Eine gelungene Premiere präsentierte die Freie Bühne Wendland am Sonntag in Platenlaase. Mit der Inszenierung von Michael Endes satirischem Kinderbuch hat sich die Freie Bühne Wendland selbst übertroffen: fast zwei Stunden lang sprühte es vor Witz und exzessiver Spielfreude.
Schon mit der Auswahl des "satanarchäologenialkohöllischen Wunschpunschs" von Michael Ende landete die Freie Bühne Wendland einen kleinen Coup: das Buch bietet derart viel Möglichkeiten zu dramaturgischen Highlights, dass es schon lieblosem Dilettantismus gleichgekommen wäre, es langweilig zu inszenieren.
Doch natürlich hat die Freie Bühne Wendland dieses "Kunststück" nicht geschafft. Im Gegenteil. ob Bühnenbild, Kostüme oder darstellerische Kunst - in jedem Detail zeigt sich nicht nur liebevolles Engagement, sondern auch hohe Kunstfertigkeit. Die Regie von Gero Wachholz natürlich nicht zu vergessen: Wachholz verlangt den Schauspielern einiges ab, was Einsatz, Beweglichkeit und Ausdrucksstärke angeht. Grandios, wie Peter Bauhaus als Maledictus Made den teuflischen Zwangsvollstrecker gibt - kühl, herablassend und ohne jegliches Mitgefühl moniert er die unterlassenen bösen Taten, zu der sich Beelzebub Irrwitzer vertraglich bei Seiner Höllischen Exzellenz verpflichtet hatte und droht dem Professor, ihn zu pfänden, sollte er nicht bis Mitternacht sein Versprechen erfüllen.
Naturkatastrophen, Seuchen und andere Unglücke sollte "Parfresser" Irrwitzer (ausdrucksstark: Carolin Serafin) über die Erde bringen. Doch in diesem Jahr es ihm nicht in ausreichender Anzahl gelungen. Der Hohe Rat der Tiere hatte ihm den naiven und trotzdem stolzen Kater Maurizio die Mauro (überzeugend träge, müde und dennoch herkunftsbewusst: Lennart Müller) als Spion ins Haus geschickt, was Irrwitzer zu vorsichtigem Handeln zwingt.
Von Geldhexen, teuflischen Zwangsvollstreckern und wehrhaften Tieren
Kerstin Wittstamm als hysterischer Rabe Jakob Krakel bringt richtig Schwung in das abgedrehte Stück. Mit nicht ablassendem Redeschwall, frechen Wortspielen und unbändiger Energie tobt "Jakob Krakel" über die Bühne und schafft es schnell, den trägen Kater Maurizio zur Gegenwehr zu motivieren. Denn auch der Rabe ist ein Spion der Tiere, die das böse Werk des Teufels verhindern wollen.
Zwangsvollstrecker Made war auch bei der Geldhexe Tyrannja Vamperl, einer Tante von Irrwitzer. Auch sie soll bis Mitternacht gepfändet, wenn sie ihren Vertrag nicht erfüllt. Tyrannja allerdings weiß, wie sie sich vor der teuflischen "Pfändung" schützen kann: sie besitzt die Hälfte des Rezepts für einen Wunschpunschs, der alle Wünsche in ihr Gegenteil verkehrt. Und Irrwitzer besitzt die andere Hälfte.
Nach einigem Hin und Her beschließen Irrwitzer und Tyrannja Vamperl zusammen zu arbeiten, um den Wunschpunsch gemeinsam herzustellen, um sich zu retten. Natürlich haben der Rabe und Kater Maurizio ihren Plan längst ausgekundschaftet und ergreifen Gegenmaßnahmen.
Muß man noch erwähnen, dass am Ende alles in einem bunten, sturzbetrunkenen Tohuwabohu endet, in dem die Guten siegen und der Teufel in die Röhre guckt?
Rundum ein gelungenes Spektakel
So turbulent das Stück inszeniert ist, so intensiv die Schauspieler ihre Rollen ausspielen - es gleitet nie in Klamauk ab. Gekonnt hält Regisseur Gero Wachholz die Balance zwischen Witz und philosophischer Nachdenklichkeit. Auch schauspielerisch hatte sich das Freie-Bühne-Wendland-Ensemble seit seinen Anfängen enorm gesteigert: es fällt schwer, zu entscheiden, wer seine Rolle am ausdrucksstärksten spielte: Uwe Serafin interpretiert die exaltierte geldgeile Tyrannja Vamperl grandios als überkandidelte, egoistische Diva, Kerstin Wittstamm überzeugt als leicht hysterischer Rabe und Carolin Serafin gibt den von Angst getriebenen Professor mit überzeugender Ausdrucksstärke.
Uta Helene Götz' Bühnenbild ergänzt die Inszenierung um eine futuristische Komponente: flackernde Lichttafeln, große Schwungräder, seltsame Zeichen an der Wand oder Papier schluckende Gummilippen, ein Videomonitor mit Blick in die Welt außerhalb des Irrwitzerschen Labors ... Götz verwirklichte im Bühnenbild zahlreiche kreative Ideen.
Und mit den Kostümen schaffte Elke Kuhagen, Schneiderin aus Salderatzen, den Sprung ins Absurde: Tyrannja Vamperl erscheint im goldenen Kostüm mit Riesenknochen als Haarspange, Kater Maurizio erhielt ein dickes, blasses Fell, was seine Trägheit auch optisch unterstreicht. Und Rabe Krakel mit seiner schwarzen Kappe und dem ebenfalls schwarzen Outfit aus Strumpfhose, kurzer Hose und Bolerojäckchen erinnert stark an einen Robin Hood der Lüfte.
Insgesamt ist der "Satanarchäologenialkohöllische Wunschpunsch" eine Aufführung, die Seele, Geist und Auge gleichermaßen erfreut. Sie macht Spaß und gibt doch immer wieder Grund zum Nachdenken. Das Stück - und die Inszenierung nicht minder - sind ein gelungenes Beispiel dafür, dass ökologisches Bewusstsein und Spaß nicht unbedingt Gegensätze sein müssen.
Der "Satanarchäologenialkohöllische Wunschpunsch" wird an folgenden Terminen aufgeführt:
Schulvorstellungen werktags vom 1. bis 12. Dezember.
Familienvorstellungen an den Wochenenden 6./7. und 13./14. Dezember
jeweils um 15 und 20 Uhr . Kartenvorbestellungen entweder unter Tel.-Nr. 05864-491 oder Tel.-Nr. 05864-558.