Auf Druck der EU-Kommission hat jetzt auch Deutschland im Internet eine Datenbank eingerichtet, in der nach Empfängern von Agrarsubventionen gesucht werden kann. Nach diesen Daten flossen 2008 über 7 Mio. Euro Subventionen allein an über 400 Landwirte aus den fünf Großgemeinden des Landkreises. Die wahren Groß“verdiener“ in der Region lassen sich allerdings nur mühselig ermitteln.
Im Rahmen der sogenannten Transparenzinitiative will die EU mit der Veröffentlichung von Informationen über die Empfänger von EU-Zahlungen einerseits politische Entscheidungsprozesse transparenter zu gestalten und damit die Verwendung finanzieller Mittel für jeden Bürger nachvollziehbar machen. Nicht zuletzt kommt die EU mit der jetzt angefangenen Maßnahme Anforderungen des Haushaltskontrollausschusses des Europäischen Parlaments nach.
Doch wer sich auf den Internetseiten des Bundesministeriums für Landwirtschaft einen schnellen Überblick über die Zahlungen in Niedersachsen verschaffen möchte, wird scheitern. Daten sind nur per Eingabe verschiedener Einzelkriterien wie Name, Ort oder PLZ abrufbar. Eine Ländersuche ist nicht vorgesehen, ebenso wenig eine Suche nach Postleitzahlen. So muss sich mühselig von Ort zu Ort graben, wer Genaueres wissen möchte. Ausserem müssen Name bzw. Bezeichnung der Firma exakt so geschrieben sein wie es im Antrag stand.
Ein weiteres Manko: Firmen bzw. Landwirte sind mit ihrer Firmenanschrift in der Datenbank hinterlegt. Beispiel AVEBE: Für Lüchow findet sich in der Datenbank kein Eintrag für die AVEBE Kartoffelstärkefabrik Prignitz/Wendland. Dementsprechend tauchen die 4, 2 Mio. Euro, die die AVEBE im Jahre 2008 an EU-Subventionen kassiert hat, nicht in Niedersachsen, sondern für das brandenburgische Dallmin auf, denn unter dieser Adresse hatte der niederländische Konzern die Förderung beantragt. Ganz abgesehen davon, dass mit dem Stichwort AVEBE alleine nichts zu finden ist. Nur über den Umweg der Subventionshöhe >4000000 taucht plötzlich die AVEBE als Groß-Kassierer in der Liste auf.
Ebenso wenig wird fündig, wer Niedersachsens Landvolk-Präsident Werner Hilse in der Datenbank sucht. Nur wer Namen und genaue Schreibweise seines Betriebes kennt (und diesen in der richtigen Spalte einträgt), kann erfahren, dass dieser im Jahre 2008 insgesamt 116.103,52 Euro Subventionen aus EU-Mitteln bekam. Transparenz sieht anders aus. (PS: Mit etwas über 100 000 Euro liegt Hilses Betrieb allerdings nur wenig über den EU-Fördersummen umliegender Kollegen.)
So lässt sich für Lüchow-Dannenberg nur ein annähernd ein Bild erstellen. In den fünf Großgemeinden der Region erhielten im Jahre 2008 insgesamt 299 Landwirte 7 374 222,26 Euro EU-Subventionen. Das entspricht umgerechnet einer Summe von durchschnittlich knapp 25 000 Euro/Betrieb. Dabei sind allerdings auch viele Betriebe, die lediglich Fördergelder von wenigen hundert Euro erhielten, neben anderen, die mit über 150 000 Euro dabei waren. Wohlgemerkt: Diese Zahlen erfassen nur diejenigen Landwirte, die ihren Sitz in einer der ehemaligen fünf Samtgemeinden hatten. Die Agrarsubventionen der Betriebe "auf dem platten Land" sind hier nicht enthalten.
Etwas höher liegt der Schnitt bei den Betrieben rund um die Stadt Uelzen. Selbst wenn die 554000 Euro herausgerechnet werden, die die Uelzena im Jahre 2008 an Subventionen erhalten hat, entfallen auf einen Betrieb durchschnittlich 30 000 Euro an EU-Geldern. Glaubt man der Datenbank, so hat die Nordzucker keinerlei Subventionen erhalten. Da die Südzucker über 34 Mio. Euro erhalten hat, stimmt dieses Ergebnis etwas skeptisch gegenüber der Vollständigkeit der Datenbestände.
Trotz der Mängel in der Suchmaske ist Greenpeace mit der Veröffentlichung der Subventionsempfänger zunächst zufrieden: „Mit der Offenlegung hat Brüssel den europäischen Bürgern einen wirklichen Dienst erwiesen,“ sagt Martin Hofstetter, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace. Nun kann jeder nachlesen, wie Steuergeld verschwendet wird. Selbst im Dax gelistete Konzerne wie RWE und Lufthansa sahnen Agrarsubventionen ab. "RWE erhält Direktzahlungen, weil der Konzern für seinen Braunkohletagebau riesige Agrarflächen aufkauft, verwüstet und dann renaturiert. Die Lufthansa kassiert Exportsubventionen für Zucker und Kaffeesahne, die sie den Fluggästen anbietet. Dieser Unfug muss gestoppt werden," so Hofstetter.
Deutschland ist das letzte von 27 EU-Ländern, das seine Agrarzahlungen offenlegt. Allein hierzulande werden jedes Jahr 5,4 Milliarden Euro Agrarsubventionen ausgezahlt. Im Vergleich zu den Veröffentlichungen unserer Nachbarländer fehlen auf der deutschen Internetseite jedoch wichtige Details. In vielen Fällen ist nicht erkennbar, für welche konkreten Maßnahmen gezahlt wurde. Greenpeace fordert das Landwirtschaftsministerium deshalb auf, sofort mehr Informationen herauszugeben. Noch in diesem Jahr beginnt in Brüssel die Diskussion darüber, wer ab 2013 Agrarsubventionen erhalten soll. Hofstetter: „Die Hilfen dürfen zukünftig nur noch in umwelt- und klimafreundliche Landwirtschaftsbetriebe fließen, die gesunde Nahrungsmittel für den einheimischen Markt produzieren. Exportsubventionen auf Lebensmittel sollten abgeschafft werden. Sie zerstören die Märkte in Entwicklungsländern.“
Foto: Ulrich Baatz/Greenpeace