Oha, morgen bin ich schon seit sechs Wochen hier in Togo und so langsam fängt es an, mir richtig Spaß zu machen!
Die letzte Woche war sehr schön, weil ich sie noch einmal mit allen deutschen Freiwilligen von ASTOVOT verbringen konnte und wir Riccardo, den italienischen Freiwilligen, besser kennen lernen konnten. Außerdem waren ja auch togolesische Freiwillige dabei, was auch sehr nett war, weil wir dadurch auch die ein bisschen besser kennen lernen konnten.
Leider war die Sensibilisierung (Anmerkung: auf die Aids-Problematik) ein bisschen kompliziert, weil die meisten Menschen, die wir sensibilisieren wollten, Frauen und Kinder waren, die so gut wie kein Französisch sprechen. Also waren es häufig nur die Togolesen, die gesprochen haben und wir haben ein bisschen dumm rumgesessen und uns Ewe angehört.
Trotzdem, die Arbeit hat echt Spaß gemacht und zumindest sind wir jetzt alle Profis im korrekten Verwenden von Frauen- und Männerpräservativen ;)
Am Samstag nach der Wiederankunft hier in Kpalimé fiel mir dann auf, wie super gelaunt ich war und ganz verwundert, weil ich das schon mindestens zwei Wochen nicht mehr für einen ganzen Tag war. Abends bin ich dann noch mit einigen Deutschen und vielen togolesischen Freiwilligen weg gegangen und hatte einen sehr netten Abend, an dem ich die unbestrittene Dancingqueen und beliebteste Tanzpartnerin war. So langsam lerne ich auch damit umzugehen, dass weiße blonde Frauen hier sehr beliebt sind.
Den Sonntag habe ich dann schlafend und lesend verbracht. Außerdem habe ich endlich, endlich meine Kreditkarte bekommen, da die, die ich aus Deutschland mitgebracht habe, nicht funktioniert hat. Am Samstag ist eine neue deutsche Freiwillige gekommen und hat mir die Kreditkarte mitgebracht, die Mama und Papa von der Volksbank bekommen und ihr geschickt hatten. Mal sehen, ob die jetzt funktioniert …
Der Alltag beginnt ...
Heute war dann endlich, endlich mein erster Arbeitstag, auf den ich mich ja schon ewig gefreut hatte.
Der erste Schultag wird hier in Togo immer dazu genutzt, die Schule und den Schulhof zu säubern und so haben wir heute gemeinsam mit den Lehrern und einigen Schülern gefegt und gewischt. Außer Laura und mir sind noch vier andere Freiwillige bei Envol, alle deutsch. Bisher kann ich also noch nichts über die Arbeit sagen, außer dass ich die Lehrer sehr nett finde und die meisten Kinder, die ich bisher kennen gelernt habe, auch. Allerdings war ich heute etwas unpassend gekleidet, ich hatte eine knielange Hose und ein Top an. Ich hatte zwar gedacht, dass es nicht zu freizügig ist, aber spätestens als einer der älteren Jungs mit Trisomie 21, der mir genau bis zum Ausschnitt ging, darauf bestanden hat, mich alle zwei Minuten zu umarmen und die kleineren Kinder begonnen haben, mir immer die Hosenbeine hochzuziehen, habe ich beschlossen, dass meine Arbeitskleidung aus langen Hosen und T-Shirts bestehen muss… Der Direktor der Schule hat die ganze Situation so zusammen gefasst: "Unsere Schüler sind zwar behindert, aber dass was immer bleibt ist Essen und Sexualität. Und darin sind sie perfekt. "
Insgesamt fühle ich mich aber gerade super wohl und freue mich tierisch, hier zu sein.
Nächstes Wochenende mache ich einen Ausflug nach Lomé, mein ältester Gastbruder fährt dorthin, weil die Uni wieder beginnt und ich begleite ihn am Samstag und komme Sonntag zurück. Auch darauf freue ich mich schon sehr, denn in Lomé gibt es Supermärkte, in denen man den Spiegel kaufen kann und so langsam komme ich hier vollkommen auf Medienentzu.
Ein geschenktes Baby und Alltag einer neun köpfigen Familie
Neben meinem Heiratsantrag habe ich jetzt noch ein anderes, sehr viel beunruhigenderes Angebot bekommen: in Lavie, dem Dorf, in dem das Workcamp stattgefunden hat, sind nachmittags immer einige Kinder zu uns gekommen, um mit uns zu Trommeln und die Weißen anzugucken. Unter ihnen war auch eine junge Mutter, die ich für 15 hielt, die aber bereits 20 und offenbar wieder schwanger war. Ihre einjährige Tochter war sehr süß und nachdem ich eine halbe Stunde mit ihr gespielt hatte, wollte die Mutter mir ihr Kind schenken…
Ich habe dankend abgelehnt, aber ich hatte das Gefühl, dass sie das Angebot zumindest halb ernst meinte und das fand ich schon sehr schockierend. Insgesamt haben wir in Lavie überdurchschnittlich viele sehr junge Mütter getroffen, die meistens eben doch 15 oder höchstens 17 waren, leider waren sie auch die einzigen, die meistens nicht mit uns über Aids sprechen wollten, wohin gegen die älteren Frauen total offen dafür waren.
Was den Alltag in meiner Familie angeht, sieht es so aus: der Vater verdient das Geld und ist viel unterwegs, kauft aber auch das meiste ein. Dafür tut er überhaupt gar nichts im Haushalt, nicht einmal den Tisch decken oder den Flurfegen fällt in sein Aufgabengebiet, er macht schlicht nichts. Die Mutter ist für Kochen und Putzen zuständig, wobei ihre Kinder ihr dabei auch helfen. Wäsche wird meistens von einem der älteren Kinder gewaschen. Besuch bekommt die Mutter nie und verlässt das Haus auch nur, wenn sie einen Krankenbesuch im Krankenhaus macht oder Samstags auf den Markt geht. Die Kinder bekommen auch nur sehr, sehr selten Besuch und verlassen das Haus nur um zur Schule, in die Kirche oder ins Internetcafé zu gehen. Einzige Ausnahme bildet die Arbeit bei Astovot, die zwei der drei Kinder machen, dafür verlassen sie auch ungefähr alle zwei Wochen einmal das Haus. Ansonsten wird entweder im Haus oder auf dem Feld gearbeitet, geschlafen oder aber schlechte, sehr schlechte Filme angeschaut, wahlweise auch Soapoperas, von denen ich ja bereits berichtet habe. Allerdings glaube ich nicht, dass die Kinder unzufrieden damit sind, offenbar macht es ihnen nicht so viel aus ihre ganze Zeit zu Hause zu verbringen. Ich komme mir immer ein bisschen komisch vor, wenn ich mich nachmittags mit Leuten treffe oder einfach nur in die Stadt gehe um eine Cola zu trinken. Naja, ich bin ja yovo und von daher eh ein Sonderfall… ;)
So ihr Lieben, keep reading! Und stellt weiter fleissig Fragen!