Eine vorausschauende Nachlese
Das zero-Forum in Platenlaase zu den Perspektiven des Wendlands hat keine Utopie geboren. Erfreut jedoch hat die rege Beteiligung sehr unterschiedlicher TeilnehmerInnen – auch die überwiegende Bereitschaft zuzuhören. Und etliche bemerkenswerte Beiträge.
Wichtig war schon der erste Beitrag von Landrat Jürgen Schulz, der den Unterschied zwischen gefühlter und realer Wertschöpfung in Lüchow-Dannenberg aufzeigte: Ohne die Abgaben der Zulieferindustrie für die Autobranche brächen die Haushalte der Kommunen zusammen. Und daß es diese Industrie hier gibt, ist die Folge der Zonenrandförderung – die es nicht mehr gibt.
Fremdenverkehr und Kultur brächten auf dieser Ebene nur dann wirklich etwas in die Kassen, wäre ganzjährig Kulturelle Landpartie – und wer würde das wollen? Ebenso zweifelsfrei aber ist: Kultur und Natur sind wichtige Standortfaktoren, um Menschen hier herzubekommen und hier zu halten.
Dem schönen Wunsch, daß es doch toll wäre, wenn jeder drei Schweine und eine Kuh im Stall hätte, hielt Annette Quis die Frage entgegen, wer denn, bitte, bereit wäre, auf Urlaub und Wochenenden zu verzichten, um Schweinefutter herzurichten und die Kuh zu melken. Und es sei auch einfach ganz angenehm, die Milch nicht mehr in Eimern zu schleppen, und wenn ein Landwirt sich eine Melkanlage nur dann leisten könne, wenn er 50 statt zehn Kühe habe, sei ebenso verständlich.
Martina Grud wies nachdrücklich darauf hin, daß Vermarktung und wirtschaftliche Entwicklung stark darunter litten, daß das Wend-land seine Stärken nicht deutlich genug nach außen tragen würde. Und was nicht bekannt sei, könne auch nicht wahrgenommen werden – egal, wie gut es sei.
Es soll hier nicht allen Beiträgen Rechnung getragen werden, aber an den Versuchen des Kreislandwirts Adolf Tebel, klarzumachen, warum bestimmte konventionelle Landwirte weiter auf hergebrachte Vorhaben setzten, zeigte sich unter anderem die Psychologie der verschiedenen (kulturellen?) Gruppen im Wendland. Dazu gehört auch die Kenntnis davon, daß das „Unberührte“ und „Altmodische“, das viele der in den letzten 30 Jahren ins Wendland übersiedelten Neubürger so schätzen, aus der Armut der Alteingesessenen entstanden ist – nicht aus deren Wollen ein „schönes Wendland“ zu haben.
Nun will der Neu-Wendländer nicht auf das verzichten, was ihn hergebracht hat, während der Alt-Wendländer seinerseits duchaus auf seine relative Armut verzichten könnte, selbst, wenn das Landschaft und Luft verbraucht. Sie hier zum Verzicht zu bewegen, kann nur Aussicht haben, wenn man konkrete Wege zeigen kann, wie auf andere Art ein gutes Einkommen zu erzielen ist. Moralische Appelle, zumal wenn sie von Nutznießern der bisherigen Strukturschwäche kommen, sind da nicht überzeugend.
Kurz: ohne besseres Verständnis füreinander, das nur entstehen kann, wenn miteinander und nicht gegeneinander geredet wird, führt hier kein gemeinsamer Weg in irgendeine Zukunft.
Die Frage „Womit kann Wertschöpfung im Wendland stattfinden“, fand nur ansatzweise Anmerkungen. Jürgen Schulz brachte die „Seniorenwirtschaft“ ein, und es gab unstrittige Vorstellungen: Alternative Energien, mehr Bildung, Bio-Landbau. Darüber hinaus waren gemeinsam anerkannte Probleme: Die Verkehrsanbindung, der Nahverkehr, intakte und verbesserte Infrastruktur (Kultur, Schulen, Sportstätten, Bäder...), DSL-Breitband-Anbindung und eine bessere Außendarstellung. Vieles davon liegt nicht in der Macht des Kreises, das meiste vom Rest in der Hand von Politik und Verwaltung.
Andererseits wurde in der Debatte wiederholt betont, daß es darauf ankomme, selber etwas zu tun, statt andere dazu aufzufordern. Und da kein Subventions-Tsunami zu erwarten ist, der sich über das Wendland ergösse, ebensowenig die neue Idee oder Vision, müssen wir also schauen, was wir selber tun können.
Hier kommt es hoffentlich zum „Erfolg“ des Forums. Die Anregungen, die anschließenden Gespräche und neu entstandenen Kontakte – mehr im Sinn einer Messe als eines Beschlußgremiums. Und auch das eventuell neue Anfassen alter Projekte, die bisher nicht vorankamen und nun vielleicht mit neuen Partnern und neuen Techniken eine neue Chance bekommen.
Drei der zentralen Themen werden wir in zero in der nächsten Zeit näher beleuchten und versuchen, Partner zu gewinnen, um die Ziele selbst zu verwirklichen und/oder die zuständigen Stellen mit Konzepten zu belagern: die Terminabstimmung kultureller Veranstaltungen, das Thema „Altern im Wendland“ und der (fast schon unser Hobby) öffentliche Personen-Nahverkehr – hiermit legen wir auf der Stelle los und stellen ein Nahverkehrskonzept vor.
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Foto: Wendland Sommer Sonne von Roswitha Ziegler