Sommers wie Winters treffen sich christlich geprägte Atomkraftgegner, bei Eis und Schnee oder in sengender Hitze, in Sichtweite des Turms 1 des Erkundungsbergwerkes zum "Gorlebener Gebet". So auch am Sonntag. Zum 25-jährigen Jubiläum nahm am Gebet Landesbischof Dr. Ralf Meister teil.
"Es braucht nur zwei Balken und zwei Schrauben, und
schon ist alles zur Hinrichtung bereit", mahnt Landesbischof Dr. Ralf
Meister, der aus Anlass des 25-jährigen Bestehens - und zum zweiten Mal
überhaupt - in Gorleben vor den Kreuzen im Forst spricht. Der höchste
Hirte der evangelischen Landeskirche will mit seiner Ansprache vor
zahlreichen Zuhörern am Sonntag auf die Bedrohung der Schöpfung durch
den Menschen hinweisen, zu der heute neben der Atomenergie weitere
Gefahren hinzugekommen seien: Der Verlust der Biodiversität, die Zunahme
der Schere zwischen Arm und Reich, die Kriege.
"Die Kreuze in Gorleben
sind ein Ort der Wachsamkeit geworden", lobt der Bischof. Zahlreiche
Zuhörer versammeln sich an diesem wolkenverhangenen Sonntag im
Kiefernwald von Gorleben, um das 1300. Gorlebener Gebet zu feiern. Ein
Generator brummt leise vor sich hin, um die Lautsprecher mit Strom zu
versorgen. Der Chor der evangelischen Studentengemeinde Oldenburg "Red
Rooster" singt Gospels und Spirituals, ein Dolmetscher übersetzt die
Ansprachen ins Englische. Augenscheinlich viele Gäste aus dem Ausland
nehmen an dem Gebet teil, Menschen aus Japan, den USA und Nigeria.
"Hier beten wir, damit dem Leben eine Zukunft geschenkt wird", fährt Meister fort, der Versäumnise der eigenen Kirche im Kampf gegen die Atomkraft einräumt, vom "Argwohn der Landeskirche gegen das Gorlebener Gebet" berichtet. So wurde im Jahr 1980 Pastor Gottfried Mahlke etwa eine Predigt am Bohrloch 1004 untersagt. Meister dankt am Ende den Anwesenden für ihre Beharrlichkeit, der auch der Kirche einen "Lernprozess" in Sachen Gorleben ermöglicht hätte. "Hier beten wir, damit dem Leben eine Zukunft geschenkt wird", schließt Meister.
Entstanden ist die Initiative „Gorlebener Gebet“ 1988 nach einem großen Protestmarsch von über 1100 Kilometern, vom bayrischen Wackersdorf bis nach Gorleben. 63 Tage lang hatten Demonstranten ein schweres Holzkreuz mit sich getragen, das sie am Schluss im Gorlebener Wald aufstellten.
Das Kreuz steht noch heute, musste aber zwischenzeitlich geschient werden, da Wind und Wetter ihm zugesetzt haben.
Fotos / Andreas Conradt, Karin Behr ... publixviewing.de