Sexuelle Gewalt gegen Kinder - auch der Landkreis ist nicht frei davon. Am Dienstag startete der Landkreis eine umfangreiche Kampagne, die für das Thema sensibilisieren und all denjenigen, die mit Kindern zu tun haben, Beratung und Hilfestellung geben soll.
„Null
Toleranz im Strafraum“, sagt Almuth Schult und streckt dem Betrachter
ihre behandschuhte Hand abwehrend entgegen. „Macht euch laut – gegen
sexuelle Gewalt“, fordern die Mitglieder von
Madsen. Die Torhüterin des VFL Wolfsburg und die Erfolgsband aus dem
Wendland werden in den nächsten Wochen kreisweit auf Plakatwänden zu
sehen sein. Zusammen mit anderen bekannten Gesichtern aus der Region
stehen sie Pate für eine Plakatkampagne gegen Gewalt
an Kindern und Jugendlichen.
Dies ist nur ein Teil des gerade gestarteten Projektes „DAN für Kinder- und Jugendschutz – WIR gegen sexualisierte Gewalt!“ des Landkreises Lüchow-Dannenberg. Mit Flyern, Aufklärungsbroschüren, Online-Seminaren und pädagogischen Materialien soll eine breite Sensibilisierung der Öffentlichkeit erreicht werden. So sollen Kinder, Jugendliche, Bürger, Personen im Ehrenamt und Fachkräfte im Landkreis zu den Themen „sexualisierte Gewalt“ und „Kinder- und Jugendschutz“ informiert und fortgebildet werden.
90 % der Taten bleiben im Dunkeln
Der Anteil der sexuell motivierten Straftaten gegen Kinder und Jugendliche ist im Landkreis mit rund 15 Fällen im Jahr zwar gering, aber die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht davon aus, dass es in Deutschland rund eine Million betroffene Mädchen und Jungen gibt, die sexuelle Gewalt erlebt haben oder erleben. Das bedeutet, dass pro Schulklasse statistisch gesehen ein bis zwei Kinder betroffen sind.
Und: Experten sind sicher, dass 90 % der Fälle gar nicht bekannt werden. "Die Methoden der Täter, ihre Opfer davon abzuhalten, über die Verbrechen zu sprechen, sind perfide," weiß Kreisjugendpfleger Mathias Niebuhr, der gemeinsam mit Susan Fuhrmann, Leiterin der neu eingerichteten Fachstelle Kinderschutz die Kampagne organisiert.
Hintergrund des Projektes ist auch die Erkenntnis, dass viele Eltern, Lehrer oder Erzieher mangels Aufklärung die Anzeichen von Kindesmissbrauch nicht oder erst dann erkennen können, wenn die Symptome unübersehbar geworden sind.
Mit Schutzkonzepten gegen sexuelle Gewalt
Ein wichtiger Bestandteil der Präventionsarbeit sind Schutzkonzepte, wie sie in Schulen, Kindergärten und institutionellen Einrichtungen längst angewandet werden. Nun lädt Mathias Niebuhr auch Vereine ein, derartige Konzepte für ihre - meist - ehrenamtliche Arbeit zu erarbeiten. „Schutzkonzepte können in diesen Einrichtungen nicht nur dafür sorgen,
Missbrauch zu verhindern," so Niebuhr. "Kinder und Jugendliche,
die andernorts Opfer von Missbrauch oder Übergriffen werden, können
hier auch kompetente Unterstützung finden."
Bestandteil eines Schutzkonzeptes ist u. a. die Erstellung einer Risikoanalyse, mit der ermittelt werden soll, wo und in welchen Situationen es für die Kinder riskant sein könnte. Überprüft wird dabei z.B. wie der Aufenthalt in Duschräumen organisiert wird oder welche Wege es gibt, die alleine zurückgelegt werden (müssen).
Weitere Bausteine des Projekts sind Webinare. Referenten von verschiedenen Institutionen wie z.B. dem Kinderschutzzentrum Nordostniedersachsen, der Beratungsstelle Violetta oder der Erziehungsbertungsstelle informieren über das Erkennen von Kindeswohlgefährdung ebenso wie über die Gestaltung von Schutzkonzepten oder die rechtliche Einordnung. Die Webinare sind offen für alle, die sich für die Thematik interessieren.
Unterstützung auch für Eltern, Lehrer und Erzieher
Den Schulleitern, Lehrern und Erziehern in der Region wird über eine
Cloud Unterrichtsmaterial zum Thema „Kinderrechte“ zur Verfügung
gestellt. Kurz vor dem Online-Go steht außerdem
eine Website. Unter www.dan-kinder-jugendschutz.de sind zahlreiche Informationen und Materialien hinterlegt.
Für Kinder und Jugendliche werden
spezielle Flyer mit einer kurzen Information zum Thema sowie einer
Übersicht für Beratungsstellen im Landkreis und Webadressen
zur Unterstützung entwickelt. Diese werden ebenfalls ausgegeben und
verteilt. Sie sollen an vielen Stellen ausgelegt werden, die besonders stark von Kindern genutzt werden - auch an den Innenseiten der Toilettentüren, so dass es den SchülerInnen möglich ist, sich
diskret darüber zu informieren.