Dannenberg: Querelen um Siedlungsgebiet am Querdeich
Bisher sind es nur ein paar alte Schrebergärten, aber
sie sorgen für heftigen Streit: Um das potentielle
Baugebiet Querdeich, neben dem neuen DRK-Altenheim gelegen, wird in Dannenberg eine
erbitterte Auseinandersetzung geführt.
Protagonisten
in diesem Drama sind zum einen Vertreter der Stadt Dannenberg, Teile
des Stadtrats und die Kaufmannschaft. Auf der anderen Seite stehen das
DRK und eine regionale Handwerker- und Investorengruppe um
Bauunternehmer Michael Wieczorek aus Hitzacker.
Das Problem: Beide Seiten haben in diesem Konflikt gewichtige Argumente.
Es gibt keine einfache Lösung in der Causa Querdeich. Aber es gäbe eine
- zumindest aus der Sicht von Politik und Verwaltung.
Der Reihe nach: Die Handwerksbetriebe und Investoren um Michael
Wieczorek wollen am Dannenberger Querdeich „bezahlbaren Wohnraum“
schaffen“ - der „Campus Gartenstadt sieht „generationsübergreifende
Wohnbebauung in Zentrumsnähe“ vor.
Das Problem: Diesen an sich „hervorragenden Plan“ (Bürgermeisterin Elke
Mundhenk, Die Grünen) hat die Investorengruppe erst einen Tag vor der
Ratssitzung vorgestellt, auf der ein ganz anderes Projekt beschlossen
werden sollte - und wurde.
Die Verwaltung hat nämlich andere Pläne für den Querdeich und das
Mühlentor. Dort soll die Investorengruppe terraplan Fachmärkte und einen
Edeka-Markt bauen und gleichsam an die Innenstadt anbinden - um die
Innenstadt zu stärken.
„terraplan hat sich auch schon fast alle
Grundstücke gesichert“, berichtet Ursula Fallapp vom Stadtmarketing. Es
wird also eng für das Gartenstadt-Projekt vom DRK, zumindest an genau
dieser Stelle.
„Querdeich bietet einmalige Chance für Wohnbebauung“
„Kombiniert mit allen vorhandenen Einrichtungen, sollen im Campus
Gartenstadt weiterhin ein Hospiz, weitere Altenpflegeplätze und eine
Einheit für betreutes Wohnen entstehen. Und 20 bis 25 neue
Arbeitsplätze“, teilt Michael Wieczorek als Wortführer der
Handwerkergemeinschaft
mit. In einer scharf formulierten Petition fordern die 17
Unterzeichner, dass sich der Rat der Stadt Dannenberg „erneut mit der
Entwicklung am Querdeich auseinandersetzt“.
Die Handwerker versprechen, mit ihrem Konzept „bezahlbaren Wohnraum für
120 Menschen, größtenteils nach dem Wohnungsbauförderprogramm des
Landes Niedersachsens, der N-Bank sowie der KfW-Bank finanziert und
somit mietpreisgedeckelt“ zu schaffen.
„120 Menschen ins Zentrumsnähe, die zum einen die Stadt beleben und zum
anderen kurze Wege zu den Sportstätten, Schulen, Kindergärten und
Einkaufsmöglichkeiten vorfinden. Diese Chance der Bebauung ist nur
einmalig am Querdeich und den anliegenden Gärten möglich.
Lasst uns diese Chance nicht durch einen Markt kaputtmachen“, fordert
Wortführer Michael Wieczorek.
Der Haken: Die Stadt wurde von diesem „hervorragenden Plan“, so
Bürgermeisterin Elke Mundhenk, völlig überrumpelt. Nur einen Tag, bevor
die entscheidende Ratssitzung über die Zukunft von Querdeich und
Mühlentor in Dannenberg am 5. März anstand, kamen, so Mundhenk,
Vertreter des DRK und der Investoren auf die Verwaltung zu, um ihren
Campus-Plan vorzustellen.
Elke Mundhenk erinnert sich: „Einem kleinen Kreis von Entscheidern, u.a.
SG-Direktor Jürgen Meyer, Fachbereichsleiter Jens Hesebeck und mir,
wurde das DRK-Projekt am 4. März vorgestellt“ - nur einen Tag vor der
Ratssitzung. Am Abend des 5. März tagte der Stadtrat.
„Ich habe da als Bürgermeisterin sofort darauf aufmerksam gemacht, dass
die Fläche bereits langfristig anders beplant wurde. Und wir haben dem
DRK sofort alternative Flächen für ihr Projekt angeboten“, erinnert sich
Elke Mundhenk.
Auch die Bürgermeisterin wird in der Petition angegriffen. „Wir werden
das Gefühl nicht los, dass in der neuen politischen Konstellation nicht
erkannt wird, wie wichtig es ist, Projekte mit regionalen Partnern zu
entwickeln, da nur damit für Nachhaltigkeit
gesorgt wird“, heißt es in dem Papier.
Die Bürgermeisterin ist durchaus verstimmt: „Man kann doch nicht einen
Tag vor einer Ratssitzung, während der ein über Jahre verhandelter
Kompromissvorschlag beschlossen werden soll, mit einem völlig neuen Plan
kommen und dann versuchen, alles umzuwerfen. Das
ist in einer Demokratie nicht zielführend. Auch ist die Politik meines
Erachtens hier nicht in der Verantwortung. Wir haben nichts
verschleppt“, antwortet Elke Mundhenk. „Noch etwas: Zwischen der
Unterrichtung des Rates am 5. März durch das DRK und der öffentlichen
Vorstellung des DRK-Projektes am 15. April im Umwelt- und Bauausschuss
hat das DRK nicht versucht, zu mir Kontakt aufzunehmen.“
„Wollen den Plan des DRK unbedingt umsetzen“
Auch den indirekten Vorwurf, ortsfremden Handwerkern den Vorzug zu
geben, kontert die Bürgermeisterin. „Das ist doch Quatsch. Im Gegenteil
können sich die hiesigen Firmen nicht nur an einer Ausschreibung
beteiligen, sondern an zweien - wenn die terraplan am
Querdeich baut und das DRK an anderer Stelle. Natürlich baut die
terraplan auch gerne mit regionalen Handwerkern“.
In der Petition heißt es abschließend: „Es gibt für das DRK keine
vergleichbaren Alternativen für die Errichtung der geplanten
Erweiterung, da die bisherige Infrastruktur von einer unmittelbaren
Anbindung an die bestehenden Gebäude ausging. Sollte die Stadt
Dannenberg sich dieser vorteilhaften Planung widersetzen, so werden die
Investoren keine Möglichkeit haben, weiterhin in Dannenberg Projekte zu
realisieren.“
Elke Mundhenk spielt den Ball zurück: „Wir wollen diese Pläne des DRK
unbedingt verwirklichen - aber eben an anderer Stelle“. Die
Bürgermeisterin stellt klar: „Wir haben nicht das geringste Interesse,
dem DRK Steine in den Weg zu legen. Wir schätzen das DRK
in jeder Hisicht, als Arbeitgeber und als Dienstleister. Das
Unternehmen ist ein Gewinn für Dannenberg. Deshalb haben wir sofort
angeboten, dass wir nach alternativen Flächen suchen.“
Auch die Dannenberger Werbegemeinschaft begrüßt „ausdrücklich“ die
aktuelle Planung zur „Entwicklung des Bereiches Mühlentor und Querdeich.
Damit wird in Dannenberg die Geschäftswelt nachhaltig gestärkt“, meint
der Vorsitzende der Werbegemeinschaft, Christian
Willam.
Der Geschäftsmann ist überzeugt, dass sich „neue Betriebe ansiedeln
werden. Unternehmen, aber auch Eigentümer und Vermieter von Immobilien,
werden mit Planungssicherheit in die Zukunft investieren. Zusätzliche
Arbeitsplätze werden entstehen. Mit der Entscheidung
der politischen Gremien hinsichtlich Stadtumbau und Entwicklung wird
eine richtige und nachhaltige Politik betrieben“, findet Willam, der
hofft, „dass sich für das Wohnbaukonzept des DRK eine geeignete Stelle
in Dannenberg finden lässt.“
Ursula Fallapp vom Stadt-Marketing meint abschließend: „Wir sprechen
seit Jahren über das Mühlentor. Seit 2013 wird das Projekt intensiv
verfolgt. Und natürlich will die terraplan auch mit heimischen Firmen
zusammenarbeiten“.
Am 5. März habe der Rat einstimmig beschlossen, das vorliegende
Einzelhandelskonzept für Mühlentor und Querdeich weiter zu verfolgen und
„unverzüglich einen Bebauungsplan in die Wege zu leiten. Die Planung
resultiert aus dem Stadtentwicklungskonzept, das
der Rat beschlossen hat. Und nach dem wird die Stadtentwicklung in
Dannenberg nun mal gestaltet“, betont Ursula Fallapp.
Foto / Björn Vogt: Zankapfel Querdeich: wem sollen die romantisch verwilderten Kleingärten
in Dannenberg weichen? Einem wohnprojekt oder einem Fachmarktzentrum?
2015-04-30 ;
von
Björn Vogt (autor),
in Querdeich, 29451 Dannenberg (Elbe), Deutschland
regionalentwicklung
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