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Ämter und Behörden spähten fast 60 000 Konten aus

Dass das Bankgeheimnis den Vorstellungen deutscher Regierungsvertreter missfällt, wurde in den vergangenen Monaten eindrucksvoll unter Beweis gestellt. In mehreren Tausend Fällen haben Behörden und Ämter das Bankgeheimnis in Deutschland  ausgehebelt.

Hierzulande ist es nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, sondern seit 1619 als vorkonstitutionelles Gewohnheitsrecht anerkannt. Davon nahmen Polizei, Finanzämter und Sozialverwaltungen in den ersten sechs Monaten 2009 jedoch Abstand, als sie knapp 57.000 private Bankkonten genauer unter die Lupe nahmen.

Wie die Bundesregierung auf Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion bestätigt, wurden von Januar bis Juni dieses Jahres 56.975 Konten ausgespäht. Ob die betroffenen Kontoinhaber jedoch auch darüber informiert wurden, habe die Regierung nicht beantworten können, berichtet die Rheinische Post. "Dabei muss der Kontoinhaber laut Gesetz schon vorab über die Möglichkeit einer Konteneinsicht informiert werden", stellt ein Jurist fest. Nach Paragraph 93 der Abgabenordnung ist der Betroffene darüber hinaus "nach Durchführung eines Kontenabrufs vom Ersuchenden über die Durchführung zu benachrichtigen" - Ausnahmen vorbehalten.

Seit 2003 haben die Behörden bei Verdacht auf Steuerhinterziehung oder auf Finanzierung von Terrorismus das Recht, mithilfe der deutschen Finanzaufsicht BaFin Kontodaten wie Name, Geburtsdatum oder Anzahl von Konten und Depots abzufragen. In den 57.000 Fällen sollen etwa Vermögensprüfungen von Hartz-IV- oder Bafög-Empfängern Anlass für die Untersuchungen gegeben haben. Selbst Arbeitsagenturen können auf Kontoinformationen zugreifen, "wenn ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht". Außerdem seien die Kontoabfragen "bei Verdächtigen zur Abwehr von Straftaten" erfolgt. Allerdings, so argumentiert die Opposition, sei eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit nicht möglich, wenn der Betroffene nicht über die Abfrage informiert wird. Damit beweise die Bundesregierung eine "erschreckende Gleichgültigkeit gegenüber rechtsstaatlichen Grundsätzen".

Wie gehen nun aber regionale Kreditinstitute mit diesen Anfragen um? "Im gesamten Bereich unseres Instituts bekommen wir ca. zwei Anfragen pro Woche. Diese kommen überwiegend von der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit laufenden Ermittlungsverfahren, hier sind wir per Gesetz zur Auskunft verpflichtet", so Vorstandsmitglied Werner Steinhilber von der Sparkasse Uelzen-Lüchow-Dannenberg. "Anfragen von Behörden wie etwa der Agentur für Arbeit bekommen wir nur ganz selten. Und wenn, dann liefern die Behörden von sich aus die Genehmigungen der Konteninhaber meistens mit. Sollten unsere Mitarbeiter Zweifel an der Rechtmässigkeit der Anfrage haben, so sind sie angewiesen, die Rechtsgrundlage mit der anfragenden Behörde zu klären." Darüber hinaus würden die Behörden nur die Stammdaten der Kunden, wie Kontenanzahl und -nummer erhalten, keine Umsätze.

Für die Volksbank Osterburg-Lüchow-Dannenberg verweist Vorstandsmitglied Volker Mahnke auf die gesetzlichen Grundlagen. "Wenn Behörden bei uns anfragen, so tun sie das aufgrund gesetzlicher Grundlagen. Aber meines Wissens hat es z.B. von der Agentur für Arbeit in letzter Zeit keine Anfragen gegeben", so Mahnkes Antwort auf unsere Fragen.

Quelle: pte

 

 

 




2009-07-21 ; von asb (autor),

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