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Ausharren in eiskalter Nacht

Tausende warten derzeit auf den Schienen bei Harlingen darauf von der Polizei geräumt zu werden. Gleis- und Straßenblockierer, Landwirte, aber auch Tausende Polizeibeamte harren teilweise seit über 14 Stunden auf Gleisen, Straßen oder mitten im Wald aus. Selbst die Polizeigewerkschaften kritisieren inzwischen den überlangen Einsatz.

Bereits am frühen Morgen, als noch Raureif auf den Wiesen lag und die Sonne kaum aufgegangen war, hatten sich Hunderte auf den Weg in die Hitzackeraner Wälder gemacht.

Während es in Leitstade die Aktion "Castor Schottern" mit unzähligen Aktivisten zu Hunderte auf die Schienen schaffte, besetzten andere rund 500 Teilnehmer der Aktion "Widersetzen" die Gleise bei Harlingen. In Leitstade eskalierte die Situation zwischenzeitlich - Pfefferspray, Tränengas und Schlagstöcke verwandelten den morgendlichen Wald in eine bizarre Kulisse. Dennoch gelang es wohl den "Schotterern" ca. 15 m Gleisbett zu "entschottern".

Bei Harlingen scheiterten unterdessen andere Hundertschaften der Polizei an der Vielzahl von Sitzblockierern von "Widersetzen". Nicht nur, dass es Hunderten gelang, sich auf die Schienen zu setzen, die Polizei konnte nicht verhindern, dass siche weitere rund 1500 Demonstranten zu den bereits Sitzenden zu gesellen.

Doch alle ahnten wohl nicht, wie lange sie dort würden ausharren müssen. Obwohl zahlreiche grössere und kleinere Blockaden den Castorzug auf seiner ganzen Strecke immer wieder aufhielten, erreichte der umstrittene Atommüll-Transport bereits am Nachmittag Lüneburg. Im "Normalfall" wäre er dann rund zwei Stunden später im Verladebahnhof Dannenberg angekommen. So war es geplant.

Doch nicht nur die Blockierer auf den Schienen, sondern auch parallel aufgebaute zahlreiche Straßenblockaden an neuralgischen Punkten beschäftigten über den ganzen Tag hinweg die zur Verfügung stehenden Polizeikräfte. Dazu kamen noch angemeldete Demonstrationen wie die hauptsächlich von bürgerlichen Widerständlern organisierte Pferdeprozession von Langendorf nach Grippel oder die allsonntäglich stattfindende "Stuhlprobe" der älteren Generation am Verladekran. Nicht zu vergessen eine 1200 Personen umfassende Sitzblockade von X-tausendmalquer vor dem Zwischenlager in Gorleben.

So bunt, so vielfältig und so massiv war der Widerstand gegen den Castortransport im Wendland wohl noch nie. Jede/r Atomkraft-Gegner der Region und ungezählte Gäste von außerhalb schien irgendwo im Wendland entweder an den Aktionen beteiligt zu sein oder für Nachschub und Verpflegung zu sorgen.

Folge: die Straßen des Landkreises verwandelten sich an vielen Stellen rings um Dannenberg sowie Richtung Gorleben in No Go Areas. Die Polizei hatte Mühe, Einheiten an "kritische Situationen" zu schicken, selbst der Schichtwechsel funktionierte nur noch mühselig, da viele Zufahrtsstraßen entweder durch Polizeifahrzeuge oder durch Traktoren bzw. PKWs blockiert waren.

Kollegen berichteten zum Beispiel aus Harlingen, dass dort Polizeibeamte teilweise 40 Stunden ohne Schlaf im Dienst waren. "Die mindeste Stundenanzahl an ununterbrochener Dienstzeit, die mir genannt wurde, waren 26 Stunden", so eine Journalistin, die in Harlingen Stunden verbrachte.




2010-11-08 ; von Angelika Blank (autor),

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