Die abgeschätzte Strahlenbelastung im Endlager Asse ist zu gering, als dass dadurch nach dem Stand von Wissenschaft und Technik bei den Beschäftigten nachweisbar Krebserkrankungen ausgelöst werden könnten. Das ist das Ergebnis des ersten Schrittes des Gesundheitsmonitorings Asse (GM Asse), welches das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) am Donnerstag vorlegte.
Grundlage für die Einschätzung des BfS waren die vorhandenen Mess- und Beschäftigungsdaten des früheren Betreibers Helmholtz Zentrum München (HMGU) abgeschätzt.
"Damit liegt erstmals eine umfassende, aussagefähige Dokumentation der Strahlenbelastung für alle 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor, die von 1967 bis 2008 bei der Schachtanlage Asse II beschäftigt waren," so das BfS in einer Erklärung. "Seit dem Beginn der Einlagerungen radioaktiver Abfälle 1967 stellte die jeweils geltende Strahlenschutzverordnung die Anforderungen an die Strahlenschutzüberwachung der Beschäftigten und die Dokumentation dieser Daten. Das BfS hat alle vorliegenden strahlenschutzrelevanten Daten ausgewertet."
Die obersten Strahlenwächter können aber nicht ausschließen, dass es in Einzelfällen zu höheren Strahlenbelastungen gekommen ist, die nicht dokumentiert worden sind. In einem zweiten Schritt des Gesundheitsmonitoring Asse sollen nun die Einzelfälle genauer untersucht werden. Das BfS betont jedoch, dass für die Beschäftigten insgesamt die vorhandene Datenbasis jedoch wissenschaftlich belastbar ist.
Strahlenbelastung unter Grenzwert
Im ersten Schritt des Gesundheitsmonitorings hat das BfS die sogenannte Gesamt-Berufslebensdosis ermittelt. Das ist die Strahlendosis, der jeder Beschäftigte im Laufe seiner beruflichen Tätigkeit auf der Schachtanlage Asse ausgesetzt war. Diese Gesamt-Berufslebensdosis liegt im Durchschnitt bei zwölf Millisievert und im höchsten Fall bei einem Beschäftigten bei 115 Millisievert. Diese Werte liegen unter dem Grenzwert für die Berufslebensdosis von 400 Millisievert.
Allerdings weist das BfS darauf hin, dass grundsätzlich jede Strahlenbelastung mit einem gewissen Krebsrisiko verbunden ist. "Die für die rund 700 Beschäftigten ermittelte Strahlenbelastung von durchschnittlich zwölf und höchstens 115 Millisievert im Laufe ihrer beruflichen Tätigkeit auf der Asse liegt in einem Dosisbereich, der weit niedriger bis etwa gleich hoch ist wie die natürliche Strahlenbelastung", ist das Ergebnis der Studie.
Ziel des Gesundheitsmonitorings soll es sein, die Strahlenbelastung aller 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umfassend zu dokumentieren, die von 1967 bis 2008 im Endlager Asse beschäftigt waren. Außerdem geht es darum, die individuelle Strahlenbelastung der Mitarbeiter abzuschätzen und das damit verbundene Risiko einer Krebserkrankung zu bewerten.
Berufliche Strahlenbelastung untersucht
Für die Zeit der Einlagerung (1967-1978), der Umlagerung (bis 1980) sowie für die Phase danach (1981-2008) wurden alle vorhandenen Messdaten des früheren Betreibers HMGU vom BfS gesichtet, auf Belastbarkeit geprüft und ausgewertet, um die berufliche Strahlenbelastung zu ermitteln. Darüber hinaus wurden auch andere Quellen ausgewertet.
Anfang 2009 traten einige ehemalige Beschäftigte der Schachtanlage Asse II, die an Krebs erkrankt waren und die ihre Erkrankung auf ihre Tätigkeit in der Schachtanlage Asse II zurückführen, an die Öffentlichkeit. Daraufhin hat das BfS das Gesundheitsmonitoring gestartet. Mit dem Gesundheitsmonitoring wollte das BfS auch Widersprüchen nachgehen, auf die Mitarbeiter bezüglich ihrer Strahlenbelastung hingewiesen hatten.
Insgesamt umfasst das Gesundheitsmonitoring Asse 692 Personen. Darunter sind 433 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zwischen April 1967 und Dezember 2008 bei der Schachtanlage Asse II beschäftigt waren und für die die Möglichkeit einer beruflichen Strahlenbelastung bestand. Vorsorglich wurden auch 188 Beschäftigte berücksichtigt, für die rückwirkend nicht geklärt werden konnte, ob sie jemals unter Tage gearbeitet haben. Zusätzlich wurden 71 Mitarbeiter von Fremdfirmen in das Gesundheitsmonitoring Asse aufgenommen.
Die Asse GmbH, die vom BfS mit der Betriebsführung beauftragt wurde, wird nun im zweiten Schritt des Gesundheitsmonitorings alle ehemaligen und derzeitigen Beschäftigten anschreiben und über die Ergebnisse des ersten Schrittes informieren. Allen Beschäftigten wird in diesem zweiten Schritt das Angebot gemacht, auf Anfrage ihre individuelle Strahlendosis mitgeteilt zu bekommen. Die persönliche Strahlenbelastung und das damit verbundene Gesundheitsrisiko werden abgeschätzt, bewertet und erklärt. Dabei greift das BfS auf die Ergebnisse des ersten Schrittes des Gesundheitsmonitorings Asse zurück, bezieht aber auch zusätzliche belastbare persönliche Angaben mit ein.
Umfangreiches Material zum "Gesundheitsmonitoring Asse" findet sich hier.
DIE LINKE: Kein Grund zur Entwarnung
"Ein Grund zur Entwarnung ist die heute vorgestellte Studie nicht. Bei dem Gesundheitsmonitoring wurden vor allem die theoretische Gefahren anhand alter Datenaufzeichnungen überprüft . Es bleiben schon viele Fragen offen , weil es keine Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit dieser Daten gibt. Wir nehmen besorgt Hinweise von ehemaligen Asse-Beschäftigten zur Kenntnis, die sich nicht ernst genommen fühlen. Auch mit dem Gesundheitsmonitoring kann keine Sicherheit suggeriert werden, da mit dem Asse-Atommüll in den vergangenen Jahrzehnten unsicher, fahrlässig und verharmlosend umgegangen wurde", so Victor Perli, Abgeordneter der Fraktion DIE LINKE im Landtag aus Wolfenbüttel.
GRÜNE: Gesundheitsmonitoring Asse wirft weitere Fragen auf
Das am Donnerstag vorgestellte Gesundheitsmonitoring für Beschäftigte und ehemalige Beschäftigte des Atommülllagers Asse wirft nach Ansicht des Fraktionsvorsitzenden der Landtagsgrünen Stefan Wenzel weitere Fragen auf. So bleibe offen, ob die zur Auswertung eingereichten Dosimeter tatsächlich von den Beschäftigten getragen wurden. Aussagen von ehemaligen Beschäftigten ließen vermuten, dass in einigen Fällen die Dosimeter in der Schublade lagen, während die Beschäftigten im Bergwerk arbeiteten. "Wenn man unbenutzte Dosimeter zur Auswertung geschickt hat, waren geringe Belastungswerte vorprogrammiert", sagte der Grünen-Politiker.
Unklar sei auch, ob in dem Gesundheitsmonitoring wirklich alle Arbeiter von Fremdfirmen erfasst wurden, da viele Tätigkeiten in der Asse nicht von festangestellten Mitarbeitern der Gesellschaft für Strahlenforschung (GSF) beziehungsweise des Helmholtz-Zentrums erledigt worden seien, sondern von beauftragten Dienstleistungsunternehmen.
"Insgesamt müssen die Ergebnisse vor dem Hintergrund der erhöhten Zahl von Leukämieerkrankungen in der Samtgemeinde dringend auf Plausibilität geprüft werden", forderte Wenzel. Festzuhalten sei, dass jede zusätzliche Strahlenbelastung das Krebsrisiko erhöhe.
Misstrauisch machen müsse auch die Tatsache, dass der ehemalige Betreiber die Personalakten erst mit großer zeitlicher Verzögerung an das Bundesamt für Strahlenschutz ausgeliefert hat. "Es muss ausgeschlossen werden, dass hier eine Sichtung und eine Filterung kritischer Krankenakten erfolgt ist", sagte der Grünen-Politiker.
Wenzel geht davon aus, dass sich der Untersuchungsausschuss Asse das Gesundheitsmonitoring im Detail vorstellen lässt.
Foto: Robin Wood-Protest gegen das Atommüll-Lager Asse