GRÜNE und LINKE stellten am Dienstag ihre Abschlussberichte zum Asse-Untersuchungsausschuss vor. Die Grünen kritisieren, dass kriminelle Machenschaften von Industrie, Wissenschaft und Politik Atomkraft zur Jahrtausend-Gefahr gemacht haben, für die LINKE ist die Asse der größte atompolitische Skandal in der deutschen Geschichte.
Als „zentrale Konsequenzen“ forderte der grüne Fraktionsvorsitzende Stefan Wenzel, die Rückholung des Atommülls, der beschleunigte Ausstieg aus der Atomenergie und ein grundlegender Neubeginn bei der Suche nach einer langfristig sicheren Lagerung von strahlenden Abfällen. „Mit teils kriminellen Machenschaften hat der atomindustrielle Komplex aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik die Sicherheit der Bevölkerung aufs Spiel gesetzt“, sagten der Fraktionsvorsitzende Stefan Wenzel und seine Stellvertreterin im Ausschuss Gabriele Heinen-Kljajic vor der Presse in Hannover. „Atomkraft ist eine Jahrtausend-Gefahr. Die Aufarbeitung des Asse-Desasters hat das atomkritische Bewusstsein in der deutschen Bevölkerung gestärkt. Die Asse muss zu einem Mahnmal gegen die Skrupellosigkeit der Atomlobby werden!“
Als Ergebnis der dreijährigen Arbeit im Untersuchungsausschuss erläutern die Grünen auf rund 85 Seiten „detaillierte Fakten“, die von den Verantwortlichen über lange Zeit verschwiegen wurden:
Die Auswahl der Asse erfolgte unter bewusster Ausblendung der Risiken. - Schon vor Beginn der Nutzung gab es Laugenzuflüsse. - Die radioaktive Kontamination wurde über Jahre vertuscht. - Das strahlende Inventar ist größer als ausgewiesen. - Die Asse war der Prototyp für Gorleben und sollte die Tauglichkeit des Lagermediums Salz beweisen. - Wissenschaft und Forschung wurden als Alibi benutzt. - Die vom ehemaligen Umweltminister Sander angeordnete Verfüllung und Flutung von Teilen des Bergwerks war rechtswidrig.
„Viele haben weggeguckt und einige haben die Zustände mit viel Macht und Energie vertuscht“, heißt es in einer Erklärung der Grünen. Dabei handele es sich insbesondere um Akteure, die als „Diener zweier Herren“ abwechselnd für Ministerien und Atomindustrie gearbeitet hätten. Die langen Zeiträume und komplexe politische, fachliche und juristische Zuständigkeiten hätten jedoch fast alle Versuche einer juristischen Aufarbeitung vereitelt. Gleichwohl bleibe die politische und die moralische Verantwortung bestehen! Umtriebe durch die politischen Handlanger!“
Den vollständigen grünen Abschlussbericht gibt es hier!
DIE LINKE: Die Asse ist der größte atompolitische Skandal in der deutschen Geschichte
„Die Asse ist der größte atompolitische Skandal in der deutschen Geschichte“: Dieses Fazit zog der umweltpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE, Kurt Herzog, zum Abschlussbericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses. In den dreieinhalb Jahren Arbeit des Ausschusses sei das ganze Desaster um das marode Bergwerk deutlich geworden – ein Desaster, das den Steuerzahler nun geschätzte drei bis vier Milliarden Euro kosten werde. Laut Herzog besteht kein Zweifel, wer für den Asse-Skandal verantwortlich ist: die Politik von CDU, FDP, SPD und Grüne und die Atomindustrie.
Die Politik habe der Atomindustrie damals mit ihrem Wunsch, eine Atommacht zu werden, den roten Teppich ausgerollt. Die Verantwortlichen seien so in den 60er-Jahren mit einem „Flug ohne Landebahn“ in die Atomenergie gestartet. Die Entsorgung habe schnell gehen, wenig kosten und die rechtliche Grundlage für den Betrieb von Atomkraftwerken bieten sollen. Dann habe begonnen, was der Historiker Detlev Möller mit dem Satz „Ein kleiner Kreis narrte die Republik“ beschrieb. Herzog: „Gutachten wurden angepasst und die Bedenkenträger zur Seite gedrängt.”
Herzog bedauerte, dass es nicht gelungen sei, die Verantwortlichen des Asse-Dilemmas juristisch zur Rechenschaft zu ziehen. Viele Zeugen hätten angegeben, sich nicht mehr richtig erinnern zu können. Andere, die sich erinnern konnten, haben nach eigenen Angaben nicht vorsätzlich gehandelt und die Folgen nicht absehen können.
Radioaktive Grenzwert-Überschreitungen und Sicherheitsmängel seien unter den Augen verantwortlicher Politiker auf Landes- und Bundesebene passiert. „In einer untauglichen Informationskette zwischen Betreiber, Ministerien und Behörden blieben Rechtsverletzungen, Grenzwertüberschreitungen und mehr als 200 Kontaminationen ohne Konsequenzen”, sagte Herzog. Die Gefahr von Wassereinbrüchen hätten die Verantwortlichen trotz zahlreicher warnender Gutachten jahrzehntelang unterschätzt oder verleugnet. Der Ausschuss habe auch noch einmal belegt, dass die Asse entgegen der Legende nie trocken gewesen sei.
Nach dem Abschluss des Untersuchungsausschusses müsse jetzt politisch weiterhin Druck gemacht werden, so Herzog weiter, damit der Atommüll schnellstmöglich zurückgeholt wird. Schließlich flössen täglich etwa zwölf Kubikmeter Lauge aus dem Deckgebirge in die Asse. Auch sei nach wie vor unklar, welche radioaktiven und chemotoxischen Stoffe sich in den 126.000 Atommüllfässern in der Asse befinden.
Den Abschlussbericht der LINKE gibt es hier!
Foto: Wusel007 / Im Jahre 2008 wurde das Bundesamt für Strahlenschutz neuer Betreiber des Atommülllagers Asse II