Mit Urteil vom 10. April hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Rechte von Anwohnern atomarer Anlagen deutlich gestärkt. Das Gericht bescheinigte den Anwohnern einen sogenannten "Drittschutzanspruch", d.h. sie können vom Betreiber spezielle Schutzmaßnahmen verlangen - und ganz wichtig: der Betreiber muß die Anwohner auch über Schutzkonzepte informieren.
Das Urteil umfasst ausdrücklich auch atomare Zwischenlager, denn geklagt hatte ein Nachbar des stillgelegten Atomkraftwerks Brunsbüttel. Er wehrt sich die - schon erteilte - Genehmigung des angrenzenden Zwischenlagers, weil er Gefahren und Sicherheitsmängel im Falle von terroristischen Angriffen sieht.
Das Bundesverwaltungsgericht entschied nun, dass die staatliche Terrorbekämpfung den Anlagenbetreiber nicht von der Pflicht, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, entbindet. Nach dem Urteil des BVG können Anwohner die Schutzkonzepte der Betreiber auch gerichtlich überprüfen lassen. Die Gerichte sahen das bis jetzt anders, sprachen den Anwohnern immer wieder ein individuelles, besonderes Schutzrecht ab.
"Die Anwohner von Atomanlagen seien einem 'besonderen Risikopotenzial' - auch durch mögliche Terroranschläge - ausgesetzt," so Richter Sailer. Deshalb sei es nach Auffassung des Gerichts 'bundesrechtswidrig', ihnen das Recht auf eine gerichtliche Überprüfung ihres individuellen Schutzes etwa vor gezielten Flugzeugabstürzen oder Angriffen mit panzerbrechenden Waffen abzusprechen.
Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow Dannenberg (BI) begrüßt das Grundsatzurteil des Leipziger Bundesverwaltungsgerichts, Anwohnern von Atomanlagen Klagerecht zu gewähren und überlegt weitere juristische Schritte gegen das Gorlebener Zwischenlager.
Zum Gorlebener Zwischenlager hatte Greenpeace schon Ende 2001 beim Bundesamt für Strahlenschutz einen Antrag auf Widerruf der Betriebsgenehmigung gestellt. Eine gründliche Prüfung wurde zwar zugesagt, 2003 musste aber Untätigkeitsklage eingereicht werden. Erst Ende 2007 hat das BFS eine TÜV-Zusammenfassung zur Verfügung gestellt. Greenpeace prüft derzeit das weitere Vorgehen.
Foto: Zwischenlager Gorleben. Timo Vogt/randbild.de