Am Wochenende tagte das Nationale Begleitgremium zur Endlagersuche und beschäftigte sich mit dem Problem der deutlich verlängerten Laufzeiten für nukleare Zwischenlager. Es blieben viele Fragen offen.
Ob im Jahre 2050 tatsächlich wie nach dem Standortauswahlgesetz geplant, die Endlagerung von Atommüll starten kann, wird von vielen Experten bezweifelt. Manche reden gar von 150 Jahren, die es noch dauern kann, bis ein Endlager in Betrieb genommen werden kann.
Bis dahin lagert der Atommüll in Zwischenlagern, der Genehmigungszeiten oft sehr viel früher ablaufen als eine Überführung in die Endlagerung möglich sein wird.
Das Nationale Begleitgremium (NBG), das eigentlich die
Endlagersuche moderieren
soll, tagte am Wochenende zu diesem kritischen Thema. Unter der Leitung von Prof. Miranda Schreurs und Prof. Klaus Töpfer (beides Vorsitzende des NBG), diskutierten Bürgermeister und Anti-Atom-Aktivisten aus
rund der Hälfte der sechzehn Zwischenlagerstandorte.
Aus der Region nahmen die Gartower Ratsfrau Asta von Oppen, die niedersächsische Landtagsabgeordnete Miriam Staudte (Grüne) und die BI-Vorständler Elisabeth Hafner-Reckers und Wolfgang Ehmke teil. Jochen Flasbarth, der neue Chef der bundeseigenen Gesellschaft für Zwischenlager (BGZ) und Staatssekretär im Bundesumweltministerium, hatte dagegen seine Teilnahme abgesagt.
Beate Kallenbach-Herbert vom Öko-Institut Darmstadt verwies in ihrer gutachterlichen Stellungnahme auf die vielen ungeklärten Fragen. Es gebe erheblichen Forschungsbedarf hinsichtlich der Frage, welchen Einfluss eine überlange Lagerzeit auf das Behälterinventar habe. Bisher gebe nur das Instrument einer periodischen Sicherheitsüberprüfung, Messungen und eine Inaugenscheinnahme von außen. Für die Reparatur eines defekten Primärdeckels sei eine „heiße Zelle“ vonnöten, wegen der starken Strahlung also eine ferngesteuerte Arbeit hinter dicken Betonmauern. Doch weil bisher eine Langzeitlagerung nicht angedacht worden ist, gebe es nicht einmal ein Regelwerk zur Überprüfung des Behälterinventars.
Prof. Bruno Thomauske, einst zuständig im Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), warnte in der Diskussion eindringlich davor, bestehende Genehmigungen einfach zu verlängern. Defekte Hüllrohre von abgebrannten Brennelementen könnten zerbröseln, Thomauske schloss die Gefahr einer Kritikalität nicht aus. Zu bedenken sei auch, dass die 1.900 Castorbehälter, die es bis zum Ende der Atomkraftnutzung geben wird, bewegt werden müssen – hin zu einem Endlager. Seiner Meinung nach dürfe einem Endlagerstandort keinesfalls auch die Konditionierung vor Ort zugemutet werden. Denkbar seien mehrere zentrale Zwischenlager an denen die Behälter für die Endlager vorbereitet würden.
Sehr deutlich kritisierte er auch, dass das BUMB und der neue Leiter der für die Zischenlager zuständigen BGZ nicht an der Veranstaltung teilnehmen. Was den Schutz vor Terrorismus anging, so bezweifelte Thomauske, dass die bestehenden Wandstärken von Ahaus und Gorleben ausreichten, und plädierte für Neubauten oder eine gänzlich neue Zwischenlagerstrategie.
Ein geeignetes „Übungsfeld“ für die angestrebte Partizipation bei der Endlagersuche sei die notwendige gesellschaftliche Verständigung über eine Ertüchtigung von Zwischenlagern bzw. erforderliche Neubauten, damit es keine Sicherheitslücke bis zur Endlagerung gibt – damit befassten sich die der Partizipationsexperte Hans Hagedorn und Rechtsanwalt Hartmut Gaßner in der zweiten gutachterlichen Stellungnahme. Auch hier spielte die Tatsache, dass die Genehmigungen in Gorleben und Ahaus 2034 bzw. 2036 auslaufen, eine große Rolle.
Ratlos blieben die TeilnehmerInnen der Veranstaltung mit der
Frage zurück, wer sich in Zukunft der Probleme der Zwischenlagerung annehmen
wird. Es sickerte durch, dass das BUMB verhindern will, dass das Nationalen
Begleitgremium sich mit dieser Frage beschäftigt. "Deshalb muss jetzt vom BUMB nachdrücklich gefordert werden, ein
Gremium zu schaffen, bei dem sich die interessierte Öffentlichkeit, die
Initiativen und die betroffenen BürgermeisterInnen einbringen können," so das Resümee von Asta von Oppen nach der Veranstaltung.
DAS NATIONALE BEGLEITGREMIUM
Das Nationale Begleitgremium wurde nach dem Standortauswahlgesetz eingesetzt. Es soll das Standortauswahlverfahren bis zur Standortentscheidung "vermittelnd und unabhängig" begleiten. Dazu gehört vor allem die Organisation der Öffentlichkeitsbeteiligung.
Außerdem soll das NBG "entsprechend den Vorschlägen der
Endlager-Kommission" den Bedarf an Veränderungen und Innovationen im
Standortauswahlverfahren identifizieren. Das Gremium kann dem
Gesetzgeber gegebenenfalls Änderungen im Verfahren empfehlen.
Die Neuordnung der Zwischenlagerung gehört nicht zu den originären Aufgaben des Gremiums. Wie aus den Kreisen der Teilnehmer zu hören war, sollte die Veranstaltung am Wochenende dazu dienen, "Impulse an die Politik und zuständige Behörden" zu geben, um diese Lücke zu schließen.
Das NBG setzt sich aus neun Mitgliedern zusammen. Dies sind Vertreter der Wissenschaft (5) ebenso wie Vertreter von Umweltverbänden (1) und Bürgern (3).
Foto: An der Sitzung des Nationalen Begleitgremiums am Wochenende nahmen neben den gesetzten Mitgliedern auch zahlreiche Vertreter von Kommunal- und Landespolitik sowie Vertreter von Bürgerinitiativen teil. Stehend (links) der Vorsitzende Prof. Dr. Klaus Töpfer, ehemaliger Bundes-Umweltminister