Der einzige inhaltliche Tagesordnungspunkt auf der ersten Kreistagssitzung beschäftigte sich mit Gorleben: so beschloss das Gremium, beim nächsten Castortransport eigene Messungen der Strahlenbelastung durchführen zu lassen. Des weiteren kündigte Landrat Jürgen Schulz an, weiterhin zu prüfen, inwieweit der Landkreis gegen die weitere Einlagerung von Atommüll klagen kann.
Nach einem Antrag der Gruppe X soll die Verwaltung während des kommenden Castortransports eigene Messungen der Strahlenbelastung an der Transportstrecke, insbesondere am Verladekran Dannenberg unter Zuhilfenahme Regierungsunabhängiger Organisationen wie Greenpeace oder der Fachgruppe Radioaktivität vornehmen (lassen).
Mit dem mit 24 Ja-Stimmen, 11 Nein-Stimmen und einer Enthaltung mehrheitlich angenommenen Antrag appelliert der Kreistag zudem an das Niedersächsische Ministerium für Umwelt und das Niedersächsische Innenministerium, derartige Messungen zuzulassen, zu ermöglichen und erforderliche Amtshilfe zu leisten.
Klage gegen den Castortransport?
Der Atomausschuss des Landkreises hatte in seiner letzten Sitzung beschlossen, dass der Landkreis versuchen solle, wegen der erhöhten Strahlenbelastung gegen die weitere Einlagerung von Atommüll in das Zwischenlager zu klagen.
Doch eine "gutachterlicher Stellungnahme" des hausinternen Justiziariats sieht eine "Drittanfechtung der Transportgenehmigung für den nächsten Castor" durch den Landkreis bereits aus Rechtsgründen als aussichtslos an.
Als Beleg führt Kreis-Justitiar Hilbig mehrere Urteile von Oberverwaltungsgerichten an, die derzeit als höchstrichterliche Rechtsprechungen gelten. Demnach wurde unisono von den Gerichten den jeweiligen Gemeinden bzw. Landkreisen das Recht abgesprochen, gegen eventuell verletzte Rechte ihrer Bürger/Einwohner klagen zu dürfen. Nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz ist eine Gemeinde zum Beispiel "... nicht berechtigt, sich durch Anrufung der Verwaltungsgerichte für den Schutz allgemeiner öffentlicher Belange einzusetzen oder als Sachwalter privater Interessen aufzutreten. ... "
Nach Angaben des Justiziars hatte der Landkreis Lüchow-Dannenberg bereits im Jahre 2001 als Straßenbaulastträger und Eigentümer von Kreisstraßen gegen den Castortransport wegen mangelnder Tragkraft der für den Transport vorgesehenen Straßen geklagt. Auch diese Klage war nicht erfolgreich.
Landrat Jürgen Schulz will dennoch eventuelle Klagemöglichkeiten weiter prüfen lassen, denn er mag nicht einsehen, warum eine höhere Hintergrundbelastung, die durch belastete "Tschernobyl"-Erde (verbaut im Umgebungswall) bzw. radioaktiv belasteten Schotter auf dem das Zwischenlager umlaufenden Weg entstanden ist, nicht früher berücksichtigt wurde. "Ich verstehe nicht, warum die GNS bei einem so sensiblen Projekt wie dem Zwischenlager nicht mehr auf die Reinheit des Baumaterials geachtet hat", so Schulz am Rande der Kreistagssitzung.
Anmerkung: Sowohl die durch Tschernobyl radioaktiv belastete Erde als auch der belastete Schotter wurden in der Umweltausschuss-Sitzung am Montag durch Vertreter des Niedersächsischen Umweltministeriums als Grund für die höhere Hintergrundbelastung genannt.
Foto: Castor V19 / 102 dieser oder ähnlicher Castorbehälter mit hoch radioaktivem Abfall lagern bereits im Zwischenlager Gorleben. Mit dem Transport im November kommen noch einmal rund ein Dutzend Behälter hinzu.