„Unser Kampf“ titelt der Journalist und Historiker Götz Aly (Jahrgang 1947) ein Buch, das sich mit den 68er-Personen beschäftigt. Eigentlich wäre das Buch nicht des Erwähnens wert – wenn Götz Aly, der es in Hitzacker in einer Lesung vorstellte, nicht der Prototyp einer bestimmten 68er-Spezies wäre. Aly setzt seine Meinung für alle, die im Rahmen dieser Zeit politisch gegen das Establishment aktiv waren, er setzt seine Probleme mit seiner Familie für die ganze Generation. „68“ ist bei Aly eine gescheiterte Studentenrevolte, und die besseren Reformer waren ganz andere, nämlich, beispielsweise, Kurt Georg Kiesinger.
Das liegt, postuliert Aly, daran, daß die Väter der (männlichen) 68er gutsituierte Nazis waren und, wie das eben so ist, die Söhne den Vätern ähnlicher sind, als es ihnen lieb ist. Frauen, Mütter und Frauenbewegung sind bei Götz Aly marginal. Nachdem er diesen Rahmen gezimmert hat, quetscht er alles hinein, was diesem Rahmen als Beweis dienen könnte. Und da läßt er sich durch nichts beirren. Auf den Einwurf, beispielsweise, er enge das Geschehen, das mit der Zahl „68“ verbunden wird, viel zu sehr ein und setze seine Meinung unreflektiert als allgemein, antwortet Aly, diese Kritik höre er sehr oft. Das ist alles.
Einer seiner Hauptbelege für seine These vom heimlichen Nazitum der 68er, ist eine Diskussion des Republikanischen Klubs Berlin über Israel und Palästina am 9.(!) November (Termin des Judenpogroms der Nazis, unter dem sprachkosmetischen Begriff „Reichskristallnacht“ bekannt geworden). Zufällig ist der Initiator des Treffens in Hitzacker anwesend und erklärt, der Termin wäre zufällig und ohne Hintergedanken angesetzt worden. Götz Alys Antwort: „Haha-haha“.
Lang ist die Liste der Argumente, die von Dabeigewesenen gegen Alys These vorgebracht werden. Aly antwortet wie ein Politiker: er geht – mit milde wissendem Lächeln – nicht darauf ein. Und noch etwas sagt einiges über Alys Versuch, die Bewegung – komme, was wolle – unter den Hut seiner These zu zwängen: Der einzige Sammelbegriff, der in etwa alle Teile der damaligen Bewegung beschrieb und der auch ihr Selbstverständnis war über all die unterschiedlichsten Ansätze und Meinungen hinweg: „Außerparlamentarische Opposition“ (APO) – dieser Begriff kommt bei Aly nicht ein einziges Mal vor. Das ist kein Zufall.
In seinem gesamten Auftreten, seiner Ignoranz und Arroganz, in seinem Vereinnahmen, seiner eitlen Besserwisserei erinnert Aly stark an jenen studentischen pseudointellektuellen Klugscheißer-Typus, der den meisten schon 1968 verhaßt war: Der Typ, der sich risikolos auf dem Hintergrund von Papas Geld als Revolutionär spreizte, der dem Proletariat beibringen wollte, wie anständige Revolution geht, und von dem schon damals jeder wußte, daß er drei Jahre drauf mit warmem Arsch in irgendeinem Kanzlei- oder Chefsessel sitzt – und auch dort wieder den anderen sagt, wo’s langgeht.
Götz Aly ist der typische Verteter jener 68er, für die das alles ein konsequenzloses Posieren, eine jugendliche Attitüde war. Die 68er müssen sich, so Aly, bei denen entschuldigen, denen sie Unrecht getan haben. Er praktiziert das, indem er ohne Rücksicht auf die Menschen und Sachverhalte, die er beschreibt, möglichst provokant und auflagensteigernd für Verlage Themen produziert. Ansonsten ist er eine Beleidigung für alle, die sich „68“ an unterschiedlichsten Stellen um eine andere, bessere Gesellschaft bemüht haben.
Claus Kruse stellt ein Horoskop für die mittleren 60er
Hier meldet sich „astroclaus“ aus seinem stillen Sternenguckerkämmerchen. Astrologisch gesehen wurden die 63-68er Jahre von einer Saturn-Opposition zu einer Uranus/Pluto-Konjunktion dominiert. Saturn symbolisiert die Tradition, Starrheit und das Alte. Uranus symbolisiert das Neue, die Zukunft, den Aufbruch – auch Umsturz. Pluto symbolisiert Stirb- und Werde-prozesse, sogar Transmutation; zum Beispiel: von der Raupe zum Schmetterling. Diese archetypischen Kräfte im oppositionellen Spannungsaspekt ließen es innerhalb der Gesellschaft mächtig knirschen.
LSD wurde zur Grundlage für die psychedelische Kultur und Musik dieser revolutionären Zeit. Aber auch ohne LSD gab es rund um den Globus viel Neues in Kunst, Theater, Mode, Musik, Politik und Frauenbewegung. Es lohnt sich sehr, sich mit dieser weltumspannenden Bewegung zu befassen, denn es wurde das Wassermannzeitalter eingeläutet.