Thema: verkehr

Abgehängt: Bahnstrecke Dannenberg - Uelzen

Am kommenden Sonntag startet in Wien das wohl verrückteste Draisinenrennen der Welt. Auf der Liliputbahn im Prater der österreichischen Hauptstadt treten 14 Teams mit selbst gebauten Draisinen gegeneinander an.

Darunter auch ein Team des Fördervereins Ostheide-Elbe-Bahn e.V., dessen Mitglieder sich sonst für den Erhalt der Bahnstrecke Uelzen-Dannenberg einsetzen. Der Draisinenspaß in Wien, mit dem der Verein sein Anliegen auch überregional bekannt machen will, hat einen ersten Hintergrund: Obwohl sich der Förderverein seit Jahren für die Rettung und Entwicklung der Bahnstrecke von Uelzen nach Dannenberg einsetzt, droht nun das endgültige Aus, denn beim zuständigen Eisenbahnbundesamt in Bonn ist ein „Antrag auf Freistellung von Bahnbetriebszwecken“ für ein Teilstück der Strecke eingegangen, wie vor kurzem dem elektronischen „Bundesanzeiger“ zu entnehmen war.

Wer den Antrag gestellt hatte, wollte das Eisenbahn-Bundesamt in Bonn auf Nachfrage nicht mitteilen. „Sollte das Eisenbahnbundesamt (EBA) diesem Antrag mit diesem sperrigen Titel - bekannter unter der alten Bezeichnung „Entwidmung“ statt geben, könnten die Gleise abgerissen und das Bahngelände anderen Zwecken zugeführt werden“, befürchtet der kommissarische Vorsitzendes des Fördervereins Rolf Schulze. Dadurch laufen die Gemeinden im westlichen Kreisgebiet von Lüchow-Dannenberg Gefahr, endgültig vom Schienenverkehr abgehängt zu werden - „und das in Zeiten stetig steigender Spritpreise und überlasteter Straßen“, gibt Schulze zu bedenken.

Auch die Chance auf eine Belebung des Tourismus durch gut besuchte Bahnhofsfeste – wie vergangenes Jahr in Zernien – oder die beliebten Fahrraddraisinen-Fahrten wäre dann nicht mehr gegeben. Geht es um die Interessen einzelner Unternehmer? Gleichzeitig drängen Güter wie Holz, Stahl und Getreide überall in Deutschland massiv auf die Bahn zurück, da sie in vielen Beziehungen einfach billiger ist als der Lkw.

Rolf Schulze: „Von dieser Entwicklung profitiert nicht nur die Umwelt, sondern auch die Wirtschaft, gerade in strukturschwachen Gegenden.“ Doch die Gemeinden Karwitz und Zernien und die dortigen Unternehmen werden daran nicht teilhaben können, wenn dem Antrag auf Entwidmung stattgegeben wird. „Bei diesem Antrag geht es um die Interessen einzelner Gemeinden im Kreis Uelzen, deren Vertreter lieber kurzsichtige Eigeninteressen verfolgen - beispielsweise, indem in Stoetze Teile der Strecke als Gewerbefläche an ein dem dortigen Bürgermeister persönlich sehr nahe stehendes Unternehmen vermarktet werden soll“, wie Schulze weiß.

Vor allem aus den Gemeinden Oetzen und Stoetze kommen seit Jahren wiederholt Bestrebungen, die Bahnstrecke zu entwidmen und damit endgültig als Verkehrsweg abzuschaffen - „ohne jede Rücksicht auf die wirtschaftlichen und standortpolitischen Interessen der Nachbargemeinden Karwitz und Zernien“, wie der Vorsitzende des Fördervereins konstatiert. Druck kommt aber offenbar auch aus dem Landesverkehrsministerium, das die Unterhaltskosten für eine Landesstraßenbrücke einsparen will.

Im vergangenen Jahr war sogar schon die Sprengung dieser Brücke geplant gewesen. Eine Resolution soll es verhindern Die Bürgermeister der Gemeinden Zernien (Heinz Schulz, SPD) und Karwitz (Horst Harms, CDU) wollen die Strecke aber unbedingt erhalten und setzen weiterhin auf die Bahn als Zukunftsoption - genau wie viele Bürger und Unternehmen der Kreise Uelzen und Lüchow-Dannenberg.

In der nächsten Woche soll zunächst durch die Anliegergemeinden sowie durch mehrere Unternehmen, die bereits Interesse an einem Schienen-Güterverkehr bekundet haben, eine Resolution an das Eisenbahnbundesamt (EBA) verabschiedet werden, um zu zeigen, dass die Region voll hinter der Bahn steht und eine Entwidmung nicht hinnehmen wird. Zusammen mit dem Förderverein Ostheide-Elbe-Bahn und der Deutschen Regionaleisenbahn GmbH (DRE), die ein Interesse an der Übernahme der Strecke beim EBA angemeldet hat, sollen dann alle weiteren Schritte überlegt werden, um die Bahn vor dem drohenden endgültigen Aus zu retten.

Wie eingangs erwähnt, startet am nächsten Sonntag ein Team des Vereins beim Draisinenrennen auf der Liliputbahn im Wiener Prater: „Eine kleine Ablenkung, denn nach wie vor ist die Ostheide-Elbe-Bahn, die Bahnstrecke Uelzen-Dannenberg, von der Entwidmung und dem Abbau bedroht. Und das, obwohl mit der Deutschen Regionaleisenbahn (DRE) ein Infrastrukturbetreiber Interesse an dieser Bahnstrecke angemeldet hat“, wie Rolf Schulze berichtet.

Alle Gemeinden an der Strecke im Landkreis Lüchow-Dannenberg und die Stadt Uelzen haben sich für den Erhalt der Bahntrasse und die Wiederaufnahme des Schienenverkehrs ausgesprochen, und zahlreiche Güterverkehrskunden haben ihr Interesse bekundet. Rolf Schulze: „Jetzt gilt es, das Eisenbahnbundesamt in Bonn von der Bedeutung der Bahnstrecke für die Region zu überzeugen.“

Leider, so analysiert Rolf Schulze, konzentriere sich die Deutsche Bahn AG auf den prestige- und umsatzträchtigen Schnellverkehr: „Moderne Hochgeschwindigkeitszüge wie der ICE fahren heute mit 350 Stundenkilometern durch die Landschaft, von der man als Fahrgast in Tunnels, über Brücken und zwischen Schallschutzwänden allerdings kaum noch etwas mitbekommt.“

Jan Christopher Witt, Projektleiter bei der Deutschen Regionaleisenbahn DRE für das Netz Altmark-Wendland, betont: „Wenn einzelne Flächen entwidmet werden, wie jetzt beantragt wurde, zerstört das natürlich die gesamte Strecke. Die Strecke Uelzen-Dannenberg ist für uns aber nicht zuletzt als Zulaufstrecke für den Güterverkehr nach Lüchow wichtig, da wir zur Zeit nicht über die Wendlandbahn kommen. Von der Zugsicherung und der Infrastruktur ist dort im Moment kein zusätzlicher Verkehr möglich. Wir wollen Güterverkehr aber langfristig durchsetzen. Ebenso wollen wir auch den Personenverkehr perspektivisch zwischen Lüchow und Dannenberg wieder aufnehmen.

Die Planungen dazu beginnen bereits jetzt, auch wenn wir als Infrastrukturunternehmen den Betrieb nicht selber durchführen werden. Das würde durch ein durch den Landkreis zu bestimmendes Eisenbahnverkehrsunternehmen erfolgen. Personenverkehr kann man sich auch zwischen Dannenberg und Uelzen vorstellen: die Strecke ist gerade für den Schülerverkehr sehr attraktiv!“

Foto: Rolf Schulze / Am kommenden Sonntag startet in Wien das wohl verrückteste Draisinenrennen der Welt. Im Prater der österreichischen Hauptstadt treten 14 Teams mit selbst gebauten Draisinen gegeneinander an. Darunter ist auch ein Team des Fördervereins Ostheide-Elbe-Bahn e.V., (hier von links: Heide und Andreas Joswig sowie Rolf Schulze)




2011-03-04 ; von Björn Vogt (autor),

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