Demoverbot erlassen - gute Tradition, sich nicht daran zu halten ...

"X-tausendmal quer" prüft mögliche juristische Schritte gegen das Demonstrationsverbot während des kommenden Castortransports nach Gorleben. Es sei aber ohnehin «gute wendländische Tradition, dass sich an diese Verbote kein Mensch hält, weder Bürgermeister noch Bäuerin, weder Graf noch Schülerin», sagte der Sprecher der Initiative, Jochen Stay, am Samstag. Die von Atomkraftgegnern für 8. November angemeldete Demonstration in Gorleben sei von der Allgemeinverfügung allerdings nicht betroffen. Lediglich unangemeldete "Versammlungen und Aufzüge" dürfen vom 8. 11., 0.00 Uhr an in dem beschriebenen Transportkorridor nicht stattfinden.

Am Samstag erschien die - inzwischen übliche - Allgemeinverfügung - in der "Elbe-Jeetzel-Zeitung". Danach sind Versammlungen neben der Bahnstrecke Lüneburg-Dannenberg sowie entlang der Straßentransportstrecke von Dannenberg nach Gorleben über Gusborn sowie der Nebenstrecke über Quickborn zwischen dem 8. November und dem 18. November verboten. Die Allgemeinverfügung gilt 50 Meter beiderseits von Straße und Schiene sowie in einem Areal von rund 500 Metern im Umkreis des Zwischenlagers.

In der Begründung zur Allgemeinverfügung wird davon ausgegangen, dass dieses Jahr "unter dem Eindruck "der aktuellen Vorfälle in Asse II und der Diskussion um eine Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke" mit verstärktem Protest zu rechnen ist. Neben der Auflistung verschiedener angekündigter Widerstandsaktionen wird als Begründung aber auch angeführt, dass "... mehrere prominente Politiker von „Bündnis 90/ Die Grünen“ öffentlich angekündigt haben, sowohl an der Auftaktdemo als auch bei den Sitzblockaden teilzunehmen." (!) Ob die Allgemeinverfügung zu ihrem Schutz oder wegen ihres gehäuften Auftretens erlassen wurde, bleibt allerdings offen.

Zwar bescheinigt die Allgemeinverfügung, dass die Gewaltbereitschaft unter den Anti-Castor-Demonstranten "quantitativ abgenommen" habe, doch die "Anzahl der Störungen im direkten Gefolge von Versammlungen und auch das konkrete Verhalten der Veranstalter belegten, dass es sich nicht um ungewollte Teilnehmerexzesse handelt, sondern um billigend auch vom Versammlungsleiter in Kauf genommene Störungen." In der Folge werden verschiedene Schienen- und Strassenblockade-Aktionen der Vergangenheit zur Begründung der vorgeblichen Gewaltbereitschaft aufgeführt.

Die Anti-Atom-Initiativen prüfen zwar eine Klage gegen das aktuelle Demoverbot. Die Chancen, juristisch womöglich zu einer Aufhebung der Allgemeinverfügung zu kommen, stehen allerdings denkbar schlecht. Bereits 2001 hatte das Bundesverfassungsgericht das Mittel des allgemeinen Demoverbots für einen bestimmten Korridor und einen bestimmten Zeitraum als grundsätzlich legitim bewertet. Ob es allerdings formaljuristisch gesehen in Ordnung ist, dass die Begründung für die Allgemeinverfügung nur im Internet veröffentlicht wird und nicht in der eigentlich vorgeschriebenen "amtlichen Bekanntmachung" in der Regionalzeitung, bleibt noch zu prüfen, zumal in der gedruckten Allgemeinverfügung kein Hinweis auf die Internetseiten zu finden ist.

UPDATE: Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg verweist darauf, dass vor dem Bundesverfassungsgericht für das Aktionsgeschehen im Jahre 2003 immer noch eine Beschwerde der Atomkraftgegner gegen die Allgemeinverfügung anhängig ist. Was die aktuelle Allgemeinverfügung angeht, so prüft die BI gerade mit ihren Anwälten ob und wie sie juristisch gegen die neuerlichen Verbote vorgehen werden. 

 

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Foto: Markus Golletz/ Treckerdemonstration während des Castortransports 2006

 

 




2008-10-25 ; von Angelika Blank (autor),

endlager_gorleben  

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