Thema: kunst

Walter C. Reimann: Gibt es eine Ordnung der Primzahlen?

Walter C. Reimann ist Künstler - und als solcher sehr an ästhetischen Ordnungsprinzipien interessiert. Seit einigen Jahren gehört seine Leidenschaft der Auseinandersetzung mit Primzahlen. Auf künstlerischem Wege versucht Reimann die Verteilungsprinzipien dieser Zahlengruppe zu ergründen.

Mit seiner Arbeit bewegt sich Reimann in einem Gebiet der Mathematik, welches seit Jahrtausenden als Menschheitsrätsel gilt. Bis heute ist es keinem Wissenschaftler gelungen, bis ins Detail die Verteilungsprinzipien der Primzahlen zu ergründen und nachzuweisen. 

Doch für wen sind Primzahlen interessant? Selbst der deutsche Mathematiker Günter M. Ziegler gestand in einem ZEIT-Interview im Jahre 2010 ein, dass diese Zahlengruppe "völlig nutzlos" ist. "Primzahlen sucht man aus demselben Grund, aus dem man auf Achttausender steigt: Sie sind nun mal da, und es macht Spaß," so Ziegler in dem ZEIT-Interview. "Man kann aber an dieser Jagd ablesen, wie die Entwicklung der Zahlentheorie vorangeht. Mit der Mathematik des 19. Jahrhunderts hätte man zum Beispiel eine Zahl mit mehr als 10 Millionen Stellen gar nicht darauf testen können, ob sie eine Primzahl ist. " Inzwischen ist das möglich, wobei allerdings noch im Jahre 2013 der amerikanische Mathematiker Dr. Curtis Cooper 3000 Dollar Preisgeld für seine Entdeckung der bisher größten bekannten Primzahl erhielt. Diese hat 17.425.170 Dezimalstellen.  

In demselben Interview weist Ziegler allerdings darauf hin, dass eben wegen der Unerklärlichkeit der Verteilungsprinzipien Primzahlen mit Vorliebe in der Verschlüsselungstechnik eingesetzt werden. Womit sie dann doch wieder eine enorme Bedeutung erlangen.

Auch Walter C. Reimann ist von der Begeisterung für Primzahlen erfüllt. Über seine Vorliebe für geometrische Strukturen kam der Künstler vor Jahren zu den Primzahlen. Vor Jahren tüftelte er zum Beispiel aus, wie sich ein Globus zu einer flachen Scheibe zusammenschieben lässt. "Bei der Beschäftigung mit Geometrie entdeckte ich dann die ersten Zusammenhänge von Primzahlen." 

VON ZWILLINGSZAHLEN UND KNOTENPUNKTEN

Reimann entdeckte in seiner ersten Primzahlenreihe zwischen 1 und 59, dass die 30 genau in der Mitte dieser 15-zähligen Gruppe liegt - der von ihm später so genannte "Knotenpunkt". Bei der Ermittlung der Zahlenabstände entdeckte er, dass von diesem "Knotenpunkt" ausgehend die Zahlenabstände sowohl nach unten wie nach oben symmetrisch sind. "Gleiches gilt für alle Knotenpunkte, die ich entdeckt habe," so Reimann. Immer fand er das gleiche Prinzip: nach bestimmten Prinzipien verteilte Knotenpunkte, davor und dahinter jeweils eine Primzahl mit dem Abstand 1 und dann nach unten wie oben symmetrisch verteilte Primzahlen, der Abstände sich je nach Größe des Knotenpunktes bis ins Unendliche vergrößern, wobei er immer die "Zwillingszahlen" fand, die zum jeweiligen Knotenpunkt nur einen Abstand von 1 haben.

Doch Reimann ist kein Mathematiker, sondern Künstler. Als solcher begann er, die Symmetrien bildnerisch darzustellen. Zu sehen sind geschwungene Kurven, Kreise oder ineinander verschlungene Rechtecke, die je nach der zugrunde liegenden Primzahlfamilie unterschiedlich groß sind. Inzwischen entwickelte Reimann Dutzende Bilder, die eindrücklich die symmetrische Verteilung der Primzahlen dokumentieren. Bilder, die den klaren Beweis liefern, dass mathematische Zusammenhänge ästhetische Wirkung entfalten (können).

Obwohl kein Mathematiker, wünscht sich der Barnitzer Künstler doch nichts sehnlicher, als einmal mit einem großen Rechenzentrum zusammen arbeiten zu können, um dann vielleicht sogar wissenschaftlich haltbar nachweisen zu können, dass seine Theorie der Primzahlenverteilung mathematisch begründet ist und nicht rein ästhetisch. Gelingt dies, dann müssten wohl die Verschlüsselungsexperten der Welt sich neue Techniken der Codierung ausdenken. 

Übrigens: einer der einflussreichsten Mathematiker Deutschlands, Bernhard Riemann, wurde 1826 in Breselenz bei Dannenberg geboren. Auch er beschäftigte sich bereits mit der Verteilung der Primzahlen und entwickelte die "Funktionentheorie" .

Biographische Notizen

Walter Christian Reimann wurde 1948 in Berlin geboren, studierte Malerei in Berlin, New York und Queens und war eine Zeitlang Assistent des Fotorealisten Ben Schonzeit. Er beschäftigte sich lange Zeit mit Architekturmodellen und geometrischen Aufgabenstellungen. Reimann lebt seit rund zwei Jahren in Barnitz bei Damnatz. 

Bei den "Wendischen Dialogen" am 20./21. September in Trebel hält der Künstler den Einführungsvortrag zum Thema "Symmetriemuster der Primzahlen." 

Foto / Walter C. Reimann:

 




Fotos

2014-09-08 ; von Angelika Blank (autor),
in Barnitz, 29472 Damnatz

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