Seit langem versucht der Journalist Karl-Friedrich Kassel Akteneinsicht in die sogenannten "Gorleben-Akten" bekommen. Obwohl Kreistag und Samtgemeinderat Gartow diesem Anliegen zustimmten, will die Kreisverwaltung zusätzlich alle Beteiligten der damaligen Gorleben-Kommission fragen, ob sie einverstanden sind.
"Die Presse erfüllt eine öffentliche Aufgabe, wenn sie in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse Nachrichten beschafft und verbreitet, Stellung nimmt, Kritik übt oder auf andere Weise an der Meinungsbildung mitwirkt." So heißt es im Niedersächsischen Presserecht in § 3. Nach § 4 sind Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen.
Lediglich wenn es um Angelegenheiten geht, die der Geheimhaltung unterliegen oder wenn öffentliche oder persönliche Interessen verletzt werden, dürfen Auskünfte verweigert.Der Landkreis Lüchow-Dannenberg sieht das allerdings ein wenig anders. Trotz der zustimmenden Beschlüsse von Kreistag (20.6.) als auch des Samtgemeinderats in Gartow (21.6.) hat die Kreisverwaltung alle noch erreichbaren Beteiligten der damaligen Gorleben-Kommission angeschrieben und sie um ihre Einwilligung gebeten, dass die Akteneinsicht gewährt werden darf. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um Abgeordnete der an den Gorleben-Diskussionen beteiligten Gemeinden (Gartow, Gorleben) sowie des Kreistages sowie als Grundstückseigentümer Andreas Graf von Bernstorff.
Für den Journalisten Karl-Friedrich Kassel, der die Akteneinsicht begehrt, ist das aufwändige Verfahren ein Unding. "Mit seinem Verständnis von Presserecht ist der Landkreis nicht weit von dem weiter östlich entfernt," so sein Statement zum Vorgehen der Kreisverwaltung.
HINTERGRUND
Von Mitte der 70er bis 1983 wurden auf Landkreisebene unter Beteiligung der Gemeinden Gartow und Gorleben die entscheidenden Verhandlungen geführt, unter welchen Bedingungen (und ob überhaupt) ein End- und Zwischenlager für atomaren Abfall in Gorleben eingerichtet wird.
Nach langwierigen Verhandlungen erreichte die sogenannte "Gorleben-Kommission", dass wesentlich mehr Geld an den Kreis und die "Standort"-Gemeinden floss, als Land, Bund und vor allem die Betreiber ursprünglich vorgesehen hatten. Die Umstände dieser Verhandlungen sind bis heute weitestgehend unbekannt, da entscheidende Sitzungen nichtöffentlich geführt wurden.
"Das Zustandekommen der Beschlüsse ist schon damals fragwürdig gewesen und es wäre sehr interessant, diese noch einmal zu untersuchen," so die Grüne Abgeordnete im Samtgemeinderat Gartow, Asta von Oppen, die am Dienstag Abend für die Genehmigung der Akteneinsicht stimmte.
Verschiedene Berichte damaliger Beteiligter deuten darauf hin, dass so mancher Beschluss formal anfechtbar war. Hier stellt sich unter anderem die Frage, ob die Nichtöffentlichkeit immer den gesetzlichen Vorschriften entsprach. Des weiteren halten sich hartnäckig Vermutungen, dass auch finanzielle Zuwendungen geflossen sind, die keine Rechtsgrundlage haben.