Die Nutzung erneuerbarer Energien wird zunehmend zu einem wichtigen Faktor in der Energieversorgung. Lüchow-Dannenberg hat hier schon vor Jahren die Zeichen der Zeit erkannt und seine Kräfte intensiv in den Aufbau einer funktionsfähigen Struktur zur Nutzung Erneuerbarer Energien gesteckt. Inzwischen produziert der Landkreis mehr Strom als seine Einwohner verbrauchen können. Doch es fehlen deutschlandweit Fachkräfte, die komplexe Energieerzeugungsanlagen mit erneuerbaren Energien managen können.
Grund Genug für die rund 20 Gesellschafter der „Akademie für Erneuerbare Energien Lüchow-Dannenberg GmbH“, erstmalig in Deutschland die Möglichkeit anzubieten, berufsbegleitend einen Master of Science im Bereich Erneuerbare Energien zu erwerben. Daneben können sich aber auch Handwerker oder interessierte Laien in Zertifikatslehrgängen und Seminaren fortbilden. Am Mittwoch wurde in Lüchow von allen Gesellschaftern der sogenannte „Geschäftsbesorgungsvertrag“ unterschrieben, der der Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) in Hamburg sowie der Tu Tech Innovation GmbH die inhaltlichen Aufgaben überträgt. Mit dem Start des Masterstudiengangs wird für das Wintersemester 2009/2010 gerechnet.
Warum entschied sich ausgerechnet der kleine Landkreis Lüchow-Dannenberg für die Akademie?
Für Landrat Jürgen Schulz ist die Antwort klar: „Mit der Akademie wollen wir mehr – vor allem jüngere – Menschen in den Landkreis ziehen.“ Dabei sieht er weniger den hochwissenschaftlichen Masterstudiengang im Mittelpunkt, als vielmehr die vielen Seminare, Kurse und Tagungen, die ab 2009 stattfinden sollen. Die Akademie auf dem Gelände der SKF in Lüchow soll sich zu einem regelrechten Kompetenzzentrum in Sachen "Erneuerbare Energien" entwickeln.
Ab dem Wintersemester 2009/2010 können dann die ersten 25 Studenten den zweijährigen Masterstudiengang beginnen. Den berufsbegleitenden Fernlehrgang können allerdings nur Studenten besuchen, die bereits ein abgeschlossenes Hochschulstudium hinter sich haben.
Für Prof. Helmut Horn, Departmentleiter Maschinenbau und Produktion an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg (HAW) soll das Spektrum der angesprochenen Studenten dabei aber breit angelegt werden. „Vom Dipl.-Ingenieur über den Betriebswirt bis hin zu verschiedenen Fachwirten wollen wir möglichst viele Diplom-Inhaber ansprechen.“ Die verschiedenen Herkunftsqualifikationen sollen innerhalb des Studiums über sogenanntes „elearning“ ausgeglichen werden. Dabei wird mittels Internet, Studienbriefen, persönlichem Kontakt zum Referenten sowie Präsenzveranstaltungen studiert. Für viele Studenten Neuland. Deswegen sieht Prof. Horn das erste Semester auch als „Probe“-Semester, in dem die Studenten beobachten können, ob und wie sie mit dieser neuen Form des Lernens zurecht kommen.
Die HAW übernimmt in Kooperation mit der Tu Tech Innovation GmbH die wissenschaftliche und pädagogische Verantwortung für die Akademie. Vermittelt werden sollen vor allem Management-Kompetenzen für Planung, Betrieb und Verwaltung energieerzeugender Anlagen – wobei der Schwerpunkt eindeutig auf dem Einsatz erneuerbarer Energien liegt.
Denn für den Einsatz nachwachsender Rohstoffe im Energieerzeugungsverfahren braucht es besondere Kompetenzen, die in Deutschland bisher auf „Master“-Niveau nicht zu lernen waren. Die HAW strebt den Abschluss „Master of Science“ an. Dies muss allerdings noch von der zuständigen Behörde genehmigt werden. Denkbar wären auch der Abschluss „Master of Engineering“.
Für die Zertifikatslehrgänge und Seminare ist die Akademie GmbH zuständig. In diesem Bereich sind insbesondere Handwerksbetriebe wie Heizungsbau- oder Elektrikbetriebe angesprochen, deren Mitarbeiter sich in einem einjährigen Lehrgang ausbilden lassen können. Hier stehen zum Beispiel Themen wie „der Aufbau einer Biogasanlage“ oder die Verbesserung der Energieeffizienz von vorhandenen Heizungsanlagen auf dem Stundenplan.
Lediglich eine Anschubfinanzierung von insgesamt rund 1,5 Mio Euro aus Landes- und EU-Mitteln soll der Akademie in den ersten drei Jahren auf die Füsse helfen. Danach sollen sich Betrieb und Investitionen aus den laufenden Einnahmen finanzieren. Sorgen um mangelnden Zulauf muss sich die Akademie wohl nicht machen: bereits vor der Gründung haben sich schon viele Interessenten bei der Geschäftsführung gemeldet, so dass der erste Masterstudiengang schnell belegt sein dürfte.
Foto: die beiden Geschäftsführerinnen der neuen Akademie Anne Jirjahlke (ganz li.) und Martina Grud (ganz re.), der Geschäftsführer der beauftragten Tu Tech Innovation GmbH Dr. Helmut Thamer (Mitte) und Landrat Jürgen Schulz (hinten) nach der Unterzeichnung des "Geschäftsbesorgungsvertrages"