Am Wochenende beschäftigte sich eine Fachtagung der Bürgerinitiative Umweltschutz intensiv mit geologischen aber auch politischen Aspekten der geplanten Endlagerung im Salzstock Gorleben. Diverse Fachleute stellten ihre Ergebnisse vor und diskutierten mit rund 200 Interessierten.
"Längst wurde eingestanden, dass der Ausbau Gorlebens als Atommüllendlager in Teilen schon umgesetzt wurde. Gorleben wird quasi bis zur Fertigstellung als Atommülldeponie erkundet, und zwar ohne formale Beteiligung der Öffentlichkeit", hält die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) im Fernduell dem niedersächsischen Umweltminister entgegen:"Sander weiß nicht, wovon er spricht".
Am Freitag und Samstag hätte sich der Umweltminister auf einer Fachtagung der BI in Dannenberg/Elbe schlau machen können. Landtags- und Bundestagsabgeordnete der LINKEN, der SPD und der Grünen wie auch Kreispolitiker der Gruppe X waren der Einladung der Bürgerinitiative gefolgt. "Angeblich suchen CDU und FDP den Dialog, die CDU - Landtagsabgeordnete Karin Bertholdes-Sandrock hingegen beklagte in der letzten Kreistagssitzung lediglich, dass die Einladung an alle Kreistagsabgeordneten über das Kreishaus weitergeleitet wurde - erschienen ist von der Fraktion niemand. Auch Vertreter des Niedersächsischen Umweltministeriums glänzten - trotz Einladung - durch Abwesenheit", sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.
Nach Erkenntnissen der Bürgerinitiative wurden die geplanten Einlagerungsbereiche in Gorleben ohne formellen Antrag verschwenkt, damit sollen Sperrgrundstücke des Grafen von Bernstorff und der Kirchengemeinden untertägig umgangen werden. Dass ein solches Verfahren fragwürdig ist und gedeckelt wurde, belegten Mathias Edler, Greenpeace, und der Diplom-Geologe Ulrich Schneider anhand von Folien und internen Vermerken aus dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) aus den 90er Jahren.
Die Genese des Problems, den Zusammenhang zwischen der Wahl der Asse II als "Versuchsendlager" für Gorleben und Gorleben selbst beleuchtete eingangs der Historiker Detlev Möller. Der Historiker, der seit kurzem beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) beschäftigt ist, lieferte den Beleg, dass die Asse II illegal als Endlager genutzt wurde, obwohl die Gefahr von unberechenbaren Wasserzuflüssen absehbar war.
Edler präsentierte Ausschnitte aus der Fleißarbeit, rund 12.000 Aktenseiten durchgesehen zu haben. "Belegbar ist", so Edler, "dass Gorleben nicht Ergebnis eines wissenschaftlichen Auswahlverfahrens ist, sondern unter dem Druck der Bundesregierung unter Helmut Schmidt (SPD) innerhalb 14 Tagen aus dem Hut gezaubert wurde. Das Nukleare Entsorgungszentrum musste her, um einen Entsorgungsnachweis für den Bau von Atomkraftwerken zu liefern, die Geologie spielte eine völlig untergeordnete Rolle."
Resümee der BI: "Jetzt wissen wir, es gibt illegale und genehmigte Endlager, die Asse II und Morsleben, beide sind havariert. Und es gibt ein virtuelles Endlager - Gorleben galt bis zum Jahr 2000 als Entsorgungsnachweis, obwohl dort angeblich nur ergebnisoffen erkundet wurde. Es ist absurd, Atomkraftwerke weiter laufen zu lassen, ohne Atommüllendlager. Gorleben ist völlig vermurkst."
Ab Mittwoch werden sich auch Atomkraftgegner aus dem Wendland auf den Weg machen, um an der für das Wochenende geplanten Menschenkette zwischen den AKWs Krümmel und Brunsbüttel teilzunehmen.
Foto: Andreas Conradt, publixviewing / Auch Wilhelm Hund vom Bundesamt für Strahlenschutz nahm an der Fachtagung teil.
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