Wie der SPIEGEL berichtet, wollen die drei Energiekonzerne e.on, EnBW und RWE ihr "gesamtes deutsches Atomgeschäft inklusive der Atomkraftwerke" an die Bundesrepublik übertragen. Alle Risiken, die sich aus Betrieb und Endlagerung ergeben, soll nach diesen Vorstellungen ebenfalls der Bund übernehmen.
Nach Informationen des SPIEGEL sollen die Atomkraftwerke nach den Geheimplänen in eine öffentlich-rechtliche Stiftung übertragen werden. Diese soll dann die Atomkraftwerke bis zum endgültigen Aussteig betreiben. Außerdem soll die Stiftung auch den Milliardenteuren Abriss der der AKWs tragen und auch zuständig sein für die Endlagerung des radioaktiven Abfalls. Dafür sind die Energiekonzerne bereit, 30 Milliarden Euro in die Stiftung einzubringen.
Diese 30 Milliarden jedoch, Rückstellungen der Energiekonzerne, die sie bisher in ihren eigenen Budgets behalten konnten, sollten nach Forderungen von Umweltverbänden längst in einen öffentlich-rechtlichen Fonds überführt werden, um Insolvenzrisiken der Privatunternehmen zu verhindern. Die Umweltverbände haben allerdings nie daran gedacht, zu fordern, dass auch Betrieb und alle Risiken auf den Staat übergehen.
In ersten Reaktionen zeigten sich sowohl der Umweltminister von Schleswig-Holstein, Robert Habeck als auch Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel empört über das "Angebot" der Energiekonzerne. Die Atomindustrie habe Jahrzehntelang an den AKWs prächtig verdient, nun die Kosten des Ausstiegs dem Steuerzahler aufbürden zu wollen, sei "schäbig", so Habeck gegenüber verschiedenen Medien.
Für Stefan Wenzel, Umweltminister in Niedersachsen klingt das Ganze wie eine konzertierte Aktion: zunächst hätten die Energiekonzerne eine Drohkulisse mit etwa 30 Klagen aufgebaut, um sich nun schnell und billig aus der Affäre ziehen zu können, so Wenzel. "Immerhin liegen die Kosten für Rückbau und Endlagerung weit höher als die Summe, die die Konzerne bisher zurückgestellt hätten. Wenn es mit dem Geldverdienen vorbei ist, werden dem Staat und den Bürgern die Scherben vor die Füße gekippt," ärgert sich Wenzel.
ausgestrahlt!: Ein vergiftetes Angebot
Jochen Stay, Sprecher von ausgestrahlt!: "Als gewinnorientierte Aktionsgesellschaften haben die Stromkonzerne ihr Angebot an den Bund sicherlich genau durchgerechnet und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass sie viel Geld sparen können, wenn am Ende die Steuerzahler die Kostenrisiken beim Abriss der AKW und der Lagerung des Atommülls tragen.
Jahrzehntelang haben die AKW-Betreiber damit geworben, wie kostengünstig ihr Atomstrom sei. Und jetzt, da das teure Ende droht, wollen sie sich davonstehlen. Wenn die Atomkraftwerke aber so unrentabel sind, dass sie noch nicht einmal ihre Abriss- und Entsorgungskosten einspielen, dann sollten sie sofort abgeschaltet werden und nicht erst 2022.
Mich erinnert dieses vergiftete Angebot an den Deal zwischen Atomwirtschaft und dem Staat zum Abriss der Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe. In den Verträgen zur Stilllegung dieser Anlage wurden 1991 die Kosten für den Abriss auf etwa eine Milliarde Euro geschätzt, wovon
die Stromkonzerne die Hälfte übernahmen, sich aber vertraglich zusichern ließen, dass etwaige Kostensteigerungen beim Abbau der Anlage der Staat zuzahlen habe. Inzwischen werden die Kosten in Karlsruhe auf etwa drei Milliarden geschätzt, weitere Steigerungen sind wahrscheinlich. Doch die Atomwirtschaft hat sich mit einer halben Milliarde freigekauft."
Foto / Malte Dörge: Auch das von Störfällen belastete AKW Grohnde könnte nach den Plänen der Energiekonzerne demnächst zum Eigentum des Bundes gehören. Aktuell fällt der AKW-Betrieb wegen eines Generatorschadens für Wochen aus.