Jürgen Thiele und die Redaktion der umstrittenen Abizeitung haben am Montag im Dannenberger Amtsgericht einen Vergleich geschlossen. Er besagt im Wesentlichen, dass die Schrift nur verbreitet werden darf, wenn auf der Seite, die den Schulleiter empört hatte, ein Aufkleber mit dem Vermerk „Dies ist eine Satire“ prangt.
Der Vergleich wird wirksam, wenn er nicht bis Donnerstag 16 Uhr widerrufen wird. Diese Frist erbat sich Thieles Rechtsanwältin Barbara Schneeberg, weil sie bis dahin klären will, ob die Rechtsschutzversicherung des FRG-Direktors mit der vor Richter Walter Graf Grote geschlossenen Vereinbarung einverstanden ist. In dieser ist auch der Hinweis enthalten, dass beide Seiten eine Presseerklärung zur Sache herausgeben wollen.
Es gebe ohnehin keine Exemplare mehr ohne Aufkleber, sagte eine Redakteurin der Abizeitung während der eineinhalbstündigen Verhandlung. In deren Verlauf wurde klar, dass die Schülerinnen und Schüler, als sich Ärger um den Text anbahnte, bereits aktiv geworden waren: Einer von ihnen hatte in Buchhandlungen aus dort ausliegenden Abizeitungen den Schulleitungs-Briefkopf herausgeschnitten, mit dem die Abiturienten ihr satirisch gemeintes Werk geziert hatten. Der selbe Schüler hatte dann in einer Druckerei die Aufkleber mit dem Satire-Hinweis herstellen lassen, die über die weiteren Zeitungsexemplare gepappt wurden.
Hätte der Schuldirektor frühzeitig von dieser Aktion erfahren, wäre die Sache vermutlich gar nicht vor Gericht gekommen, deutete Richter Graf Grote an. Die Regelung mit dem Aufkleber, so Jürgen Thiele nun im Gericht, sei für ihn „gerade noch akzeptabel“.
"Nur ein Außerirdischer kann so etwas für Ernst halten ..."
Rechtsanwalt Markus Maul, er vertrat die Schülerinnen und Schüler, hatte zuvor vor allem den satirischen Charakter der umstrittenen Seite betont. Er zitierte daraus unter anderem die „gymnasiale Regelung“, Schüler sollten „ihre Gedanken und ihr Wissen nach Extremen durchsuchen und eben diese in extra dafür aufgestellte Behältnisse werfen“. Die Schule garantiere eine marktgerechte Entsorgung. Nur ein Außerirdischer, der nach seiner Landung auf der Erde so etwas lese, könnte das vielleicht für Ernst halten, gab Anwalt Maul zu bedenken. Jeder Mensch erkenne sogleich dass dies Satire sei.
Jürgen Thiele erkannte im Gesamttext, der für die Aufregung gesorgt hatte, einen Duktus der Nationalsozialisten, wohl anlehnend an die bekannte Sportpalast-Rede des Nazi-Propagandaministers Josef Goebbels. Auch diese hatte, wie der Abizeitungs-Schmäh, zehn Punkte. Da über dem Text im (nun überklebten) Briefkopf der Name des Schulleiters stehe, werde er in die Nähe der Faschisten gerückt, so Thiele sinngemäß. Das habe er nicht hinnehmen können.
Wird der Vergleich wirksam, tragen Thiele und die Schüler je zur Hälfte die Gerichtskosten und ihre eigenen außergerichtlichen Kosten. Klartext: Die Schüler zahlen ihren Anwalt, Jürgen Thiele seine Anwältin. Richter Graf Grote entließ die Versammelten mit der Anmerkung, in solchen Streitfällen sei es immer ratsam, sich rechtzeitig zusammen zu setzen und miteinander zu reden.
Foto: Hagen Jung ... Einige der betroffenen SchülerInnen mit ihrem Anwalt, Markus Maul, vor dem Dannenberger Amtsgericht