Kurz vor Weihnachten holte die Atomlobby zum Gegenschlag aus: gegenüber der "Welt" drohte der Präsident des Deutschen Atomforum, Ralf Güldner, mit der Einstellung aller Zahlungen für Gorleben.
Nach Medienberichten prüfen die AKW-Betreiber, ob und inwieweit sie nach dem politischen Aus für die Erkundung des Salzstocks Gorleben noch zur Zahlung verpflichtet sind. Denn nach dem Atomgesetz sind sie verpflichtet, den notwendigen Aufwand zur Erkundung, Einrichtung und Betrieb von Endlagern zu bezahlen.
Laut Güldner ist es allerdings fraglich, ob für einen reinen Offenhaltungsbetrieb auch eine Verpflichtung zur Zahlung besteht. "Alternativ könnten die Betreiber auch argumentieren: Solange Gorleben nicht aus fachlichen Gründen ausgeschlossen wird, beteiligen wir uns nicht an der Finanzierung einer alternativen Standortsuche," so Güldner gegenüber über der Welt. "Wir sind der Meinung, dass es dem notwendigen Aufwand entspricht, wenn in Gorleben zielgerichtet geforscht wird, solange nichts gegen die Eignung des Salzstocks spricht." Und Hinweise darauf, dass Gorleben nicht geeignet sein könnte, sieht der Präsident des Atomforums nicht.
Nach dem Welt-Bericht prüfen die Energiekonzerne darüber hinaus Schadensersatzforderungen wegen des politisch beschlossenen Ausstiegs aus der Atomenergie.
Greenpeace: Energiekonzerne haben nichts dazu gelernt
"E.ON, RWE und Co. haben nach 35 Jahren Skandalgeschichte um die
Atommüllagerung nichts dazu gelernt. Wer heute noch ernsthaft jede
Erkundung von Alternativen zum maroden Salzstock Gorleben ablehnt,
ist im Begriff, die Desaster in den bereits einstürzenden
Atommülllagern Asse und Morsleben
in Gorleben zu wiederholen," so Greenpeace-Atomexperte Mathias Edler gegenüber wnet.
Dass sich die Abfallverursacher des Atommülls vor den Kosten der
Endlagersuche drücken wollen, verschleiere, dass die Erkundung des
Salzstocks in Gorleben bis heute ein einträgliches Geschäft für die
Atomkonzerne gewesen ist, so Edler weiter. "Einen Großteil der bisher im Salzstock
versenkten 1,6 Milliarden Euro haben sich E.ON, RWE und Co. über die
Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern (DBE), die
in Gorleben die Arbeiten unter Tage durchführt, von der rechten in
die linke Tasche geschaufelt - und damit an der Erkundung sogar noch
verdient." Die DBE ist zu 75% im Eigentum der Gesellschaft für
Nuklearservice (GNS), einer 100%igen Tochterfirma von E.ON, RWE,
EnBW und Vattenfall Europe.
Anstatt getreu des von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU)
favorisierten Planes, unter Zeitdruck ein ebenfalls auf Gorleben
ausgerichtetes Pro-Forma-Endlagersuchgesetz zu verabschieden, sollte
der Bundestag nach Ansicht von Edler die Atomkonzerne im ersten Schritt dazu verpflichten,
einen Teil ihrer satten Gewinne aus dem Verkauf von Atomstrom in
einen öffentlich-rechtlichen Fonds einzuzahlen, um die Finanzierung
eines Jahrzehnte dauernden neuen Suchverfahrens durch die
Abfallverursacher sicher zu stellen. Ansonsten blieben die Kosten
wie bei der Asse wieder einmal am Steuerzahler kleben.
"Die Äußerungen der Energieversorger beweisen: Die Endlagersuche muss
raus aus dem Interessensgezerre von Wirtschaftsführern und
Politikern," plädiert Edler für ein Endlagersuchverfahren, welches sich auf ein breites gesellschaftliches Fundament weit jenseits eines fragilen
Parteienkonsenses stützt. "Die Bürger müssen bereits vor Verabschiedung
eines Suchgesetzes an der Entwicklung eines wirklich fairen und
ergebnisoffenen Suchverfahrens beteiligt werden. Sonst wird auch
eine neue Endlagersuche keine Akzeptanz in der Gesellschaft für das
Ergebnis erreichen und am Ende scheitern."
"Es ist höchste Zeit, dass die Rückstellungsmilliarden der Atomwirtschaft in einen öffentlich-rechtlichen Fonds eingezahlt werden", kontert die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI).
Gorleben sei im Übrigen von Beginn an aus "rein politischen" Gründen als Endlagerstätte gewählt und dann ausgebaut worden. "Güldner glaubt wohl an den Weihnachtsmann. Die Verursacher des Mülls müssen auch dann zahlen, wenn mehrere Standorte erkundet werden und Gorleben zurück gebaut wird. Aber es ist wichtig, dass die Politik nicht erpressbar wird", begründet BI-Sprecher Wolfgang Ehmke die Forderung, dass die steuerfreien Rückstellungsgelder für die Atommüllentsorgung der Privatwirtschaft entzogen würden.
Ein Blick auf die Regressforderungen der Konzerne, die sich auch den Atomausstieg vergülden lassen wollen, zeige, dass Vattenfall als nicht deutscher Konzern bereits reale Aussichten im Rahmen des Europarechts auf eine Kompensation habe. Ehmke:"Da gibt es wirklich Handlungsbedarf".