Eines machte der Bericht des Kreisjägermeisters im letzten Kreistag sehr deutlich: Wölfe machen bei weitem nicht die Probleme wie Wildschweine, Nutrias oder Waschbären. Und auch die herannahende Afrikanische Schweinepest macht nicht nur den Jägern Sorgen.
Über 2800 Wildschweine haben Jäger der Region in der Jagdsaison 2016/2017 abgeschossen, berichtete Kreisjägermeister Gebhard Schüssler kürzlich vor dem Kreistag. Von Jägern ist zu hören, dass trotz der hohen Abschussquote immer noch geschätzte 5000 - 6000 Schwarzkittel in Lüchow-Dannenbergs Wäldern leben.
Nicht nur den Deichverantwortlichen ist die hohe Anzahl an Wildschweinen ein Dorn im Auge. Regelmäßig müssen sie bei den Deichschauen feststellen, dass wichtige Schutzwälle auf hunderten Metern derart aufgewühlt sind, dass im Falle eines Hochwassers die Standsicherheit gefährdet ist.
Doch es gibt noch eine andere Gefahr, die von den Wildschweinen ausgeht: die Afrikanische Schweinepest kann über Wildschweine - direkt oder indirekt - auf Hausschweine übertragen werden. Schon beim Bauerntag in Lüchow hatte der agrarpolitische Sprecher der CDU, Helmut Dammann-Tamke, vor der Einschleppung dieser für Schweine lebensgefährlichen Krankheit gewarnt. "Es ist nicht die Frage, ob die Afrikanische Schweinepest kommt, sondern wann", war auf dem Bauerntag von ihm zu hören.
Und auch Kreisjägermeister Gebhard Schüssler warnte in seinem Jahresbericht vor der ASP und appellierte an die Jäger, die Bejagung von Wildschweinen zu intensivieren.
Hintergrund: Das Friedrich Loeffler-Institut (FLI) geht in seiner Risikobewertung von Juli 2017 für die Enschleppung von ASP nach Deutschland von einem "hohen" Risiko aus. Das höchste Risiko sieht das FLI allerdings in der illegale Verbringung und Entsorgung von kontaminiertem Material nach Deutschland. Ebenso als "hoch" wird das Risiko des Eintrags durch kontaminiertes Schweinefleisch oder daraus hergestellte Erzeugnisse entlang des Fernstraßennetzes durch Fahrzeuge oder Personen eingeschätzt. Das Risiko einer Einschleppung durch den Jagdtourismus
und das Mitbringen von Jagdtrophäen aus betroffenen Regionen bewertet das FLI nur als mäßig. Ebenso als mäßig beurteilt das FLI das Risiko eines Eintrags der ASP durch direkten Kontakt zwischen infizierten Wildschweinen.
Allerdings: die ASP breitet sich in Osteuropa immer mehr aus. Im Juli 2017 hatte sie den Osten Polens erfasst. Und auch im Südosten Tschechiens sind die ersten Fälle aufgetreten.
Nutrias und Waschbären nehmen immer mehr zu
Laut dem Bericht des Kreisjägermeisters hat die Anzahl der Nutrias trotz scharfer Bejagung im Vergleich zu 2016 noch einmal zugenommen. 1296 Tiere konnten in der vergangenen Jagdsaison erlegt werden - tatsächlich sind es auch hier drei- bis viermal so viele Tiere, die sich an Flussläufen und in Brackwässern tummeln. Auch sie richten an den Deichen viel Schaden an.
Um die immer mehr wachsende Nutria-Population in den Griff zu bekommen, zahlt die Jägerschaft nun 6,- Euro Prämie für jeden abgelieferten Nutriaschwanz.
Und auch die Hoffnung, dass die Waschbärenpopulation durch die Staupe massiv reduziert werden würde, hat sich nicht erfüllt. Statt dessen leben im Landkreis wieder fast so viele Waschbären wie im Jahr vor der Staupe. Wälder und leerstehende Häuser sind dabei die beliebtesten Heime der gefräßigen Kletterer.
Und natürlich: der Wolf
Schüssler geht davon aus, dass im Landkreis inzwischen 30 - 40 Wölfe leben. Er ist der Ansicht, dass der "gewaltige Rückgang" des Damwilds im Raum Gartow auf die Anwesenheit der Wölfe zurückzuführen ist. Und auch das Muffelwild ist nach Schüssler inzwischen aus dem Abschussplan gestrichen worden, weil es davon nur noch wenige Tiere in den heimischen Wäldern gibt. Auch für diesen Rückgang macht Schüssler Wölfe verantwortlich. (Wieviel Mufflons Jäger vor dem Auftreten der Wölfe abgeschossen haben, blieb in seinem Bericht allerdings im Dunkeln). Wildschweine stehen dagegen kaum auf dem Speiseplan von Wölfen, so dass sich diese ungehindert ausbreiten können.
"Wir sind nicht scharf darauf, den Wolf ins Jagdrecht zu bekommen," so Schüssler. "Wir werden aber überlegen müssen, wann wir reagieren, um den Wildbestand in den Wäldern zu erhalten." Hauptgrund für seine Ablehnung der Aufnahme ins Jagdrecht ist, dass Jäger nach dem Niedersächsischen Jagdgesetz durch die Aufstellung ihrer Abschusspläne auch das Auftreten von Wildschäden soweit wie möglich reduzieren sollen. Schüssler befürchtet außerdem, dass die Jäger bei Wolfsrissen verantwortlich gemacht werden könnten.
Mit anderen Worten: richtet ein Wildtier im Jagdbezirk zu viele Schäden an, muss der für den Bezirk zuständige Jäger verstärkt auf die Pirsch gehen und so viele Tiere erlegen, dass die Wildschäden wieder ein geringeres Maß erreichen. Aus diesem Grunde wurde zum Beispiel die Schonzeit für Wildschweine aufgehoben - lediglich Bachen und Keiler dürfen zwischen Februar und Juni nicht abgeschossen werden.
Die Jäger als Naturschützer - teilweise Aufhebung der Jagdsteuer
Jagdberechtigte zahlen nicht nur Steuern auf die Jagdpacht, sondern auch auf die Durchführung von Jagdessen und -bällen sowie auf Wildschadensentschädigungen. Diese Steuern füllen den Haushalt des Landkreises alljährlich mit rund 200 000 Euro. Rund 4000 Euro davon waren Steuern auf die sogenannten "Nebenleistungen" wie eben Jagdessen etc.
Um die Rolle der Jäger als Naturschützer und Arterhalter zu würdigen, hatte die Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) beantragt, dass den Jägern diese "Nebensteuern" erlassen werden. Gegen die Empfehlung der Verwaltung beschloss der Kreistag im Dezember, dass diese Steuern nicht mehr eingefordert werden.
Foto | Angelika Blank: Wildschweinschäden an den Deichen lösen alljährlich bei den Deichverantwortlichen massive Sorgen aus - wie hier bei der Herbstdeichschau 2016 an den Quarnstedter Deichen in Gartow.