Auf 700 ha hat sich die Kleine Dunkle Kiefernbuschhornblattwespe in den Wäldern in Amt Neuhaus schon ausgebreitet - und zahlreiche Fraßschäden verursacht. Eine intensive Puppensuche soll nun Aufklärung bringen, wie hoch die Larvenzahlen sind.
Vergangene Woche trafen sich Vertreterinnen und Vertreter der Naturschutz- und Waldbehörden, des Biosphärenreservats sowie Wald- und Pflanzenexperten in den Kiefernwäldern der Niedersächsischen Landesforsten in Amt Neuhaus. Das Forstamt Göhrde hatte wegen des großflächigen, auf rund 700 Hektar Waldfläche ausgedehnten Fraßes der Larven der Kleinen Dunklen Kiefernbuschhornblattwespe (Gilpinia frutetorum) in den dortigen Kiefernwäldern alle beteiligten Behörden und Institutionen eingeladen, die an einem eventuellen Genehmigungsverfahren zur Bekämpfung beteiligt werden müssen.
„Den Fraß im Frühjahr
haben die Kiefern hier dank des Austriebs im Mai noch überstanden.
Sollten wir mit einer zweiten Generation an Larven in diesem Jahr
rechnen müssen, müssen wir handeln, denn dies würde unser
Wald hier nicht überleben“, fasst Dr. Uwe Barge, Leiter des Forstamtes
Göhrde die Situation zusammen.
Bekämpfung nur bei Waldgefährdung
"Eine Behandlung des Waldes gegen den
Larvenfraß erfolgt keinesfalls prophylaktisch oder aus einer
unbestimmten Befürchtung heraus, sondern auf Basis eines
wissenschaftlichen
Monitorings", betonte Dr. Pavel Plašil, Waldschutz-Experte der
Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NFVA). Die Stellungnahmen der NFVA sind oft Grundlage von Entscheidungen zur Parasitenbehandlung.
Im Mai des Jahres hatte sich der erste Larvenfraß an den Nadeln in den Kiefernkronen bemerkbar gemacht. Die zu Rate gezogenen Experten der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt aus Göttingen identifizierten die Larven der Kleinen Dunklen Kiefernbuschhornblattwespe als Ursache.
Das
von der extrem warmen und trockenen Wetter profitierende Insekt legt
seine Eier an den Nadeln der Kiefern ab. Die daraus schlüpfenden Larven
fressen die älteren Nadeln der Kiefern, bevor
sie sich in der Krone, am Stamm oder im Boden verpuppen. „Aus den
Kokons, die am Stamm oder der Krone liegen, schlüpfen noch in diesem
Jahr die Blattwespen, die dann abermals Eier legen, aus denen noch in
diesem Jahr wieder Larven schlüpfen. Diese würden die
noch verbleibenden Nadeln fressen, was bei hohen Larvenzahlen den Tod
der Kiefern bedeutet“, erklärt Dr. Plašil.
Baumsterben verhindern
"Die Schäden haben jetzt schon eine Größenordnung erreicht, wo wir uns Sorgen machen", so Knut Sierk, Sprecher der Landesforsten. "Die Population ist auf dem aufsteigenden Ast. In Mecklenburg und Sachsen-Anhalt gibt es schon länger Probleme". Insbesondere wenn die Kiefernbuschhornblattwespe eine Fraßgemeinschaft mit anderen Kieferngroßschädlingen eingeht, wird es ernst. Wenn diese gemeinsam auftreten, kann es schnell zum Absterben führen, so Sierk weiter.
Um prognostizieren zu
können, wie wahrscheinlich es ist, dass diese zweite Generation an
Larven in diesem Jahr zu erwarten ist, ist nun eine umfangreiche
Überwachung erforderlich. „Wir fällen stichprobenartig
einzelne Kiefern und zählen, wie viele Puppen in den Kronen und am
Stamm zu finden sind. Hinzu kommen die Puppen, die wir im Boden finden –
auch dies zählen wir in Probeflächen aus“, erklärt Dr. Barge das
weitere Vorgehen.
Puppensuche soll Aufschluss geben
„Es ist nicht nur die Anzahl entscheidend, sondern auch der Zustand der auch Puppen genannten Kokons: Sind die Kokons parasitiert? Lässt die Entwicklung einen zeitnahen Schlupf erwarten oder überwintern die Kokons bis ins nächste Jahr? Genaue Untersuchungen werden Antworten auf die Fragen geben, auf deren Grundlage wir dann eine Empfehlung abgeben können“, ergänzt Dr. Plašil. Die Puppensuche soll auch im Winter fortgeführt werden, da die Kokons im Boden 'überliegen'.
An den Stämmen und in
den Kronen der am Dienstag gefällten Kiefern und bei der exemplarischen
Puppensuche im Boden konnten einige Kokons gefunden werden, deren
schlechter Zustand den Experten Hoffnung macht. „Das
ist ein erster Eindruck, der Anlass zur Hoffnung gibt. Wir werden das
Monitoring jetzt aber akribisch durchführen – weder die Entscheidung,
auf eine Behandlung zu verzichten, noch die, eine Behandlung mittels
Hubschrauber zu beantragen, fällt uns leicht. Beide
Fälle bedingen erhebliche Verantwortung“, schließt Dr. Barge.
Ergebnisse des Monitorings sind Ende des Monats zu erwarten.
Foto | entomart: Kokon der Kleinen Dunklen Kiefernbuschhornblattwespe