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KX07 geht auf große Überfahrt


Mitte der 80er Jahre ging der Stückgutfrachter Cap San Diego auf seine letzte große Überfahrt. Seit vergangener Woche präsentiert das heutige Museumsschiff in seinem Bauch eine Ausstellung der wendländischen Künstlergruppe KX07.


"Noch nie ist es Ankern und Tauen oder Fesseln anderer Art gelungen, Menschen vom Reisen in andere Wirklichkeiten abzuhalten," so Dannenbergs Bürgermeisterin Elke Mundhenk bei ihrer Ansprache zur Eröffnung des Ausstellungsprojektes "Gesellschaft für sonst was und über see – die große Überfahrt“ von sechs Künstlerinnen der Gruppe KX07. Und erst recht geling dies nicht bei den phantasiovollen Künstlerinnen der Gruppe KX07: mit ihrem Kunstprojekt, dass jetzt auf dem Hamburger Museumsschiff Cap San Diego eröffnet wurde wollen sie die Besucher zu imaginären Reisen locken, sie entführen in ferne Welten - die doch manchmal so naheliegen.

"Die große Überfahrt" ist die erste von drei Ausstellungen innerhalb eines dreijährigen Kunst-Projekts, welches die Künstlerinnen Uta Helene Götz, Hanínga Thiel, Irmhild Schwarz, Babette Schwaderer, Astrid Clasen und Anna Wiesinger im vergangenen Jahr begannen. In Anlehnung an frühere Expeditionsgesellschaften gründete sich die "gesellschaft für sonst was und über see", sozusagen als "Dachverband für weitere Unternehmungen", wie es Hanínga Thiel in ihrer Vernissagenrede beschrieb.

Ein Jahr lang erforschten die Künstlerinnen spielerisch unbekannte Welten. " Wir wurden zu Weltenbummlerinnen, die alle möglichen und unmöglichen Ziele und Gedanken zur imaginären Reise suchten und fanden," so Hanínga Thiel. "Als besonders reizvoll schien uns, das, was Reisen auch ausmachen kann, mit einzukalkulieren, vielleicht sogar ein bißchen zu forcieren, nämlich das Gescheiterte, die Lücken und auch das Nichtpassierte."

Dabei lagen die unbekannten Welten nicht unbedingt an realen fernen Orten. Vielmehr erkundete die Künstlerinnengruppe all die fiktiven Orte wie Mittelerde, Entenhausen, Eldorado oder das sagenhafte Atlantis. Orte, die es (vermutlich) nie gab und die doch in vielen Köpfen Phantasie und Sehnsucht auslösen. Auch innere Orte wurden zum Ziel der Reisen.

Nicht ganz einfach war die Präsentation der Installationen, Gemälde, Holzschnitte oder Skulpturen im Bauch des ausgedienten Frachtschiffes - Herausforderung und Inspiration gleichzeitig für die Künstlerinnen. Mitten zwischen ausgedienten Transportsäcken hängen zum Beispiel die Bilder von Babette Schwaderer. Es gelang eine Ausstellung, die die Besucher nicht nur zum Reisegefährten macht, sondern sie auch auf eigene (innere) Reisen schickt.

Ein Stückgutfrachter als Heimstätte für die Kunst

Als die Künstlerinnen begannen, sich mit der Idee der "großen Überfahrt" zu beschäftigen, ahnten sie noch nicht, dass sie ihre erste Ausstellung im Bauch eines ausgedienten Überseeschiffes machen können. "Als klar war, wie unser Projekt aussehen würde, sind wir auf die Suche nach Ausstellungsmöglichkeiten gegangen und fanden in der Cap San Diego einen genialen Raum, der die Thematik in ganz besonderer Weise repräsentiert," so Irmhild Schwarz.

Seit 1961 war die Cap San Diego (später in Sangria umbenannt) auf dem Meer zwischen Hamburg und Südamerika unterwegs, holte Kaffee, Fleisch oder Fruchtsaftkonzentrat nach Hamburg, brachte Autos, Maschinen oder auch lebende Kühe nach Südamerika. Und auch rund ein Dutzend Passagiere konnten die rund sechzig Tage dauernde Rundfahrt zwischen den beiden Kontinenten in klimatisierten Kabinen genießen. Ein Swimmingpool mit Bar an Deck, ein separater Speisesaal sowie eine komfortable Lounge gehörten ebenso zu Schiff wie ausgedehnte Laderäume unter Deck. 

Was lag also näher als das Kunstprojekt von KX07 auf dem heutigen Museumsschiff an der Überseebrücke zu präsentieren? Letzte Woche war es nun soweit. Am Freitag Abend wurde unter dem Beisein der stellvertretenden Landrätin und Bürgermeisterin von Dannenberg, Elke Mundhenk, die Ausstellung auf der Cap San Diego eröffnet. Zur Ausstellung ist übrigens eine Mappe erschienen, die jeweils eine Arbeit zum Thema von jeder der Künstlerinnen enthält. 

Das KX07-Projekt ist auf drei Jahre angelegt. Im nächsten Jahr ist erneut eine dann weiter entwickelte Werkschau auf der Cap San Diego geplant. 2016 soll die Reise wieder in die Heimat gehen. Auch dann ist ein Ort des Abschieds und der Wiederkehr Schauplatz der Ausstellung: der Dannenberger Ostbahnhof.

Wer jetzt an der Überseebrücke in Hamburg mit auf die Reise gehen will, hat noch bis zum 31. August zu den Museums-Öffnungszeiten (täglich von 10 bis 18 Uhr) Gelegenheit dazu. Am 1. August gibt es übrigens noch die Gelegenheit, mit der Cap San Diego auf einen Dämmertörn auf die Elbe und durch den Hamburger Blue Port zu gehen. Zu buchen ist die Fahrt hier! Und am folgenden Tag, dem 2. August nimmt das Museumsschiff an der großen Schiffsparade im Rahmen der "Hamburg Cruise Days" teil. An beiden Tagen ist die Ausstellung nur für Teilnehmer der Fahrt zu besichtigen. Die Fahrt zur Schiffsparade ist allerdings schon ausgebucht.

Foto: Die Künstlerinnen in einem Ladekorb der Cap San Diego (von links): Anna Wiesinger, Irmhild Schwarz, Uta Helene Götz, Astrid Clasen, Hanínga Thiel, Babette Schwaderer.





2014-07-29 ; von Angelika Blank (autor),
in Landungsbrücken, 20459 Hamburg, Deutschland

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