Handwerker werden gilt vielen SchulabgängerInnen nicht als attraktives Berufsziel. Diese Haltung bringt Handwerksbetriebe in Bedrängnis. Oft fehlt eine Nachfolge und geeignetes Fachpersonal ist auch schwer zu finden. Das Modellvorhaben "Landwerkstatt" will die Betriebe nun unterstützen.
Einen geeigneten Handwerker zu finden, ist schon lange nicht mehr einfach. Wochenlange Wartezeiten sind üblich. Manchmal muss der Auftraggeber gar auf Betriebe aus anderen Landkreisen zurückgreifen, weil zeitnah kein örtlicher Handwerker den Auftrag erledigen kann.
Ursache für diesen unbefriedigenden Zustand ist ein eklatanter Fachkräftemangel in der Region. Handwerksbetriebe finden kaum noch geeignete Mitarbeiter - was auch Konsequenzen für die Unternehmensnachfolge hat. Immer mehr alteingesessene Handwerksbetriebe schließen, weil sie schlichtweg keine Nachfolger finden.
Die Folgen sind überall spürbar: Ausgebildete Schuhmacher sind nur noch im weiten Umkreis zu finden, Fleisch- und Wurstwaren gibt es oft nur noch an der Theke im Supermarkt und auf Termine mit einem Elektriker, Klempner oder Schreiner muss man - bis auf einige Ausnahmen - lange warten.
Beratung und Fortbildung für Handwerker
Ab Januar 2018 gibt es im Alten Postamt an der Salzwedeler Straße in Lüchow ein weiteres Unterstützungsangebot: Mit dem Projekt „Landwerkstatt“ sollen Existenzgründungen und Unternehmensnachfolgen im handwerklichen und handwerksnahen Bereich gefördert werden.
Am Dienstag konnten Landrat Jürgen Schulz und Dr. Jürgen Glaser, Prokurist der Süderelbe AG als Wirtschaftsförderer der Region, den Zuwendungsbescheid des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft entgegennehmen. Zwei Jahre lang kann die Lüchow-Dannenberger Wirtschaftsförderung nun mit den bewilligten 200 000 Euro die "Landwerkstatt" aufbauen.
Initiiert hatten das Projekt der Landkreis Lüchow-Dannenberg in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung, der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade, dem Initiativkreis für Unternehmergespräche e.V. (IfU) und der Leuphana Universität in Lüneburg.
„Mit dem Bundesprogramm Ländliche Entwicklung (BULE) unterstützt das
Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)
strukturschwache ländliche Regionen unter anderem dabei, die Beschäftigung im ländlichen Raum zu
sichern. Daher freuen wir uns sehr über dieses Projekt“, stellte bei der Übergabe des Bewilligungsbescheides
Stefan Taxis heraus, der das „Bundesprogramm Ländliche Entwicklung“ im
BMEL betreut.
In Lüchow-Dannenberg soll die "Landwerkstatt" einerseits ExistenzgründerInnen im handwerklichen Bereich mit Beratungen und Fortbildungen unterstützen sowie andererseits bereits existierenden Handwerksbetrieben bei der Regelung der Unternehmensnachfolge helfen.
Landrat Schulz: "Handwerkliche Angebote geraten an ihre Grenzen"
Nach Aussagen von Dr. Jürgen Glaser, wird diese unternehmensnahe Unterstützungsstruktur mit der "Landwerkstatt" erstmalig in Deutschland angeboten. "Zielgruppen sind sowohl Gründer als auch Unternehmensnachfolger," so Dr. Glaser. "Diese wollen wir passgenau informieren und qualifizieren. Dabei orientieren wir uns an den Bedarfen der Region. Genau in den Bereichen, in denen ein Mangel an handwerklichen Angeboten herrscht, wollen wir die Schaffung neuer Handwerksunternehmern bzw. Angebote befördern.“
Herr Landrat Jürgen Schulz, Landkreis Lüchow-Dannenberg, ergänzt: „Wir freuen uns sehr über das vom Bund geförderte Projekt. Das Angebot an zentralen handwerklichen und handwerksnahen Dienstleistungen gerät in unserem Landkreis zunehmend an Grenzen. Besonders unsere Betriebe, aber auch Privathaushalte müssen häufig lange warten, bis ein Termin mit dem Handwerksbetrieb zustande kommt. Gleichzeitig stehen inhabergeführten Betriebe vor der altersbedingten Schließung, weil der Nachwuchs fehlt und die Nachfolge nicht geregelt ist. Dieser Entwicklung, mit ihren negativen Auswirkungen auf die Standort- und Lebensqualität sowie die unternehmerische Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit, wollen wir mit der „Landwerkstatt“ entgegensteuern.“
Handwerker mit Gründungserfahrung gesucht
Mit der Förderzusage geht die Süderelbe AG nun auf die Suche nach einem geeigneten Projektmanager für die Umsetzung des Vorhabens „Landwerkstatt“. „Der Projekterfolg wird maßgeblich davon abhängen, dass wir einen Projektmanager mit handwerks- und regionalspezifischen Fachkenntnissen gewinnen, der mit den entsprechenden Erfahrungen die Gründer bzw. Unternehmensnachfolger professionell begleiten wird. Dann werden die Angebote auch im Handwerk die entsprechende Akzeptanz finden“, sagt Herr Wille, einer der wesentlichen Impulsgebern des Vorhabens und Leiter des Gründungs-Service & Entrepreneurship Hubs der Leuphana Universität Lüneburg.
Kim Florian Wittig, Wirtschaftsförderung Lüchow-Dannenberg, weiß aus vielen Gesprächen von den Herausforderungen der Betriebe. Er erwartet von dem neuen Angebot positive Impulse für das Handwerk und den Landkreis.
Voraussichtlich ab Frühjahr 2018 können sich Start-ups aus dem
Handwerk bzw. Unternehmensnachfolger für das Programm bewerben.
Innerhalb eines halben Jahres werden professionelle Schulungen und
passgenaue Coaching-Maßnahmen umgesetzt. Die Kurse werden zunächst für
ca. 5-10 Teilnehmer in der Alten Post in Lüchow angeboten.
Foto | Landkreis Lüchow-Dannenberg (von links): Landrat Jürgen
Schulz, Stefan Taxis (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
(BMEL), Dr. Jürgen Glaser (Süderelbe AG), Kim-Florian Wittig(Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Lüchow-Dannenberg),
Renate Ortmanns-Möller (Leiterin Regionale Entwicklungsprozesse
Landkreis) sowie die Kooperationspartner Torsten Petersen (Vorsitzender
des Unternehmernetzwerkes Initiativkreis für Unternehmergespräche (IfU))
und Carsten Wille (Koordinator Gründungsservice der Leuphana Universität
Lüneburg) bei der Förderbescheidübergabe in Lüchow.