1973 war der Eisvogel schon einmal Jahresvogel. „Die Entscheidung, den Eisvogel nach 36 Jahren erneut zum Symboltier für das Jahr 2009 zu wählen, ist bewusst gefallen. Die damaligen Forderungen haben nicht an Aktualität verloren: Der Eisvogel braucht sauberes Wasser, naturnahe Bäche, Flüsse und Seen sowie artenreiche Talauen. Nur dort findet er seine Nahrung, überwiegend Kleinfische, und natürliche Steilwände für die Anlage seiner Brutröhren. Diese Lebensräume sind in Deutschland trotz mancher Fortschritte im Gewässerschutz immer noch Mangelware“, sagt NABU-Vizepräsident Helmut Opitz.
„Der Eisvogel ist nicht nur Wappenvogel des LBV, der im kommenden Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiert. Mit seiner Wiederwahl wollen wir neuen Schwung in die Debatte um den Schutz unserer Gewässer bringen. Angesichts der Goldgräberstimmung bei regenerativen Energien sind gerade bei uns in Bayern Pläne zu erkennen, die Wasserkraft an schnell fließenden Bächen auszubauen. Damit würden viele naturnahe Lebensräume des Eisvogels beeinträchtigt“, erläutert LBV-Vorsitzender Ludwig Sothmann.
Woher der Name des etwa spatzengroßen Eisvogels (Alcedo atthis) stammt, ist strittig. Manche Deutungen leiten den Namen vom althochdeutschen „eisan“ für „schillern“ oder „glänzen“ ab. Die Bezeichnung „Schillervogel“ passt zum flirrenden Farbenspiel, das der Eisvogel im Sitzen und im Flug bietet. Andere Autoren interpretieren den Eisvogel als „Eisenvogel“ und vermuten einen Bezug auf das stahlblaue Rücken- oder das rostfarbene Bauchgefieder.
Als der Eisvogel 1973 zum ersten Mal Vogel des Jahres war, waren seine Bestände und Brutplätze wegen wasserbaulicher Maßnahmen, wachsender Wasserverschmutzung sowie Störungen durch Erholungssuchende stark zurückgegangen. Durch wirkungsvolle Abwasserreinigung hat sich die Qualität unserer Gewässer inzwischen erheblich verbessert. Auch die EU-Wasserrahmenrichtlinie setzte neue Impulse für den Gewässerschutz. Der Abwärtstrend des Eisvogels konnte so zwar gestoppt werden, jedoch hat sich der Bestand lediglich auf einem niedrigen Niveau stabilisiert.
Heute gibt es in ganz Deutschland etwa 5.600 bis 8.000 Brutpaare. Doch ist der Eisvogel nirgends häufig. Denn wo Bäche und Flüsse in ein Korsett aus Stein und Beton gezwängt worden sind und Stauwehre wandernden Fischarten den Weg versperren, findet der Eisvogel weder genügend Nahrung noch ausreichend Brutmöglichkeiten. Das Umweltbundesamt stuft derzeit nur zehn Prozent unserer Fließgewässer als naturnah ein. Trotz mancher Verbesserungen zählt die naturnahe Umgestaltung vieler Gewässer daher zu den vorrangigen Aufgaben des Natur- und Umweltschutzes.
In Lüchow-Dannenberg ist der Eisvogel noch präsent. Brutplätze finden sich zum Beispiel in Steilhängen nahe der Elbe oder in umgestürzten Wurzeltellern. Überhaupt lässt sich das typische "ti-ti-tit" besonders in den naturbelassenen Auen längs der Elbe und ihren Altarmen hören. Nach Auskunft von Hans-Jürgen Kelm, Mitglied der Avifaunistischen Arbeitsgemeinschaft im Wendland gibt es in Lüchow-Dannenberg rund 100 brütende Eisvogelpaare.
Um dem Eisvogel und anderen tierischen Auen-Bewohnern ihre natürlichen Lebensräume in der Region zu erhalten, hat die Deutsche Umwelthilfe bereits 2005 ein großes Projekt zum Aufbau neuer Überflutungsflächen gestartet. In Zusammenarbeit mit dem Land Brandenburg, dem Bundesamt für Naturschutz, vier Landesverbänden des BUND, dem Verein Burg Lenzen sowie Stadt und Amt Lenzen entstehen auf der nördlichen Elbseite zwischen Lenzen und Wustrow 425 ha neue Überflutungsflächen. Diese Fläche kann rund 15 Millionen Kubikmeter Wasser speichern, das dann auch im Hochwasserfall keinen Schaden mehr anrichten wird.
Als Gewinn für die Natur kommen 300 Hektar neuer Auwald hinzu. Er sichert den Lebensraum für eine seltene Tier- und Pflanzenwelt. Bei Hochwasser überschwemmte Auenwälder sind nämlich Spitzengebiete: Hier wachsen knorrige Eichen und Ulmen, bauen Biber ihre Burgen, fischen Schwarzstörche in Tümpeln und trompeten Kraniche. In der Abenddämmerung sieht man Fledermäuse jagen und hört liebestolle Laubfrösche kilometerweit. Das zu erleben, ist in Deutschland nur noch an wenigen Stellen möglich, weil die meisten Auwälder in Forste umgewandelt wurden und Deiche das natürliche Hochwasser zurückhalten. Die Elbtalaue zwischen Schnackenburg und Dömitz ist eines der wenigen erhaltenen Biotope, in denen sich viele der wasserliebenden - unter anderem eben auch der Eisvogel -
Foto: NABU/Manfred Delpho/Projekt: Vogel des Jahres 2009