Agri-Photovoltaik – Wirtschaften unter Sonnenkollektoren

Photovoltaik und landwirtschaftliche Nutzung müssen sich nicht ausschließen. Inzwischen gibt es Solarmodule, die so hoch stehen, dass unter ihnen gewirtschaftet werden kann. Das Unternehmen Steinicke in Seerau lässt gerade eine derartig Anlage bauen.
Photovoltaikanlagen auf landwirtschaftlichen Flächen zu bauen, ist kein neues Thema. Doch vielen Landwirten erscheint die Einrichtung einer PV-Anlage geradezu kontraproduktiv. „Die Flächen sind für die landwirtschaftliche Nutzung verloren,“ so Adolf Tebel, stellvertretender Vorsitzender des Bauernverbands Nordost-Niedersachsen. „Außerdem müssen die Landwirte hohe Pachtpreise befürchten, wenn Investoren in der Region aktiv werden. Ganz abgesehen davon, dass noch mehr Anbauflächen verlorengehen.“
Seit Neuestem gibt es jedoch die Möglichkeit, Strom auf dem Acker zu erzeugen und darunter trotzdem Feldfrüchte anbauen zu können. „Agri-Photovoltaik“ ist das Zauberwort. Die Sonnenkollektoren werden hochstehend gebaut, so dass Mäh- und Erntefahrzeuge unter ihnen fahren können. Auch die extensive Freilandhaltung von Hühnern, Schafen oder Rindern ist unter den Modulen möglich.
Bisher ist in Deutschland erst eine einzige Anlage in Süddeutschland in Betrieb. Die Firma Steinicke GmbH in Seerau (Haus der Hochlandgewürze) bei Lüchow hat sich nun entschieden, auf einem Hektar ihrer landwirtschaftlichen Flächen eine derartige Anlage bauen zu lassen. Das Unternehmen vertreibt weltweit getrocknete Kräuter und Gemüse. Die Trockungsmengen liegen im mehrfachen Tonnenbereich, ebenso enorm ist dementsprechend der Stromverbrauch.
Robert Lettenbichler hat ein ehrgeiziges Ziel. „Wir wollen bis 2030 klimaneutral produzieren,“ so der Geschäftsführer des Unternehmens. Das Unternehmen will (Zitat) „in Harmonie mit der Natur zum Erhalt von Erde, Luft und Wasser,“ produzieren. Da passt es nicht, den enormen Strombedarf aus fossilen Quellen zu decken. Die Aussicht, den benötigten Strom auf den Äckern einiger Vertragslandwirte mit erneuerbaren Energien selbst erzeugen zu können, begeistert die Geschäftsführung.
1,3 Millionen Euro will das Unternehmen in das Projekt investieren. Im April gab es dafür einen Förderscheck von 400 000 Euro des Bundesumweltministeriums. Ende des Jahres soll die Anlage in Betrieb genommen werden. Zunächst wird sie als Forschungsprojekt betrieben werden. Die Baugenehmigung ist auf zehn Jahre befristet.
Kreislandwirt Adolf Tebel bleibt skeptisch. Für ihn ist diese Art der Stromproduktion auf Äckern noch „Zukunftsmusik“. „Darunter zu wirtschaften wird schwierig sein,“ so seine Einschätzung. Doch genau dies zu klären, ist Aufgabe der Forschung. Auch Natur und Umwelt werden dabei nicht außer Acht gelassen. So wird zum Beispiel untersucht, welche Auswirkungen die Anlage auf Vögel, Wild oder Kleintiere hat.

Foto| Jana309/wikimedia : Symbolfoto / Senkrecht oder schräg gestellt - die neuen Solaranlagen für den Acker lassen eine Bewirtschaftung auf den Flächen darunter oder dazwischen zu.




2021-12-06 ; von Angelika Blank (text),
in Seerau, 29456 Hitzacker (Elbe), Deutschland

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