lassen, hält Lies für unrealistisch. Durch den Bau des neuen Schleusenbauwerks Lüneburg würde der Elbe-Seitenkanal noch mehr ertüchtigt.
Nicht zuletzt plädierte Lies dafür, sich nicht selber als Armenhaus zu definieren, sondern die Stärken der Region zu betonen. "Wir sollten keine Mitleidsdiskussion führen, sondern klar machen, dass wir hier einen Superansatz haben."
Mit der Kombination von regionalem Wirtschaften und Naturschutz im Biosphärenreservat, mit zahlreichen Pilotprojekten in Sachen nachhaltigem Tourismus sowie Umwelt und Naturschutz könne die Region sich zur Modellregion machen. Gerade das Thema nachhaltige Mobilität könne in ländlichen Räumen hervorragend modellhaft getestet werden.
Förderbescheide für Umweltbildungsprojekte
Seine Sommerreise trat Lies nicht an, ohne Geldzusagen im Gepäck zu haben. Gleich morgens konnten sich Barbara und Siegfried Kenner vom Bio-Hotel "Kenners Landlust" über einen Förderbescheid in Höhe von rund 74.000 Euro freuen. Der Partnerbetrieb des Biosphärenreservates erhält für sein neues Vorhaben „Das Hotel als Lernort – Der Natur Raum geben“ eine Zuwendung aus der niedersächsischen Förderrichtlinie „Landschaftswerte“.
Im Zuge anstehender Renovierungsarbeiten werden elf Zimmer so umgestaltet und eingerichtet, dass künftige Gäste bereits im Hotel auf die Spuren der Tiere und Pflanzen stoßen werden, die sie – mit etwas Glück – während ihres Urlaubs auch in der freien Natur erleben können. Wolf, Adler, Biber, Kranich, Eiche oder Feuerlilie sind nur einige der neuen „Mitbewohner“ im Hotel.
Zum Abschluss seiner Sommerreise besuchte Minister Lies das Marschhufendorf Konau-Popelau in der Gemeinde Amt Neuhaus, wo er eine weitere Zuwendung in Höhe von rund 127.000 Euro an den Verein „Konau 11 – Natur e.V.“ überreichte. Das über die „Landschaftswerte“ geförderte Vorhaben „Obstbaumalleen und Streuobstwiesen in Amt Neuhaus und Umgebung wertschätzen und erhalten“ zielt auf die Pflege von Obstbäumen an den Kreisstraßen 57 und 61 auf der rechten Seite der Elbe ab. Darüber hinaus werden auf dem Hof Konau 11 kleinere Umbaumaßnahmen vorgenommen, um inklusive Bildungsmaßnahmen zum Thema „Alte Obstsorten“ anbieten zu können.
"Region kann als Modellregion für nachhaltige Entwicklung funktionieren"
„Ich bin sehr angetan, von dem was ich heute gesehen habe“ resümierte Umweltminister Olaf Lies. „Zum einen habe ich die wunderbaren Landschaften der Elbtalaue genossen. Zum anderen stelle ich fest, dass es in der Biosphärenregion eine immer engere Zusammenarbeit zwischen Naturschutz, Landwirtschaft und weiteren Akteuren gibt. Das Partnernetzwerk und die vorgestellten Projekte zeigen, wie das Biosphärenreservat „Niedersächsische Elbtalaue“ als Modellregion für nachhaltige Entwicklung funktioniert – entsprechend den Vorgaben der UNESCO für Biosphärenreservate. Diese Rolle wollen wir in den nächsten Jahren weiter stärken.“
Foto | Angelika Blank: Hörten auf dem Solarfloß konzentriert den Vorträgen über Elberegion zu (von rechts): Landrat Jürgen Schulz, Umweltminister Olaf Lies, Sigrun Hogelücht, Vertreterin der Archeregion Flusslandschaft Elbe sowie Franz Höchtl, stellvertretender Leiter der Biosphärenreservatsverwaltung.