Die gute Nachricht: Hessen hat seine Bereitschaft erklärt, Atommüll in seinen Zwischenlagern aufzunehmen. Die schlechte Nachricht: Streit zwischen den Umweltverbänden soll angeblich die Endlager-Suche verzögern.
Zwar sind es bisher noch vorsichtige Absichtserklärungen, aber immerhin: es kommt Bewegung in die Suche nach geeigneten Zwischenlagern für den Atommüll, der ab nächstem Jahr aus La Hague und Sellafield zurückgenommen werden muss.
Der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gegenüber hatte der hessische Wirtschaftsminister Tarek Al Wazir erklärt, dass er bereit sei, die Frage der Einlagerung in Zwischenlager "in aller Ruhe zu klären". "Wenn eine fachliche Prüfung am Ende ergäbe, dass es helfen würde, wenn Castoren in Biblis zwischengelagert werden, würden wir uns dem nicht entgegenstellen", erklärte der Grünen-Politiker der FAZ weiter.
Unterdessen appelliert nicht nur Bundesumweltministerin Barbara Hendricks an die Umweltverbände, sich an dem weiteren Verfahren zur Endlager-Suche zu beteiligen. " Ich kann den Verbänden nur raten, diese Chance des Mitwirkens nicht verstreichen zu lassen. Eine Politik des leeren Stuhls wäre unglaubwürdig und sehr bedauerlich," erklärte sie kürzlich gegenüber dem Nachrichtenmagazin SPIEGEL. Die Zeit dränge , denn bis 2015 soll die Enquete-Kommission ihre Arbeit getan haben.
Auch die Grünen verschärfen den Druck auf die Umweltverbände. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckhardt, forderte in der Plenarsitzung vergangene Woche, dass die Umweltverbände ihren Boykott aufgeben. Die Osnabrücker Zeitung zitierte Göring-Eckardt mit den Worten , "es wäre ein Verlust, auf Sachverstand verzichten zu müssen, nur weil sich die Verbände und Anti-Atomorganisationen nicht auf eine gemeinsame Position einigten."
In einem offenen Brief bittet die grüne Bundestagsabgeordnete Sylvia Kotting-Uhl die Umweltverbände, sich diesem "neuartigen Angebot der Politik an die Zivilgesellschaft (gemeint ist die Endlager-Kommission)," nicht zu verweigern. Die Kommission sei "ein erster Versuch aus der Erkenntnis, dass Öffentlichkeitsbeteiligung im 21.Jahrhundert eine neue Qualität braucht." Ein Neuanfang brauche Bewegung, so Kotting-Uhl weiter. "seid ihr, die Umweltverbände und Initiativen. Ich bitte euch, bewegt euch. "
Bei den angesprochenen Umweltverbänden und Initiativen kam dieser offene Brief nicht sonderlich gut an.
Atommüll: Politik sollte mit Umweltverbänden reden, nicht über sie
Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt, bemängelt, dass keiner der Politiker und Verantwortlichen sie, die Umweltverbände, direkt zum Gespräch eingeladen habe. Bereits im Dezember habe man sich per Brief an die Bundestagsfraktionen und das Umweltministerium gewandt und seine Gesprächsbereitschaft signalisiert.
"Seither gibt es immer wieder öffentliche Appelle oder gar Vorwürfe in
unsere Richtung, aber leider keine Einladung zum Gespräch," so Jochen Stay in einer Mitteilung. "Die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker mutmaßen in der Presse über uns und unsere Beweggründe und stellen falsche Behauptungen über unsere Motivation auf, statt direkt mit uns darüber zu sprechen, ob und wie sich unsere Bedenken ausräumen lassen."
Dieser schlechte Stil stärke nicht gerade ihr Vertrauen darin, "dass der neue Prozess in Sachen Atommüll ohne die üblichen politischen Spielchen auskommt und als ehrlicher Dialog auf Augenhöhe gemeint ist," heißt es in der Mitteilung weiter.
Umgekehrt appelliert Stay an die Bundesumweltministerin und die Fraktionen des Bundestages , das direkte Gespräch mit den Umweltverbänden und Anti-Atom-Initiativen zu suchen, "statt uns
öffentlich zu diskreditieren.“
Unterdessen berichtet der SPIEGEL , dass ein Streit zwischen mehreren Umweltverbänden die Suche nach einem Atommüll-Endlager erschwere. Demnach sprechen sich Greenpeace und BUND (dieser antwortete Kotting-Uhl inzwischen ebenfalls mit einem offenen Brief ) gegen eine Beteiligung an der Enquete-Kommission aus, während NABU und die Deutsche Umwelthilfe sich dafür aussprechen. Ende März soll u.a. diese Frage auf einer großen Konferenz der Umweltverbände geklärt werden.
Gegen diesen Vorwurf wehrt sich die ausgestrahlt! vehement: "„Da hat sich der ‚Spiegel‘ einen schönen Bären aufbinden lassen – oder besser gesagt eine Ente. Irgendwer versucht hier, den Umweltverbänden die Verantwortung für etwas zuzuschieben, bei dem ganz andere nicht
vorankommen oder in völlig falsche Richtungen gehen," so Jochen Stay in einer prompten Reaktion. Stay ist der Ansicht, dass gegenwärtig "nach reiflicher Abwägung augenblicklich keinen einzigen Umweltverband gibt, der sich unter den aktuellen Rahmenbedingungen vorstellen kann, an dieser Kommission teilzunehmen."