Mit Biogas im Blockheizkraftwerk Strom erzeugen, um damit im Elektro-Auto mobil zu sein – hört sich doch fast wie ein feuchter Ökologentraum an. Ich frage mich trotzdem: Wie schnell kann dieser Traum zum Albtraum werden?
Ja, wir wollen Windkraft! Ja, wir wollen Biomasse zur Energiegewinnung! Ja auch zur Sonnenstrahlung für Wärme und Strom! Ja zur Nutzung von Wasserkraft, Erdwärme, Chemischer Reaktionen. Doch all dies Gutgemeinte bekommt unerhört schnell einen Pferdefuß.
Als Ökos Ende der 70er Jahre ihre ersten Windräder aufstellten, war ihnen schon klar: keinen „Growian“ (Große Windkraftanlage), keine 150 Meter hohen Windmühlen. Als die ersten Biogasanlagen errichtet wurden, ging es um die Nutzung anderweitig nicht zu verwertender Biomasse. Die ersten Solaranlagen erwärmten Wasser für den Hausbedarf. Das Ziel war in allen Fällen: keine weitere Nutzung fossiler Stoffe zur Energieerzeugung, weg von Öl, Kohle und Erdgas. Und das Ziel war: klein und dezentral, wenig Leitungsverluste, sparen statt erzeugen.
Unser Klimaproblem ist nicht allein eine Frage bestimmter atmosphärischer Gase. Das Problem ist die Umwandlung fossiler Energie in explodierender Größenordnung in letztlich Wärme. Auch Atomspaltung ist nicht – wie immer wieder behauptet – klimaschonend, sondern erzeugt ungeheure Mengen an Wärme.
Global betrachtet ist das alles eigentlich nicht sehr viel, aber die unser menschliches Leben ermöglichende Natur hat ein empfindliches Gleichgewicht. Nur ein paar kleine Veränderungen und wir sind raus aus dem Naturkreislauf. Dann wird zwar immer noch nicht die Welt untergehen – aber wir als deren Bewohner. Das war ein wichtiger Ansatz der Ökos. Ein anderer Teil der Bewegung waren systemkritische Menschen, die viele dieser negativen Entwicklungen vor allem unserem Wirtschafts- und Denksystem, dem Kapitalismus anlasteten. Doch der als Alternative gemeinte Staatssozialismus ging mit den Ressourcen nicht ein Fitzelchen besser um. Im Gegenteil: durch die konkurrenzlos autoritäre Struktur des Systems wurde noch viel weniger Rücksicht auf Mensch und Natur genommen als in der „Freien Welt“, die durch Ausbeuten der „Dritten Welt“ einen Teil ihrer Probleme „löste“, indem sie sie einfach „exportierte“ – um hernach mit Spenden zu helfen.
Was also wird aus dem Traum: Mit Biogas im Blockheizkraftwerk Strom erzeugen, um damit im Elektro-Auto mobil zu sein? Durch Steigern der Effizienz, angetrieben durch entsprechende Förderung vom Staat, sorgen Biogasanlagen für Mais-Monokulturen, werden zum Preistreiber für Lebensmittel und kehren so den gewünschten Effekt unmittelbar um.
Was kann man tun? Es wäre – politisches Wollen vorausgesetzt – einfach: Quoten für die Biomassen-Zusammensetzung in Biogasanlagen als Voraussetzung für die Förderung. Dafür braucht man nicht einmal ein Gesetz, da reicht eine Verordnung, eine Ausführungsbestimmung. Und dann gäbe es auch wieder Grund genug für die Forschung zur effizienten Nutzung von Stroh, Restholz, Algen, Biomüll... Aber die Großindustrie und die merkelsche „Energiewende“ wollen das nicht. Ihr Ziel sind kapitalaufwendige Großanlagen, die nicht von Landwirten finanziert und betrieben werden, sondern von Konzernen, die so ihr Monopol sichern. Dabei ist es „e.on“, „Vattenfall“ und Co. vollkommen egal, ob sie das mit Atomkraftwerken, Super-Windparks, Biogas-Großkraftwerken oder Stauseen machen. Hauptsache unten sprudeln die Milliarden in die Taschen der Aktionäre.
Elektro-Autos? Was zuerst wie Öko aussieht – jedenfalls, solange der Strom regenerativ hergestellt wird – ist tatsächlich ein Großindustrie-Förder-Programm. Und mir hat bisher niemand die ökologische Herstellung und Entsorgung von Batterien vermitteln können. Abgesehen davon müssen mit Elektro-Kfz unerhörte Massen und Gewichte beschleunigt, abgebremst und befördert werden. Der Anteil der (menschlichen) Nutzlast wird immer geringer – bei Bussen ist das vielleicht noch vertretbar, bei Pkw ist es einfach nur noch Schwachsinn.
Schon den Umweltpolitikern der frühen Grünen war klar: ökologisches Wirtschaften kann in diesem System nur funktionieren, wenn damit auch etwas zu verdienen ist, wenn die Industrie sich beteiligt und dabei neu erfindet. Nun kommt es tatsächlich dazu – aber anders als erhofft. Der Kapitalismus zeigt einmal mehr, daß er auch aus den besten Ideen am Ende Katastrophen macht, indem er dezentral Gedachtes zentralisiert und Kleines groß macht, um es so dem Nutzen Vieler zu entziehen und wenige Reiche noch reicher zu machen.
Warum ist Solarstrom zu teuer? Wegen der „unangemessenen“ Förderung im Verhältnis zur Leistung? Geht es bei der Erhaltung der Umwelt zum Nutzen des Menschen nur um Leistung und Profit in Geldform? Oder stört es die Konzerne, daß jeder Dachbesitzer Strom herstellen kann? Warum müssen Netze ausgebaut werden? Weil sie Jahrzehnte nicht erneuert wurden? Oder um Ökostrom von Hochsee-Großwindanlagen nach Bayern zu bringen? Würde konsequent auf denzentrale Erzeugung gesetzt, wäre es nicht ein Problem großer Leitungen, sondern der Regeltechnik. Und das sollte im Zeitalter des iPod nicht gehen?
Nun sollen riesige Wasserspeicher in Stauseen und Bergwerken als Stromspeicher gebaut werden. Gegen so kapitalintensive Investitionen haben natürlich so einfache Ideen wie die zweier fachfremder Niedersachsen keine Chance: Die Kanäle (zum Beispiel den Elbe-Pleiten-Kanal) als Speicher nutzen und an jede Schleuse ein Kleinkraftwerk bauen. Bei Wind Wasser hochpumpen, bei Flaute stromerzeugend ablaufen lassen.
Wie wäre es mit sinnvollem und bezahlbarem öffentlichem Nah- und Fernverkehr anstelle des Plans, Elektro-Autos für alle zu entwickeln? Was die Subvention kosten würde, könnte leicht an Straßenunterhalt und -bau eingespart werden.
Giga-Liner, Riesenlastwagen, will der Verkehrsminister. Das würde Sprit sparen, sagt er. Natürlich kommen die nicht überall hin, aber da könne man ja auf kleine Lkw umladen. Hallo? Wie wäre es mit der Bahn? Schon blieben die Autobahnen frei. Was kostet ein Kilometer Schiene, verglichen mit dem Unterhalt eines Straßenkilometers, der ständig von Schwertransporten und Millionen Pkw kaputtgefahren wird?
Aber, zugegeben, das ist eine Frage der Vernunft. Und mit der ist Politik und Kapital nicht beizukommen. Alles, was bleibt: selber soviel wie möglich tun. Auf Dauer hilft nur die Vernunft der Kleinen gegen die Gier der Großen.