Rund ein halbes Dutzend Forsthäuser
mit langer Geschichte stehen heute noch in den Gartower Forsten. Seit dem 18. Jahrhundert beherbergten sie Förster,
Hilfsförster und Waldarbeiter. An ihrer Geschichte lässt sich vieles über die jahrhundertelange Waldbewirtschaftung erzählen.
Das älteste der Forsthäuser in den Gartower Forsten steht in
Rucksmoor, kaum zwei Kilometer von Gartow entfernt. Aber auch in
Trebel, Rondel, Wirl und an einigen anderen Orten stehen Gebäude,
die als Forsthäuser errichtet worden waren. Lediglich zwei von ihnen
werden heute noch von Förstern bewohnt: Falkenmooer und Trebel.
Am besten dokumentiert ist das Forsthaus in Falkenmoor. Der vor einigen Jahren gestorbene Gartower Chronist Otto Puffahrt hatte in akribischer Kleinarbeit eine Geschichte des „Wohnplatzes und Forstreviers“ Falkenmoor geschrieben. Zwei Familien wohnten ursprünglich in dem 1901 neu aufgebauten Forsthaus mit seinen Nebengebäuden. Aus der Bauanzeige ist zu ersehen, dass das Wohngebäude über eine Diele mit Ställen und Scheunen verbunden war. Unter anderem war auch ein Kuhstall vorgesehen.
Gebaut wurde das eingeschossige Gebäude
mit einer stabilen Fachwerkkonstruktion mit Mauergefachen aus
Ziegelstein. Denn seit jeher wurden Forsthäuser einerseits mit dem
Anspruch gebaut, sich möglichst gut in die Landschaft einzufügen,
andererseits sollte aber auch durch das Gebäude erkennbar sein, dass
sich hier der Dienstsitz eines mit vielen Befugnissen ausgestatteten
Beamten des Eigentümers befindet. Ein deutliches Symbol ist bis
heute ein Geweih über der Eingangstür.
Die Ausstattung mit Stallungen weist darauf hin, dass die Förster der damaligen Zeit das Recht auf Deputate hatten. Sie durften bestimmte Mengen Holz nutzen und hatten das Recht in einem vom Dienstherrn genehmigten Umfang landwirtschaftlichen Anbau, auch Viehhaltung, zu betreiben. Der Umfang dieser Deputate wurde mit dem in Geld gezahlten Lohn verrechnet.
Rund 200 Meter vom Forsthaus entfernt steht ein zweites Gebäude, in dem früher die Waldarbeiter, ebenfalls mit zwei Familien, wohnten. Diese Kleinstsiedlung „Falkenmoor“ hat ihren Namen nicht ohne Grund. Die beiden Gebäude stehen in einem ehemaligen Moorgebiet, welches im 18. Jahrhundert entwässert worden war.
Bis zur
Pensionierung – oder dem Wechsel der Arbeitsstelle – waren die
Forsthäuser Dienstort und Wohnung zugleich. Wer in Bernstorffschen
Diensten war, konnte im Alter darauf zählen, dass er versorgt war.
Entweder konnten die pensionierten Förster in der vom damaligen
Grafen gegründeten Heiligengeist-Stiftung in Gartow wohnen oder
bekamen andere Wohnungen. Das Heiligengeist-Stift war eigentlich als
Krankenhaus für die Angestellten gebaut worden. Dort konnten sich
aber auch Menschen behandeln lassen, die nicht im Dienste der Grafen
standen.
Als Gottlieb Graf von Bernstorff 1694
das Gartower Schloss mit seinen beinahe 6000 ha Fläche kaufte, gab
es keinen geschlossenen Wald. Ausgedehnete Heideflächen wechselten
sich mit Sanddünen und Mooren ab. Erst Entwässerungs- und Bodenverbesserungsmaßnahmen schufen die Voraussetzungen für den
Aufbau eines Forstes. Über hundert Jahre nach de Kauf wurden
großflächige Aufforstungen durchgeführt, die die heutigen Wälder
begründeten.
Details über den Waldbau in den Gartower Forsten hat Oberförster Schmidt, der in Rucksmoor lebte, zwischen 1830 und 1869 in einem Tagebuch festgehalten. In den ersten Jahren seiner Dienstzeit war er nach seinen Aufzeichnungen immer wieder mit Entwässerungsmaßnahmen beschäftigt, um Waldflächen zu vergrößern.
Aus dem Tagebuch geht auch her, dass die Waldhüter sich mit Problemen auseinandersetzen mussten, wie sie heute nur allzu bekannt sind. Im März 1855 ließ eine verheerende Flut die gesamte Niederung zwischen Schnackenburg, Gartow und Gorleben im Wasser versinken. Vieh konnte nur in letzter Sekunde gerettet werden, eine Ehepaar in Gorleben verlor bei dem Versuch, sich mit dem Boot zu retten, beide Kinder. Sie wurden erst zwei Monate später im Schlick der Elbe gefunden.
Alle Arten von Baumschädlingen bereiteten den Förstern schon damals Sorgen. 1830 waren es Trockenheit und Hitze, die die Widerstandskraft der Nadelbäume gegen Baumschädlinge herabsetzten. In dieser Zeit war es die vordringliche Aufgabe der Förster, die Schädlinge von den Bäumen fernzuhalten. Nicht nur einmal mussten zehntausende Bäume gefällt werden, die von Raupen zerfressen waren.
Damals waren es Fressfeinde, die zur Bekämpfung der Raupenplagen eingesetzt wurden. Mit der Nutzung von Schlupfwespen gelang es zumindest zeitweise, die Raupen zu eliminieren. Dabei wurde die Eigenheit der Schlupfwespen genutzt, die Körpersäfte ihrer Wirte auszusaugen. Diese Maßnahme hatte „einigen Erfolg“ freute sich Schmidt – zumindest für ein paar Jahre.
Großbrände waren zudem ein Problem, welches die trockenen Jahre mit sich brachten. Sie trafen nicht nur die Wälder. 1853 hatte ein Großbrand in Gartow 39 Wohngebäude sowie 51 Nebengebäude und Ställe zerstört. 388 Menschen wurden dadurch obdachlos, berichtet Schmidt
Nicht umsonst wurden die Forsthäuser
in den Wäldern gebaut, mitten im Arbeitsgebiet der Förster. Die
Dienstwege sollten möglichst kurz sein und das Revier war auf diese Weise gut im Blick zu behalten. So konnte auf Probleme schnell reagiert werden, die
Wildbewegungen beobachtet sowie aufkommende Brände so
schnell wie möglich erkannt werden. Erst 1952 wurde bei Falkenmoor
ein Feuerwachturm errichtet, der bis in die 2000er Jahre bei
Waldbrandgefahr besetzt wird.