Während in der aktuellen ZEIT der Nutzen von Biogasanlagen zum Klimaschutz angezweifelt wird, machen sich Naturschützer hierzulande Sorgen, dass auf den landwirtschaftlichen Flächen eine Maismonokultur droht. Wie sehen die Zahlen wirklich aus?
Für den NABU in Niedersachsen sollte der Ausbau von Biogasanlagen schon lange sein Ende haben. "Für uns ist ein Maß erreicht, das nicht mehr hinnehmbar ist", so Alfed Fahldiek, Sprecher des neu gegründeten NABU-Landesfachausschusses Landwirtschaft in einer aktuellen Pressemitteilung. "Die Natur wird mit einer derartigen Intensität ausgebeutet, die gegenüber nachfolgendne Generationen nicht mehr zu verantworten ist. Von daher besteht absoluter Handlungszwang, etwas zu ändern."
So hat der NABU ein 7-Punkte-Papier zur Grundlage seiner Arbeit gemacht. Demnach müsse Bioenergie mit Augenmaß betrieben werden und der Anbau von Biomasse nach denKriterien einer naturverträglichen Landwirtschaft mit ökologischen Mindeststandards erfolgen.
Die derzeitige Entwicklung in der Landwirtschaft in Bezug auf Massentierhaltung sei weder ethisch noch ökologisch vertretbar, so der Ausschuss. Die Folgenutzung als Monokulturen bedrohe die Artenvielfalt. Daher fordert der NABU den Stopp des Artenausverkaufs.
AbL warnt vor Abhängigkeit von Biogas-Konzernen
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) kritisiert die Bundesregierung wegen der ausgeweiteten Förderung von Mega-Biogasanlagen im novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), die zu Lasten einer nachhaltigen, dezentralen und regionalverträglichen Energie-Erzeugung in bäuerlicher Hand gehen werde. Die berechtigten Proteste der Bürger gegen solche Mega-Anlagen würden damit auch weiterhin die Akzeptanz der erneuerbaren Energien gefährden. Die Bundesregierung sei hier abermals vor der Lobby großer Energiekonzerne eingeknickt. Die AbL warnte alle Landwirte davor, sich als billige Mais-Lieferanten oder gar als Strohmänner bei Bauanträgen von großen Biogas-Konzernen ausnutzen zu lassen.
AbL-Sprecher Eckehard Niemann verwies in diesem Zusammenhang auf einen Bericht der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung über Aktivitäten der börsennotierten Deutschen Biogas AG im Rahmen eines sogenannten „Partnerschaftsmodells“, bei dem Landwirte wegen erheblich verpäteter oder sogar ausbleibender Zahlungen für Mais, Lohn oder Pacht nunmehr in ihrer Existenz bedroht seien. Nach Berichten anderer Landwirte habe sich Biogas-AG-Chef Horst Lammers trotz dünner Kapitaldecke „nach dieser Methode“ weitere Standorte für seine Biogasanlagen besorgt. Die AbL begrüßte es, dass einige Landwirte, die sich durch die Deutsche Biogas AG geschädigt sehen, bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg Strafanzeige gegen Lammers erstattet hätten.
Für ZEIT-Autor Hans Schuh zerstören die meisten Biogasanlagen "die Artenvielfalt, belasten die Umwelt und schaden teilweise sogar dem Klima." Das meint er in seinem Artikel "Biostrom, nein danke!" in der aktuellen ZEIT sogar belegen zu können.
Was sind die Fakten?
Dazu ein Auszug aus dem wnet-Artikel "Droht Lüchow-Dannenberg Maismonokultur?" vom 21.09.2010:
... Nach Auskunft der Kreisverwaltung befinden sich derzeit drei Anlagen im Bau, zwei weitere sind im Genehmigungsverfahren so weit fortgeschritten, dass ein Baubeginn, vielleicht sogar Inbetriebnahme, noch in 2010 erfolgen kann.
Diese drei im Bau befindlichen Anlagen werden eine installierte elektrische Leistung von 1001 kW haben. Hierfür werden 26550 t/a Inputstoffe benötigt in unterschiedlichen Zusammensetzungen. Die 2 eventuell zusätzlichen Anlagen sollen 926 kW elektrische Leistung haben und dafür weitere 22525 t/a Inputstoffe benötigen.
Das entspricht einer Maismenge, für die eine Anbaufläche von 622 ha benötigt wird. Dazu kommen nach Auskunft der Kreisverwaltung zwei Erweiterungsanträge, von denen einer bereits genehmigt und einer sich noch im Verfahren befindet. Mit diesen beiden Maßnahmen soll die installierte elektrische Leistung von 506 kw auf 1077 kw elektrischer Leistung angehoben werden
Für den Gesamtbetrieb der dann erweiterten Anlagen wird Mais von einer Anbaufläche von 297 ha benötigt.
- Also insgesamt rund 700 ha Anbaufläche, die im nächsten Jahr zu den 9 086 ha, die in diesem Jahr mit Silomais belegt waren, hinzukommen.
wnet bat die Landwirtschaftskammer, einmal darzustellen, wie sich der Silomaisanbau in Lüchow-Dannenberg in den letzten Jahren entwickelt hat. Ergebnis: im Jahre 2006 waren 4543 ha Ackerfläche mit Silomais belegt - im Jahre 2010 hat sich die Anbaufläche für Mais mit 9086 ha also nahezu verdoppelt.
Doch dem gegenüber stehen immer noch 23.725 ha Getreide und 3.936 ha Winterraps. "In Lüchow-Dannenberg haben wir im Gegensatz zu anderen Regionen, wo das Thema zumindest 'nicht ganz gegenstandslos' ist, mit dem Maisanbau noch kein Problem", so Andreas Scholvin, Berater bei der Landwirtschaftskammer in Uelzen. "Auch wenn wir den Landwirten keine Vorschriften machen können, was sie auf ihren Feldern anbauen, so halten sich doch die meisten an das Prinzip der Drei-Frucht-Folge, denn nur dieses garantiert, dass die Böden auf Dauer nicht ausgelaugt werden." Über ein Flächenmanagement wird in der Landwirtschaftskammer derzeit nicht nachgedacht aber der LWK ist durchaus bewusst, dass die Probleme schon im Nachbarkreis (in Darchau soll demnächst eine 2,6-Megawatt-Anlage entstehen) beginnen.
In Lüchow-Dannenberg ist der zu erwartende Zuwachs von 700 ha im Jahre 2011 vergleichsweise gering zu dem Plus im Jahre 2010, in dem 2875 ha Maisanbaufläche mehr verzeichnet wurden.
Experten haben inzwischen festgestellt, dass es nicht die kleinen dezentralen Biogasanlagen sind, die massive Konsequenzen für den Maisanbau in der Region haben. Vielmehr sind es die Mega-Anlagen der Energiekonzerne, die Energiepflanzen aus einem Umkreis von 50 - 70 km benötigen. Auch in der Region beginnen die Standort-Sucher aktiv zu werden. So hatte der Vertriebsleiter eines in der Region ansässigen Kraftwerks-Herstellers Kontakt zu Konzernvertretern die derzeit mit einem Investitions-Portefeuille von rd. 60 Mio. Euro in der Altmark aber auch am Rande von Lüchow-Dannenberg auf die Suche nach Standorten gehen.
... der ganze Artikel findet sich hier.
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