Thema: endlagersuche

Einigung in Berlin: Skepsis an der Basis

Kurz nach 17.30 Uhr twitterte Jürgen Trittin: "Nach 35 Jahren Streit gibt es nun einen Neuanfang bei Suche nach einem Endlager für Atommüll. Die Festlegung auf Gorleben ist beendet. " Doch ganz so positiv mögen die Gorlebengegner die heutige Einigung im Endlagersuchprozess nicht sehen.

Am frühen Abend trat Bundesumweltminister Peter Altmaier vor die Presse und verkündete nach einem Treffen mit Vertretern aus Bund und Ländern eine Einigung über das geplante Endlagersuchgesetz. Soweit bisher bekannt ist, wurde dafür der Entwurf vom 03.04.2013 zugrunde gelegt. 

In einer ersten Reaktion lobte SPD-Chef Sigmar Gabriel gegenüber dem Tagesspiegel die Einigung als einen "großen Tag für Niedersachsen und einen großen Tag für Deutschland". "Mitten im Wahlkampf zeigen Politiker aller Parteien, dass sie in einer der schwierigsten und umstrittensten Fragen gemeinsam eine Lösung finden, die noch viele Jahre halten wird. Das ist weit über das Thema Endlager hinaus ein großartiges Zeichen für die politische Kultur in unserer Demokratie", so Gabriel gegenüber der Tageszeitung.

Landesgrüne: Positives Signal für die gesamte Republik

Jan Haude, Landesvorsitzender der Grünen Niedersachsen: "Es ist ein positives Signal für Niedersachsen aber auch für die gesamte Bundesrepublik, dass die Debatte zum Endlagersuchgesetz durch die Einrichtung einer Enquete-Kommission endlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Die Kommission bietet darüber hinaus die Chance für einen echten Neubeginn, um endlich anhand von Sachfragen nach einem geeigneten Standort für ein Atommüllendlager zu suchen. Mit dem vorliegenden Vorschlag ist das Aus für den ungeeigneten Standort Gorleben ein gutes Stück näher gerückt." Die Grünen Niedersachsen begrüßten in diesem Kontext den angekündigten Stopp weiterer Castor-Transporte nach Gorleben.

Die niedersächsischen Grünen kündigten zudem an, den weiteren Prozess kritisch zu begleiten. "Innerhalb des Landesverbandes, aber auch auf Bundesebene muss es eine intensive Befassung mit der vorliegenden Einigung und dem abschließenden Gesetzesentwurf geben, etwa bei der Frage der zukünftigen Behördenstruktur", sagte Julia Hamburg, Landesvorsitzende der Grünen Niedersachsen.

Kritisch bewerten die niedersächsischen Grünen die Verbindlichkeit der Ergebnisse der Enquete-Kommission. Jan Haude: "Die Arbeit der Kommission muss realen Einfluss auf den weiteren Endlagersuchprozess haben. Zudem bedarf es über die Arbeit der Kommission hinaus einer intensiven Einbeziehung der Bevölkerung." 

Auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament, Rebecca Harms, hatte in einem Interview mit der "tageszeitung" bereits am Morgen mehr Verbindlichkeit für die Arbeit der Enquete-Kommission angemahnt. 

Anti-Atom-Initiativen: Erst Beratungen, dann Gesetz

Rund 50 Atomkraftgegner protestierten in Berlin gegen das geplante Endlagersuchgesetz. Vor allem stört sie, dass das Gesetz verabschiedet werden soll, bevor ein ausführlicher Beratungsprozess stattgefunden hat, des weiteren erscheint ihnen die Verbindlichkeit der Ergebnisse der Enquete-Kommission ungenügend geregelt. Desweiteren stehen Regelungen zur Behördenstruktur und zum Planungsverfahren (Legalplanung) unter scharfer Kritik von Umweltverbänden und Anti-Atom-Initiativen.

"Es macht keinen Sinn und ist schädlich, ein Verfahren für die Endlagersuche bereits jetzt gesetzlich festzulegen, bevor die Enquetekommission wesentliche Fragen für die Ausgestaltung dieses Verfahrens beantwortet hat," heißt es zum Beispiel in einer Erklärung der Initiative ausgestrahlt! "So drängt sich schon wieder der Eindruck auf, dass die Enquetekommission lediglich dazu eingerichtet wird, damit Niedersachsen dem bestehenden mangelhaften Gesetzentwurf zustimmt – und eben nicht, weil Altmaier der Kommission wirklich zugestehen will, einen tragfähigen Konsens zu erarbeiten, der dann auch eins zu eins gesetzlich umgesetzt wird." Die Umweltinitiative kündige weitere Proteste gegen das Gesetz an. 

Auch für Greenpeace ist die Reihenfolge falsch: Die Entscheidung müsse die Folge eines transparenten, ergebnisoffenen Suchprozesses sein, heißt es auf der Greenpeace-Website. Greenpeace-Atomexperte Mathias Edler: "Wer die Sicherheit der Bevölkerung vor dem tausende Jahre lang tödlich strahlenden Atommüll ernst nimmt, der macht jetzt keine Schnellschüsse per Gesetz".  

"Diese Einigung hat einen schweren Fehler, sie wird keine Vertrauen schaffen", sagte der Sprecher der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) nach dem Berliner Spitzentreffen. Das große Misstrauen fuße darauf, dass Gorleben immer noch heimlicher Referenzstandorte bleibe. Der Begriff "Neubeginn" sei auch deshalb fraglich, weil in das Gesetz hohe Hürden eingebaut seien, die Gorleben weiter im Spiel ließen. "Da man sich von der über 30 Jahre alten Lügengeschichte von der angeblichen "Eignungshöffigkeit" Gorlebens nicht verabschiedet, wird die Atommülldebatte auch in den nächsten Jahren von heftigen Konflikten geprägt sein.  

Foto / Andreas Conradt ... publixviewing.de: Proteste bei den Bund-Länder-Gesprächen in Berlin




2013-04-09 ; von Angelika Blank (autor),
in Berlin, Deutschland

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