Der Versuch des Landkreises Lüneburg, die Schlieffenkaserne wieder
für zivile Zwecke zu nutzen, hatte unterdessen die letzten Tage erneut Unklarheiten im
Standortsuchgesetz offenbart: die Bundespolizei will das Gelände nicht freigeben,
weil es für einen "polizeilichen Großeinsatz" im Jahre 2015 gebraucht
würde. Auch das Bundesinnenministerium kann derzeit dazu keine klare
Aussagen machen. Der Radiosender ffn hatte sich an des Bundesinnenministerium gewandt, um über diesen Weg zu erfahren, ob und wann mit einer Freigabe des Geländes zu rechnen sei. Die Antwort der Pressestelle des BMI lässt ahnen, dass man auch in der Bundesregierung derzeit nicht weiß, wie mit den anstehenden Atommüll-Transporten aus La Hague im Jahre 2015 umzugehen ist. (Hintergrund: bei den bisherigen Castortransporten wurden in der Lüneburger Kaserne regelmäßig 4000 bis 5000 Bundespolizisten untergebracht).
"Im Hinblick auf das
verabschiedete Standortauswahlgesetz für ein Endlager finden zu den
Fragestellungen der organisatorischen Umsetzung gegenwärtig Gespräche
mit den Beteiligten statt, heißt es in dem Antwortschreiben des BMI an Radio ffn . "Sobald hierüber endgültige Ergebnisse
vorliegen, kann über die weitere Nutzung der Liegenschaft abschließend
entschieden werden. Mit einem Abschluss der Prüfung ist im Laufe des
Jahres zu rechnen."
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter teilte jedoch am Mittwoch auf Nachfrage von wnet mit, dass bis zum heutigen Tage kein "Antrag auf einen Transport von Glaskokillen aus La Hague für ein Zwischenlager in Deutschland" vorliegt. Darüber hinaus gibt es auch keine Einlagerungsgenehmigung für den aus La Hague erwarteten Atommüll. Das Verfahren, um eine Transportgenehmigung zu erhalten, würde also mindestens zwei Jahre dauern - falls eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss, sogar rund drei Jahre.
BI Umweltschutz: "Viele Ungereimtheiten"
Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) macht unterdessen weiter
Druck, um einen Castortransport im Jahr 2015 zu vereiteln. Die
Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte ein Kurzgutachten vorgelegt,
aus dem hervorgehe, dass das novellierte Atomgesetz eine Lücke enthält:
21 Transporte mit hochradioaktiven Spaltlösungen müssen in
kraftwerksnahe Zwischenlager verbracht werden, die 5 Castoren mit
verfestigten Dekontaminations- und Spülwässern aus La Hague seien
hingegen nicht von diesem Gesetzestext abgedeckt. Für die Einlagerung
der Castoren an anderer Stelle müssten Anträge beim Bundesamt für
Strahlenschutz (BfS) eingereicht werden, das sei bislang in keinem Fall
erfolgt, erfuhr die BI.
Nicht gerade beruhigend sei zudem die "Klarstellung" seitens des
Bundesinnenministeriums gegenüber Radio ffn. "Politische Absichtserklärungen reichen nicht, auch wenn sie
entschlossen und markig klingen, es gibt zu viele Ungereimtheiten",
heißt es seitens der BI. So hatte der niedersächsische Umweltminister
Stefan Wenzel (Grüne) erklärt, dass es bei dem Beschluss bleibe, keine
Castoren mehr nach Gorleben zu bringen, das sei Teil der Parteien
übergreifenden Verabredung, die Endlagersuche neu zu starten.
"Wir haben
deshalb die beiden Bundestagsabgeordneten Julia Verlinden (Grüne) und
Hiltrud Lotze (SPD) angeschrieben und angeregt, dass der
wissenschaftliche Dienst des Bundestages den Gesetzestext und die
möglichen Konsequenzen prüft", teilt BI-Sprecher Wolfgang Ehmke mit.
"Gibt es eine Lücke im Gesetz, dann muss es novelliert werden. Denn den
Castor 2015 verhindern wir jetzt und nicht, wenn es zu spät ist!"