Thema: bücher

Ausflug: Bücher und Bratkartoffeln

Der alte Bahnhof (daher: Schnega-Bahnhof) versteckt sich zwischen großen, alten Bäumen und den Gleisen nach zwei Linkskurven gleich hinter der neuen Unterführung. Der IC hält nicht mehr hier und auch keine anderen Züge, dafür gibt es den neuen Bahnsteig ein Stückchen weiter. Das alte Gebäude ist nun ein „Bücher-Bahnhof“, einerseits ein Buch-Antiquariat, andererseits eine Gaststätte, die in unregelmäßigen Abständen auch Kultur anbietet ...


.... ein Glühwürmchen in der dunklen Nacht des kulturell eher unbeleckten Landkreis-Südens. Wer hier in der Schweinemark Gastronomie mit Buch-Antiquariat und Veranstaltungen aufmacht, der muß entweder mutig oder übermutig sein. Leben kann davon jedenfalls keiner. Es funktioniert auch tatsächlich nur als Familienbetrieb mit Normaljob-Standbein. In „Karlas Bücher-Bahnhof“ kocht die Chefin selbst, und der Antiquar Burkhard Luner zapft und reicht die Karte an.

Betritt man den bunt verglasten Vorraum, sieht man als erstes – wie es sich gehört – Bücher. Dann Bücher. Und dann – noch mal Bücher. Erst auf einen späteren Blick erschließt sich die Tür gegenüber als Eingang zur Gaststätte. Da prangt rechts ein schöner alter Thresen. Da liegen Wendland-Bücher und Informationsmaterial – umrahmt von Gläsern und Getränken. Links zieht sich der schmale Gastraum mit Tischen auf der einen und Bücherregalen auf der anderen Seite lang. Am Ende öffnet sich ein größerer Raum mit freier Fläche und Kinder-Ecke. Wohl der alte Warteraum. Hier finden die Veranstaltungen statt, Lesungen und Konzerte aus der Umsonst-und-drinnen-Sparte.

Der Inhalt der Speisenkarte ist kurz. Und wer Bratkartoffeln in viel Fett und mit haufenweise Schinkenwürfeln mag, der sollte sie hier nicht bestellen. Die hier angebotenen Kartoffeln haben Eigengeschmack und können sich auch ohne Zutaten zeigen. Auf keinen Fall sollte man den Salat auslassen – frisch und köstlich, sofern man rechtzeitig wieder zum Tisch findet und sich nicht zwischen den Bücherregalen festgelesen hat. Die Suppen sind keine Standardsuppen mit Deko, es ist wirklich drin, was die Karte verspricht. Und Vegetarier bekommen hier auch anderes als die Alibi-Gemüse-Pfanne.

Die meisten Bücherregale sind sortiert, aber jeder, der mehr als drei Bücher sein eigen nennt, weiß, das sich jedes Buch in mindestens vier verschiedene Kategorien einordnen läßt. Sucht man etwas Bestimmtes, ist Hilfe vom Bücher-Wirt ratsam. Auf dem Flohmarkt sind die Bücher billiger, doch der Bücher-Bahnhof bietet einfach auch mehr als die Buchklub-Bestseller von Simmel, Cartland und Golon. Wer einen Ausflug in den tiefen Süden des Landkreises macht, sollte genug Zeit für einen Besuch im Bücher-Bahnhof mitnehmen – und Appetit für die kleine feine Speisekarte.




2010-07-27 ; von ZERO / Helmut Koch (autor),

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