Es wird noch etwas dauern, bis dass der Dannenberger Ostbahnhof renoviert ist. Doch etwas ganz Neues hat dort bereits Einzug gehalten: Ein Koch- und Backherd für die Jugendwerkstatt der Diakonischen Einrichtungen. Die Inbetriebnahme des guten Stücks war Anlass, Gästen die Arbeit im Juniorbahnhof vorzustellen.
Junge Menschen für das Kochen begeistern und für rund 20 Hungrige ein gutes Mittagessen zu bereiten: Diese Aufgaben waren am alten Herd kaum noch zu bewältigen. Er war recht betagt und bereitete Christiane Hinkelmann, die in der Werkstatt für den Bereich Hauswirtschaft zuständig ist, zunehmend Kummer. Davon erfuhr Hans-Martin Ulrich aus Gartow, der als ehrenamtlicher Ausbilder der Johanniter die jungen Leute im Juniorbahnhof mit der Ersten Hilfe vertraut macht. Ulrich wiederum fand in der Unabhängigen Wähler-Gemeinschaft (UWG) seines Heimatortes Zustimmung für den Vorschlag, den Herd-Kauf aus dem Erlös des Gartower Weihnachtsmarktes – ihn veranstaltet alljährlich die UWG – zu fördern. Die Gemeinschaft gab 250 Euro hinzu, nun konnte der Herd, der rund 600 Euro kostete, bestellt werden.
Qualifizierung in Hauswirtschaft und Bautechnik
Die Jugendlichen und jungen Erwachsen, die künftig am neuen Herd kochen und backen, zählen zu den 16 bis 20 Ausbildungs- und Arbeitssuchenden, denen die Jugendwerkstatt beim Start ins Berufsleben helfen möchte. Zwei Qualifizierungsbereiche gib es dafür im Ostbahnhof: Hauswirtschaft und Service sowie Bautechnik und Zimmerei.
Service in der Eisenbahn und beim Catering
Schachtel aufreißen, Inhalt in die Mikrowelle – und fertig, so stellt sich bei vielen jungen Menschen das „Kochen“ dar. Dass es auch anders geht, sollen diejenigen erfahren, die sich in der Jugendwerkstatt für Hauswirtschaft entschieden haben und nun abwechslungsreiche und schmackhafte Mahlzeiten zubereiten. Grundrezepte werden vermittelt, Variationsmöglichkeiten aufgezeigt, auch stehen Ernährungslehre, Warenkunde und Textilpflege auf dem Plan. Ihr Geschick im Umgang mit anderen Menschen können die „HauswirtschaftlerInnen“ beim „Service“ zeigen – wenn sie etwa im Zug den Bahnreisenden Getränke und Snacks anbieten oder im Rahmen von Catering-Aufträgen Speis und Trank servieren. Solche Aufträge werden ausschließlich für gemeinnützige Einrichtungen und für Institutionen erledigt, für die das Gesetz den Einsatz von so genannten Ein-Euro-Jobbern gestattet, betont Wolfgang Kraft, Geschäftsführer der Diakonischen Einrichtungen Wendland. Keinesfalls solle der Gastronomie Konkurrenz gemacht werden.
Parkplatz-Schilder für Castor-Tag gefertigt
Die gleichen Regeln werden auch im Qualifizierungsbereich Bautechnik und Zimmerei beachtet. Die Jugendwerkstatt wolle ja den örtlichen Anbietern keine Aufträge wegnehmen, sondern sei vielmehr um ein gutes Verhältnis zum hiesigen Handwerk bemüht, unterstreicht der Geschäftsführer, denn: „Wir möchten doch, dass die jungen Leute dort einen Ausbildungsplatz finden!“ Ihr Geschick zeigten die „Bauleute“ beispielsweise beim Renovieren einer Friedhofskapelle, beim Carport-Bau für eine Kirchengemeinde und unlängst im Vorfeld der Castor-Tage, als sie Hinweisschilder für Bus-Parkplätze und für den Weg zur Großkundgebung anfertigten. Eine große Aufgabe steht im „eigenen Haus“ bevor, sie heißt „Renovierung des Ostbahnhofs“. Der Diakonie obliegt dabei das Innere des Gebäudes. Bei den Vor- und Untersuchungsarbeiten haben die Jugendlichen und jungen Erwachsenen bereits mitgewirkt, und auch wenn‘s richtig zur Sache geht in dem noch recht maroden Hause sind viele fleißige Hände gefragt. Spezielle Arbeiten, etwa im Heizungs- und Elektrobereich, werden selbstverständlich von Unternehmen ausgeführt, bemerkt Wolfgang Kraft.
Gabelstapler-Schein und Erste Hilfe
Fachkundige Anleiter mit entsprechenden Ausbildungs-Befähigungen begleiten in der Jugendwerkstatt die jungen Leute, denen aber nicht nur im Juniorbahnhof, sondern auch außerhalb weitere Möglichkeiten zur Qualifizierung geboten werden. Sie können beispielsweise Lehrgänge zum Erwerb des Gablerstapler- oder des Motorsägen-Scheins besuchen und auch an Erste-Hilfe-Kursen teilnehmen und sich zu Betriebs-Ersthelfern ausbilden lassen. Betriebspraktika vermittelt die Jugendwerkstatt ebenso wie den Kontakt zu Stellen, die in besonderen Lebenslagen gezielte Hilfe anbieten: bei Suchtproblemen etwa oder Schulden.
Rat und Tat bei mancherlei Problemen
Probleme belasten wohl alle jungen Menschen, denen das Team im Juniorbahnhof mit Rat und Tat zur Seite steht. Probleme im persönlichen, im schulischen oder im sozialen Bereich. Es sind junge Leute, die es besonders schwer haben, einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu bekommen, fasst die Leiterin der Jugendwerkstatt, Gesche Meincke, zusammen. Sie freut sich, dass die Werkstatt nun laut einem unlängst erhaltenen Bescheid für weitere drei Jahre Fördermittel erhält und die Arbeit im Bahnhof mittelfristig gesichert ist. Gefördert wird die Jugendwerkstatt, die es seit Mai 2008 gibt, vom Europäischen Sozialfonds, der NBank und der Agentur für Arbeit in Lüchow. Sie ist es auch, die für den Lebensunterhalt der jungen Menschen sorgt, denn sie alle sind Empfänger des Arbeitslosengeldes II, auch Hartz IV genannt – und können sich durch ihre Tätigkeiten im Rahmen der Jugendwerkstatt 1,50 Pro Stunde „dazuverdienen“. „Einige sparen dieses Geld und legen es zurück, um später zur Fahrschule gehen zu können“, weiß Gesche Meincke.
Auch Pünktlichkeit will gelernt sein
Zwischen 14 und 25 Jahre jung können die Menschen sein, die in der Jugendwerkstatt Förderung finden. Für etwa 12 Monate sollen sie dort mitmachen, aber, so bedauert Gesche Meincke: Es gibt leider immer wieder Abbrecher. Der durchschnittliche „Verbleib“ liegt bei acht Monaten. In dieser Zeit bemüht sich das Team im Juniorbahnhof auch, den jungen Leuten den Sinn einer Tagesstruktur zu vermitteln, unter anderem mit dem Ziel, dass alle pünktlich zur Arbeit erscheinen. Nicht immer gelingt das. Doch einige „schaffen es“, und es gibt auch Rückmeldungen wie: „Der hat jetzt einen Lehrstelle!“ So etwas freut das Werkstatt-Team. „Der Erfolg liegt im Kleinen“, sagt Gesche Meincke. Und relativ klein ist auch der Wunsch, den sie noch mit Blick auf den neuen Herd hat: „Schön wär es ja, wenn wir noch eine Dunstabzugshaube bekämen.“ Vielleicht findet sich ja ein Gönner oder eine Gönnerin!
Foto: Am neuen Herd (von links): Bernd Kreutzkamp von der UWG Gartow, Spenden-Initiator Hans-Martin Ulrich und Christiane Hinkelmann, Leiterin des Bereichs Hauswirtschaft und Service im Juniorbahnhof.
Foto: Hagen Jung