Hitzacker bekommt eine neue Attraktion: Ein GesprächsLabor Elbe. Doch es soll keine nüchterne, sterile Forschungsstation werden, sondern ein lebendiges "Museum", welches immer wieder auch seine "Laboranten" auf die Elbe mitnimmt.
Das Beiboot "Adalbert" schaukelt gemächlich dem Anleger
entgegen. Vier Schüler der Freien Schule Hitzacker waren die ersten,
die am Dienstag in Hitzacker das nagelneue "GesprächsLaborElbe"
ausprobieren durften. Sie spürten mit Echoloten der Flussdynamik nach.
Gemeinsam mit einer interaktiven Multivisionsschau im Museum altes
Zollhaus und dem Sofafloß "Carmen" formt "Adalbert", ein ehemaliges
Feuerwehrboot, das neue "GesprächsLaborElbe".
An dessen feierlicher
Einweihung im Museum "Altes Zollhaus" in Hitzacker nahm am Dienstag auch
Landrat Jürgen Schulz teil. Erste Nutzer von "Adalbert" waren die
Schüler der Freien Schule Hitzacker Tabea, Theresa, Julian und Lou, die
den Anwesenden ihre aktuellen Forschungsergebnisse referierten.
"Mit dem Echolot werden den Spuren der Natur, aber auch der Geschichte nachgespürt", erläutert Diplom-Ozeanograph Dr. Erich Bäuerle, der das Projekt wissenschaftlich begleitet. "Die sogenannte Reststrecke der Elbe zwischen Hitzacker und Dömitz ist ein landschaftliches Juwel, welches sich permanent verändert", so Bäuerle. Dies für junge Menschen erfahrbar zu machen sei ein wichtiges Ziel des "GesprächsLabors Elbe".
Besonders stolz ist Museumsleiter Klaus Lehmann, dass mit dem Projekt
der erste Vollzeitarbeitsplatz im ansonsten von Ehrenamtlichen
getragenen Museum geschaffen werden konnte. "Mit dem "GesprächsLabor
Elbe" entsteht auf dem Fluss eine Plattform für handlungsorientierte
Exkursionen und Seminare für größere Gruppen bis 20 Personen. Ein extra
entwickeltes Handbuch, in dem die örtlichen Begebenheiten aufgearbeitet
wurden, ist Schulungsgrundlage für die Betreuer an Bord und gleichzeitig
Material für die Anschauung an Bord und im Museum", erläuterte Lehmann.
"Das Projekt ist auch eine enge Kooperation über die Elbe: zusammen mit Elbefloßfahrten aus dem Amt Neuhaus wird der Vertrieb der Boote organisiert. Bei allem steht das Erlebnis Elbe im Vordergrund. Von nun an sind besonders Schulklassen, Jugendgruppen, aber auch Familien oder Freundeskreise die einmal generationsübergreifend die Elbe neu erleben möchten, eingeladen. Ob Ferngläser, Kescher, Aquarium - oder Bildtafeln, die Bootsbegleitung ist für die Fragen vorbereitet", freut sich Lehmann.
Hintergrund:
2009 wurde für den "Gang auf die Elbe" der Grundstein gelegt. Das Museum
gewann den Museumspädagogischen Preis der VGH-Stiftung mit dem Projekt
"Echolot" mit der Fragestellung: "Was hat der Untergrund der Elbe mit
der deutsch-deutschen Geschichte zu tun?" Ziel war es, die Elbe als
ehemalige Grenze und deren notwendige Festlegung der
Fahrrinnen-Vermessung zu thematisieren. Durchgeführt wird das Projekt
mit einem offenen ehemaligen Feuerwehrboot, das allerdings nur für 8
Personen ausgelegt ist, und deshalb für Schulklassen bzw. Gruppen nur
begrenzt einsatzfähig ist.
Um dieses Thema weiterzuentwickeln, begründete das Museum 2011 eine
Kooperation mit dem Floßbetrieb "elbefloßfahrten, Amt Neuhaus". Das Amt Neuhaus liegt rechtselbisch gegenüber dem
linkselbischen Hitzacker. Das Katamaran-Boot, genannt "Sofa-Floß Carmen"
konnte nach Hitzacker verlegt werden. Auf diesem Floß dürfen nur max.
12 Personen befördert werden, obwohl das Floß 20 Personen Platz
bietet. Nach einer Probephase zeigte sich am Jahresende 2011 auf Grund
der ersten Erfahrungen, dass mit einer Profilschärfung das Angebot zur
Naturerkundung erweitert werden kann, insbesondere, wenn beide
Boote gemeinsam eingesetzt werden, um damit die Teilnehmerzahl zu
vergrößern.
"Es war auch das Ziel", so Museumleiter Klaus Lehmann, "das
Museumsprojekt "Echolot" mit dem Sofa-Floß "Carmen" des Floßbetriebes
"elbefloßfahrten, Amt Neuhaus" (gefördert mit Mitteln des EU-Fonds
"NaturErleben") zu einem Kompetenzzentrum für Flussdynamik und
Grenz-Geschichte am Standort Hitzacker(Elbe) einzurichten, unter dem
Titel: GesprächsLaborElbe". Das historische Feuerwehrboot erhielt einem
umweltverträglichen Motor und hat ebenfalls Echolotstationen an Bord.
Mit dem Begriff des Labors wird gerne ein abgeschlossener Raum in
Verbindung gebracht, in dem geforscht wird. Bei den Geowissenschaften
allerdings - und so auch bei dem Hitzackeraner "Labor" - befindet sich dieses dagegen in der Natur, mit dem erfreulichen
Nebeneffekt, dass sämtliche Sinne angeregt und mit eingesetzt werden
können.
Hitzacker an der Elbe bietet hier eine Menge: liegt es doch an einem besonderen Abschnitt im Biosphärenreservat Niedersächsische Elbtalaue an der sogenannten Elbe-Reststrecke zwischen Hitzacker und Dömitz. Diese ist bisher wasserwirtschaftlich seit 1927 nicht weiter ausgebaut worden. Der hier stark mäandernde Fluss zeichnet sich durch eine besondere Flussdynamik aus, mit Auswirkungen auf Hochwassersituationen und Schiffbarkeit. Ebenso ist sie durch den Verlauf der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze (Grünes Band) ein Rückzugsgebiet von Fauna und Flora. Der Elberadwanderweg und das "Naturerlebnis Elbe" sind touristische Highlights.
Foto / Björn Vogt: Journalist Dirk Drazewski (links) gestaltete die
spannende interaktive Multivisionsschau, die im Museum "Altes Zollhaus" in
Hitzacker gezeigt wird. Interessierten sich als erste (von links): Museumsleiter Klaus Lehmann, Dr. Erich Bäuerle und
Martin Aude von der VGH.