Brandbrief an Lüneburger Kreisverwaltung – erste Gänse notgeschlachtet
Preten – Die Halter alter Geflügelrassen in Deutschlands erster Arche-Region an der Elbe sind verzweifelt: Für drei Monate müssen sie nach wie vor jetzt im Herbst ihre Gänse, Enten und Hühner einsperren. So will es die Lüneburger Kreisverwaltung aus Angst vor der Vogelgrippe. Die freiheitsliebenden alten Haustierrassen aber gehen daran kaputt, sagen die Halter. Erste Gänsejunge wurden bereits notgeschlachtet. Jetzt hat Arche-Initiator Hartmut Heckenroth aus Preten einen Brandbrief an die Kreisverwaltung geschrieben. Die Aufstallverfügung verstoße teilweise sogar gegen das Tierschutzgesetz, heißt es in dem Schreiben.
„Es muss eine Lösung gefunden werden, um die Aufgabe von Haltungen bedrohter Nutzgeflügelrassen, wie sie schon eingesetzt hat, zu verhindern“, schreibt Heckenroth an die Spitze der Kreisverwaltung in Lüneburg. Beigelegt hat der frühere Leiter der Staatlichen Niedersächsischen Vogelschutzwarte ein Paket mit wissenschaftlichen Untersuchungen. Unter anderen zur aktuellen Riskobewertung der Einschleppung von Vogelgrippe-Viren durch Zugvögel: Darin kommt das Friedrich-Löffler-Institut in diesem Jahr zu dem Ergebnis: „Wildvögel spielen in der Diskussion keine Rolle mehr.“ Die Verantwortung für die Aufstallpflicht liegt mittlerweile bei den Landkreisen. Die Behörde in Lüneburg habe zwar mehrfach versprochen, einen für alle befriedigenden Lösungsweg zu suchen, sagt Heckenroth. Aber das sei bislang nicht geschehen. Nach wie vor müßte in einem Korridor an der Elbe wegen der Rastvögel alles Geflügel in den Stall. In Mecklenburg-Vorpommern, quasi auf der anderen Straßenseite von Amt Neuhaus und ebenfalls Teil der Arche-Region, gibt es solche Regelungen nicht. Heckenroth schreibt: „Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Verordnung zum Schutz vor Geflügelpest in den Bundesländern unterschiedlich ausgelegt wird.“
In der gesamten Arche-Region Amt Neuhaus-Flusslandschaft Elbe halten inzwischen 53 Familien die vom Aussterben bedrohten Geflügelrassen wie Leinegänse, Pommernenten oder Vorwerk-Hühner. Zum Teil wurden sie von weit her und sogar aus Süddeutschland herangeschafft. Mit Zuchtprämien unterstützt das Land Niedersachsen die Halter beispielsweise von Leinegänsen. Es gebe Interessenten für eine größere artgerechte Weidegänse-Haltung und damit auch einen neuen Erwerbszweig in der einkommenschwachen Region, so Heckenroth. Bislang aber schrecke die Aufstallpflicht von insgesamt fünf Monaten im Herbst und Frühjahr die Halter ab.
„Auch im Hinblick auf das im Aufbau befindliche Artenschutzzentrum in Neuhaus müssen der Arche-Region weitere Entfaltungsmöglichkeiten gegeben werden, wir bitten um Aufhebung der Verfügung“, beendet Heckenroth seinen Notruf an die Kreisverwaltung. Und setzt auch auf kurzfristige Gespräche. Zum Beispiel schon am Freitag (2. November) in Bleckede. Dann feiert das Bisophärenreservat Niedersächsische Elbtalaue dort sein 10jähriges Jubiläum gemeinsam unter anderem mit der Lüneburger Kreisverwaltung und auch der Arche-Region.
Foto /Angelika Hoffman/: Freiheitsliebende Weidegänse müssen an der Elbe in den Stall