Warum gibt es keinen Gegenkandidaten für Jürgen Schulz?" fragte sich der Kommunalpolitiker und Tischlermeister Udo Maury (CDU) aus Gartow und beschloss, sich ebenfalls um das Amt des Landrats zu bewerben. Angelika Blank befragte ihn über seine Vorstellungen, was er als Landrat anders machen würde.
"Geht nicht, gibts nicht", ist die Parole des Tischlermeisters und Kommunapolitikers Udo Maury. Als Tischlermeister weiß er, was es heißt, ein Unternehmen zu leiten und alltäglich neue Probleme zu lösen. 1984 übernahm er den elterlichen Tischlerei- und Bestattungsbetrieb in Gartow und führte ihn 30 Jahre lang. Ende 2013 übergab er den erfolgreichen Betrieb mit rund zwölf Angestellten, der inzwischen Filialen in Lenzen, Grabow, Lüchow und Dannenberg hat, an seinen Sohn Manuel. Seitdem ist er beruflich hauptsächlich als Trauerbegleiter tätig.
Was treibt ihn an, sich für das Amt des Landrats zu bewerben? "Letztendlich war es ein Medienartikel, in dem es hieß, der CDU ginge das Personal aus, der mich motivierte, mich für das Amt des Landrats zu bewerben," so Udo Maury zu seiner Motivation. "Einer Volkspartei wie der CDU geht nie das Personal aus," so Maurys Reaktion auf die aus seiner Sicht provokative Position der Elbe-Jeetzel-Zeitung.
Vor acht Jahren war Maury in den Kreistag gewählt worden, fünf Jahre lang ist er bereits ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Gartow. Außerdem ist er in der vierten Legislaturperiode Mitglied des Samtgemeinderates in Gartow. Aus Maurys Sicht Qualifikation genug, um sich auch im Amt des Landrats bewähren zu können.
In den zentralen Themen des Landkreises trennt ihn jedoch einiges von den Positionen des amtierenden Landrates Jürgen Schulz. Im Folgenden Maurys Vorstellungen davon, wie er seine Aufgaben als Landrat versteht.
Ob er einen Endlagerstandort "Salzstock Gorleben" befürwortet, lässt Maury offen. Doch eines ist für ihn klar: "Hauptsache ist, dass in dieser Sache endlich politischer Frieden einkehrt," so Maury. Ansonsten ist "Gorleben" für ihn kein Thema, weil er weiß, dass der Landkreis in der Entscheidung, ob der Salzstock letztendlich Endlager für atomaren Abfall werden wird, kaum eine Rolle spielen wird. Allerdings: "Die Strukturförderung für die Ansiedlung eines Endlagers nicht anzunehmen, halte ich für einen großen Fehler," so Maury. "Für die Belastungen, die wir durch die Gorleben-Debatte zu tragen haben, muss man von der Bundesrepublik Geld einfordern."
Nach Maurys Ansicht ist der Landkreis in den letzten 60 Jahren immer wieder der Looser gewesen. "Jahrzehntelange hatten wir die Nachteile als Zonenrandgebiet auszuhalten. Nach der Wende sind viele gute Firmen in den Osten abgewandert, trotzdem sind die Zonenrandgelder weggefallen. Und: wir haben das Gorleben-Problem immer noch an der Backe," so Maury. "Wir haben immer wieder die Probleme der BRD getragen. Und auch die Endlagersuche ist ein nationales Problem, dessen Folgen wir nicht alleine tragen sollten."
Des weiteren sei auch die Sicherheit des Zwischenlagers nicht aus dem Auge zu verlieren. "Hier sind noch einige offene Fragen zu klären, zum Beispiel, was die Sicherung gegen abstürzende Flugzeuge oder das Problem der überwiegenden Jungengeburten rings um Gorleben angeht."
Dennoch will Maury das Landratsamt nicht vom "Gorleben-Problem" dominiert sehen. "Wir diskutieren so viel um dieses Thema herum, obwohl es viele andere Themen gibt, die es zu beackern gilt."
Wie zum Beispiel
DIE FINANZLAGE
Die derzeit günstige Haushaltslage ist für Maury mit einigen Fragezeichen versehen. "Ist dieses positive Ergebnis nicht nur der Niedrigzins-Phase geschuldet?" fragt sich Maury. "Die Konjunktur floriert, aber es bleiben 120 Millionen Euro Altschulden." Deswegen ist für Maury die Zögerlichkeit des Ministeriums, mit Lüchow-Dannenberg den sogenannten "Zukunftsvertrag" abzuschließen, eine "mittlere Schweinerei". "Andere Landkreise sind entschuldet worden, Lüchow-Dannenberg bisher nicht - das ist ungerecht." Sollte Maury Landrat werden, so wird er ernsthaft eine Klage gegen das Land prüfen, sollte sich dieses zwischenzeitlich nicht anders besinnen.
"Manchmal kommt der Verdacht auf, dass das Land weiterhin daran arbeitet, Fusionierungen zu erzwingen," so Maury. "Dabei hat der Landkreis gute Chancen, sich zu erholen, wenn er erst einmal entschuldet ist."
DIE WIRTSCHAFT
Denn bei allen Schwierigkeiten sieht Maury auch einige Stärken des Landkreises: "Wir haben viele gute mittelständische Unternehmen, die viele Arbeitsplätze geschaffen haben," ist Maury überzeugt. "Allein Voelkel hat in den letzten Jahren kräftig zugelegt." Trotzdem will sich Maury weiter um neue Ansiedlungen von Unternehmen, die nicht allzu angewiesen sind auf beste Verkehrswege.
So könnte sich Maury zum Beispiel für das bisher als Endlager für radioaktiven Mülle geplante Gelände des Erkundungsbergwerks auch andere Nutzungen vorstellen. "Warum nicht zumindest übergangsweise dort ein IT-Center einrichten?" fragt sich Maury. "Klar, man müsste mit dem Bund über eine Umnutzung des Geländes reden."
Auch in Sachen Internet sieht Maury einige Versäumnisse der derzeitigen Landkreispolitik. "Der Landkreis Lüneburg hat schon längst die Möglichkeiten einer flächendeckenden Breitbandversorgung untersucht. Warum passiert das hier so spät?" In der Sache müsse nach Ansicht von Maury nun schnell gehandelt und mit "Berlin" verhandelt werden.
Was den Tourismus angeht, so hat auch Maury hier keine überhöhten Erwartungen, aber: "Zuerst waren es Touristen, die gekommen sind - daber: nicht wenige von ihnen sind geblieben und haben die Wohnstruktur des Landkreises verändert. Tourismus ist direkte Akquise für den Zuzug." Angesichts des massiven Bevölkerungsrückgangs lohnt sich nach Ansicht von Maury deshalb auch weiteres Engagement in eine gemeinsame Tourismus-GmbH. "Endlich wird die EWT auf breitere Schultern gelegt, das ist ein guter Ansatz," zeigt sich Maury überzeugt.
Überhaupt der demographische Wandel: Nach Maurys Ansicht hat der Landkreis Göttingen vorgemacht, wie es gehen könnte. "Sie haben dort längst Handlungsempfehlunen entwickelt, das ist hier überfällig," kritisiert Maury die Arbeit des Amtsinhabers. "Landrat Jürgen Schulz jammert nur, tut aber nichts."
DER VERKEHR
"Durch den Bau der Autobahn 14 wird sich die LKW-Problematik auf der Strecke Dannenberg - Gartow noch verstärken," ist Udo Maury überzeugt. "Deshalb wäre es wichtig, auch die Querspange zur A 14 zu bauen." Außerdem würde er als Landrat versuchen, die Tonnagen auf den für diesen Schwerlast-Verkehr nicht ausgelegten Straßen zu beschränken - auch wenn er weiß, dass das eine bei Bund und Land schwierig durchzusetzende Forderung sein wird. Des weiteren stellt sich Maury vor, dass die K 8 (Lübeln - Sallahn - Pudripp) als Entlastungsstraße für den Landkreis ausgebaut werden könnte.
Was die Blitzer angeht, so ist Maury strikt dagegen, dass weitere aufgestellt werden. "Es wäre höchstens zu prüfen, ob die Standorte der Blitzanlagen an Punkte verschoben werden müssen, die ein hohes Unfallrisiko bergen." Aber, so ist Maury überzeugt, "die Unfallzahlen sind zurückgegangen, seit die Blitzer aufgestellt wurden."
SOZIALES
"Derzeit haben wir eine gute Flächenversorgung, was die Schulen angeht. Da müssen wir uns für den Erhalt einsetzen," ist Maurys Zielrichtung für den Bereich Bildung. Natürlich müsse man Zusammenlegungen überlegen und für Ausnahmen werben.
Die Entlastung des Sozialhaushaltes durch die Bundesregierung sei längst überfällig gewesen und habe eine spürbare Entlastung im Sozialetat gebracht. Trotzdem gelte es, im sozialen Bereich über weitere Kooperationen nachzudenken.
DER DIALOG
"Gemeinsamkeit entsteht nicht von alleine. Gemeinsamkeit muss man herstellen," ist das Credo von Udo Maury. Deswegen würde er als Landrat aktiv "auf die Anderen zugehen. Die zentrale Frage für ihn ist, wie "ein gesunder Dialog" mit den Gemeinden und Samtgemeinden wieder herzustellen sei. "Dazu gehört auch, Gäste gut zu behandeln," so Maury.
PERSÖNLICHES
Geboren wurde Udo Maury 1955 in Wolfenbüttel, bevor er mit seinen Eltern nach Gartow kam und dort die Grundschule besuchte. Danach ging er auf das Gymnasium in Lüchow, absolvierte eine Tischlerlehre und erreichte parallel dazu die Fachhochschulreife in der Abendschule. 1980 bestand er vor der Handwerkskammer in Lüneburg die Meisterprüfung im Tischlerhandwerk, 1984 übernahm er den elterlichen Tischlerei- und Bestattungsbetrieb.
Ende 2013 übergab er den Betrieb an seinen Sohn Manuel und widmet sich seitdem hauptsächlich der Kommunalpolitik sowie seiner Tätigkeit als Trauerbegleiter.
Foto / Angelika Blank: Udo Maury in seinem Garten in Gartow.