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Unaufdringlich eindringlich!

Renée Schüttler über Die Herbstzeitlosen

Heldin der einfühlsamen und warmherzig erzählten Geschichte ist die 80jährige Martha, die den Tod des geliebten Ehemannes verkraften muß und in ihrem Tante-Emma-Laden freud-los dahindümpelt. Glücklicherweise stehen ihr drei Freundinnen – Hanni, Frieda und Lissi – zur Seite, die nun gemeinsam mit ihr gegen die kriechende Resignation ankämpfen.

Lissi animiert die gelernte Schneiderin Martha, ihren Jugendtraum von einer eigenen Dessous-Boutique zu verwirklichen. Das jedoch geht in dem beschaulichen schweizerischen Dörfchen nicht ohne Widerstand. Walter – Marthas Sohn und Pfarrer der kleinen Gemeinde – möchte den Laden deutlich lieber für seine Bibelgruppe genutzt wissen. Der Sohn von Hanni ist Dorfvorstand und selbsternannter Sittenwächter. Da ihm die Eltern lästig sind, möchte er sie besser heute als morgen ins Altersheim stecken. Mit dem Widerstand der Eltern, speziell dem der Mutter, hatte er dabei nicht gerechnet.

Frieda lebt bereits im Altersheim. Von einem Mitbewohner wird ihr der Hof gemacht, was ihr nicht nur schmeichelt und sie spürbar belebt, sondern neue Perspektiven mit sich bringt. Lissi schließlich, so etwas wie der Paradiesvogel des Dorfs und somit ein Dorn im Auge manches Nachbarns, bezieht ihre ansteckende Lebensenergie aus einem Amerika-Aufenthalt von vor langer Zeit. Und ihre Tochter Shirley leistet ihren ganz eigenen Beitrag zum „Verfall der Sitten“ und der Moral in diesem Dorf...

Diese kleine schweizerische Produktion aus dem Jahr 2006 ist ein unterhaltsamer und charmanter Film zum Thema Alter und Courage, der auch einen kritischen Blick auf die verkrusteten Strukturen (das Wendland grüßt) einer ländlichen (Schein-)Idylle wirft. Die Frage, ob man jung an Jahren sein muß, um Lebensfreude und -lust zu empfinden, wird hier ebenso eindrucksvoll beantwortet, wie der Irrtum beseitigt, daß jüngere Menschen Veränderungen in ihrem Leben unbedingt empfänglicher und mutiger gegenüberstehen als ältere.

Die Darsteller spielen mit angenehmer Unaufdringlichkeit, jedoch eindringlich genug, um dem Film seine kritischen Spitzen zu erhalten. Und daß die Darstellerin der Martha (Stephanie Glaser) ihr Berufsleben darauf warten mußte, eine Hauptrolle in einem Spielfilm zu bekommen, mag man ebensowenig glauben wie ihr Alter von 86 Jahren zum Zeitpunkt der Dreharbeiten.

 




2008-02-01 ; von Renée Schüttler (autor),

zero139  

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