Wie dieser Tage bekannt wurde, soll der ehemalige Vattenfall-Manager Dr. Bruno Thomauske im Auftrag des Bundesumweltministeriums ein "Konzept für eine Gorleben-Sicherheitsanalyse" erstellen. Nicht für die Grünen im Landtag ist diese "atompolitische Inzucht töricht. Für die EU-Fraktionsvorsitzende Rebecca Harms ist diese Personalie gar ein Fall für Lobby Control.
Für das Bundesumweltministerium ist Dr. Bruno Thomauske lediglich ein "Untrauftragnehmer", der neben anderen Wissenschaftlern wie Prof. Dr. Paul Burgwinkel Prof. Dr. Peter Kukla sowie Prof. Dr. Janos Urai in das Projekt eingebunden ist. "Prof. Thomauske war jahrelang als leitender Mitarbeiter des BfS für das Projekt Gorleben verantwortlich und ist daher einer der größten Wissensträger über diesen Standort", heißt es in einer Pressemitteilung des Ministeriums von Donnerstag.
"Mit der Beauftragung der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) zur Durchführung der vorläufigen Sicherheitsanalyse Gorleben wird das Bundesumweltministerium sämtliche vorhandenen Erkenntnisse über den Salzstock und die Ergebnisse über die bisherige Erkundung zusammenfassen lassen", so das BMU weiter. "Vorrangiges Ziel des Projektes ist eine nachvollziehbar dokumentierte Prognose auf der Grundlage der bisherigen Erkenntnisse, ob der Standort Gorleben die neuen Sicherheitsanforderungen an die Endlagerung Wärme entwickelnder radioaktiver Abfälle einhalten kann. Die Zwischenergebnisse und Berichte werden sowohl im Internet beim BMU, der GRS und dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) für jeden Interessierten einzusehen sein. Darüber hinaus wird das BfS umfangreich über die Arbeiten zur vorläufigen Sicherheitsanalyse berichten und die Öffentlichkeit aktiv über das weitere Vorgehen am Standort Gorleben informieren."
Neben der GRS werden nach Aussagen des BMU "eine Vielzahl anerkannter Institutionen mit Kompetenz und Wissen über den Standort Gorleben" an der vorläufigen Sicherheitsanalyse mitarbeiten: die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), die DBE Technology, das Institut für Nukleare Entsorgung (INE) des Karlsruher Instituts für Technologie und das Institut für Gebirgsmechanik (IfG) in Leipzig.
Zur Qualitätssicherung ist eine externe Begleitung und Begutachtung der Arbeiten durch das Institut für Endlagerforschung der TU Clausthal vorgesehen. Für das Bundesumweltministerium ist durch "die Vielzahl der eingebundenen Wissenschaftler und Institute unter der Projektleitung der GRS" eine qualifizierte, wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Analyse des augenblicklichen Erkenntnisstandes über den Salzstock Gorleben gewährleistet.
Nach den Planungen des BMU wird die vorläufige Sicherheitsanalyse nachfolgend einem Peer-Review durch internationale Experten unterzogen, um sicherzustellen, dass auch die international üblichen Maßstäbe und der Stand von Wissenschaft und Technik eingehalten werden. Die vorläufige Sicherheitsanalyse dient dann als Planungsgrundlage für die weitere Erkundung. Erst nach Abschluss der ergebnisoffen durchgeführten Erkundung und einer eventuellen Feststellung der Eignung des Salzstocks würde die Niedersächsische Genehmigungsbehörde in einem Planfeststellungsverfahren die atomrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen prüfen.
Harms: Röttgens Atompersonal ist ein Fall für LobbyControl
Rebecca Harms, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europäischen Parlament und Mitbegründerin der Bürgerinitiative gegen das atomare Endlager Gorleben, wirft Norbert Röttgen vor, mehr und mehr direkten Einfluss für ehemalige Mitarbeiter bzw. Lobbyisten der Atomindustrie zu schaffen: "Die Idee, Bruno Thomauske mit der Erstellung des Sicherheitsberichtes zum Endlager Gorleben zu beauftragen, stinkt zum Himmel. Bruno Thomauske gilt nicht nur als schamloser Seitenwechsler, der wegen der atomkritischen Haltung der ehemaligen rot-grünen Bundesregierung seine Position im Bundesamt für Strahlenschutz aufgegeben hat, um direkt für die Atomindustrie zu arbeiten.
Aber auch in seiner Position als Chef der Atomsparte von Vattenfall konnte er sich nicht lange halten. Schon vor dem Ende seiner Kurz-Karriere bei Vattenfall wurde über Inkompetenz gemunkelt. Entscheidend für seinen Rauswurf bei Vattenfall war seine Rolle während der schweren Störfälle in den Atomkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel. Bruno Thomauske glänzte selbst während des Feuers in Krümmel durch das Herunterspielen der Ereignisse. Ungenügende Informationen und eine Vorliebe für Intransparenz kennzeichneten die Methode Thomauskes.
LINKE: Der Bock wird zum Gärtner gemacht
Auch der Atomexperte der LINKEN, Kurt Herzog, zeigte sich entsetzt darüber, dass die Bundesregierung einen Atomlobbyisten beauftragen will, ein Konzept für eine Gorleben-Sicherheitsanalyse zu erstellen. "Damit wird der Bock zum Gärtner gemacht. Die Personalie Thomauske ist besonders erstaunlich, weil er bei Vattenfall wegen der Störfälle beim Pannenreaktor Krümmel gefeuert wurde", sagte Herzog. Thomauske habe sich in der Vergangenheit wiederholt für ein Endlager Gorleben ausgesprochen.
"So steht das Ergebnis seiner Analyse schon fest, bevor er überhaupt damit begonnen hat", sagte Herzog. Er wies außerdem darauf hin, dass der von ihm geleitete Lehrstuhl an der Uni Aachen vom Energieriesen RWE gesponsert wird. "Auch das spricht für sich", so Herzog.
Die Personalie Thomauske sei ein weiterer Beweis dafür, wie die Atomindustrie die Linie der Energiepolitik der Bundesregierung bestimme. Zwischen Bundesregierung und Atomwirtschaft gebe es "Bäumchen-wechsel-dich-Spielchen"; ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit sei auch die Ernennung des Atomlobbyisten Gerald Hennenhöfer zum Abteilungsleiter für Reaktorsicherheit. "Röttgen bringt das gescheiterte Personal-Horrorkabinett wieder in entscheidenden Ämtern und Schaltstellen zusammen", kritisierte Herzog.
GRÜNE: Atompolitische Inzucht
Für Stefan Wenzel, Fraktionsvorsitzender der Grünen im niedersächsischen Landtag, ist die Beauftragung Prof. Thomauskes ein "Skandal". "Schmutziger hätte man sich solch ein Geschäft kaum ausdenken können. Bundesumweltminister Röttgen sorgt für Filz in Reinkultur!", so der Grünen-Politiker am Donnerstag in Hannover.
Thomauske war früher Abteilungsleiter beim Bundesamt für Strahlenschutz und wechselte dann in die Atomindustrie. Nach dem Desaster im Atomkraftwerk Krümmel musste er bei Vattenfall seinen Hut nehmen und nimmt seit 2008 eine "Stiftungsprofessur" des Stromversorgers RWE an der Universität in Aachen wahr.
"Soviel atompolitische Inzucht ist töricht", sagte Wenzel. Mit einem Atomlobbyisten als Sicherheitschef verabschiede sich die Bundesregierung von jedwedem seriösen Anspruch auf die wissenschaftliche Analyse der Risiken der Endlagerung. Wenn Röttgen nichts Besseres einfalle als diese Personalie, müsse die Not im Bundesumweltministerium sehr groß sein. Das Gerede von Transparenz bei der Endlagersuche verkomme zu einer üblen Farce, sagte der Grünen-Politiker.
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