Über die Niedersächsische Wolfsverordnung, die im November verabschiedet worden war, gibt es Streit zwischen dem NABU und dem Landes-Umweltministerium. Der Naturschutzverband hat Beschwerde bei der Europäischen Union eingereicht.
Kurz vor der Veröffentlichung der neuen Wolfsverordnung war Niedersachsen damit gescheitert, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen. Das Bundesumweltministerium lehnte die Änderung entsprechender Bundesgesetze ab - unter anderem mit der Begründung, dass nicht im nationalen Alleingang entschieden werden könne, in welcher Region es zu viele Wölfe gäbe. Diese Entscheidungen würden in einem europaweit abgestimmten Verfahren getroffen. (Anmerkung: Im Jagdrecht werden Populationsgrößen festgelegt, die nicht unterschritten werden dürfen. Alljährlich wird neu festgelegt, wieviel Tiere welcher Art in jeweiligen Jahr geschossen werden dürfen.)
In der Ende November vorgelegten Wolfsverordnung legte das Nds. Umweltministerium fest, nach welchen Kriterien und nach welchem Verfahren entschieden wird, wann ein auffälliger Wolf getötet werden darf.
Gegen diese Verordnung reichte der Naturschutzbund Deutschland (NABU) nun Beschwerde bei der Europäischen Union ein. Sie verstoße gegen den Artenschutz, so der Naturschutzbund. Die Hauptkritik bezieht sich auf Sonderregelungen für Herdenschutzmaßnahmen z. B. an Deichen und nach Verordnung nicht notwendige Identifizierung des "Täter"wolfs.
Wolfsabschlüsse sind nach der neuen Verordnung nur erlaubt, wenn die Tiere mindestens zweimal eine wolfssichere Umzäunung überwunden und dann Nutztiere gerissen haben. Für Pferde und Rinder werden bestimmte Vorgaben gemacht, wie die Tiere zu halten sind. Erst wenn diese nicht eingehalten sind, wird der Schaden dem Wolf zugerechnet.
Nicht zuletzt kritisiert der NABU ebenfalls eine Bundesland-bezogene Beurteilung des Erhaltungszustandes der Wolfspopulation. "Der Bezugspunkt, an
den sich der Erhaltungszustand einer Wolfspopulation
knüpft, bemisst sich an natürlichen Verbreitungsgebieten nicht
an Bundeslandgrenzen (auch nicht an Staatsgrenzen)," heißt es dazu in einer NABU-Erklärung.
Lies: "NABU will beim Wolfsthema weiter polarisieren"
„Der NABU hatte im Rahmen der
Verbändeanhörung Gelegenheit, die Wolfsverordnung mit konstruktiven Vorschlägen
zu bereichern. Diese blieben jedoch weitgehend aus, da man beim NABU dem Erhalt
der Weidetierhaltung und den von ihr abhängigen, geschützten Arten offenbar
weniger Bedeutung beimisst als dem bedingungslosen Schutz auch noch des
problematischsten Einzelwolfes."
Dem Vorwurf von Umweltminister Lies, bei der
Verbändeanhörung keine konstruktiven Vorschläge gemacht zu haben, tritt der NABU vehement entgegen. "In einer ausführlichen Stellungnahme
wurde dezidiert
auf die einzelnen Aspekte des vorgelegten Verordnungsentwurfes
eingegangen," heißt es in einer Erklärung des NABU. "Zu unserer Überraschung wurde aber nicht auf einen dieser
Punkte eingegangen, sondern es wurden im Gegenteil weitere Verschärfungen
zur Aufweichung des Schutzstatus des Wolfes in die
Verordnung aufgenommen."
Eine Kritik richtet sich dagegen, dass laut Verordnung "die Identifizierung des Wolfes durch vorherigen Lebendfang oder die genetische Identifizierung ... nicht erforderlich" ist. "Ein Problemwolf bzw. ein Wolf mit auffälligem Verhalten muss nach klaren Kriterien definiert werden, wie es beispielsweise die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes (DBBW) und das Bundesamt für Naturschutz machen," kritisiert der NABU.
Ein weiterer Streitpunkt bleibt unverständlich, denn auch der NABU hatte sich schon vor längerem zu Abschüssen von "Problemwölfen" bekannt. "Ein Wolf ist aus Sicht des NABU erst dann ein Problemtier, wenn er die empfohlenen und nachweislich wirkenden wolfsabweisenden Herdenschutzmaßnahmen nachweislich überwindet und nicht, wenn er an Deichen oder bei Rindern ungeschützte Tiere erbeutet."
Ein Dissens bleibt unverständlich, denn in den §§ 5 + 6 der Wolfsverordnung wird ausdrücklich festgelegt, dass der Abschuss eines Problemwolfs erst dann zulässig ist, "wenn dieser die zumutbaren, ordnungsgemäß errichteten und funktionstüchtig betriebenen wolfsabweisenden Schutzmaßnahmen ... mindestens zweimal überwunden und ein Weidetier oder Gehegewild gerissen oder verletzt hat."
Minister Lies bleibt bei seiner Ansicht, dass die " niedersächsische
Foto | Heiko Anders/NABU : Ein Welpe im hohen Fläming