Für Verwirrung sorgten am Dienstag Meldungen, dass Bundesumweltminister Röttgen plane, die Erkundung des Salzstocks Gorleben ohne Bürgerbeteiligung fort zu setzen. Auch wenn der Minister am Rande der CEBIT betonte, dass die Akzeptanz der Bürger für ihn entscheidend sei, bleiben Atomkraftgegner skeptisch.
Nach einem Gespräch mit der niedersächsischen Landesregierung hatte Bundesumweltminister Norbert Röttgen angekündigt, dass die weitere Erkundung des Salzstocks Gorleben "kurz bevor stehe". "Die Bevökerung wird bei dem Verfahren umfassend mit einbezogen. Wir werden die politische Beteiligung der Bürger gewährleisten", so Röttgen in Hannover.
Unterdessen protestieren Anti-Atom-Organisationen gegen eine Wiederaufnahme der Erkundung und fordern eine vergleichende Standortsuche.
Entgegen anderslautender Berichte erklärte Minister Röttgen, dass über das Verfahren noch keine Entscheidung getroffen sei. "Es können auch atomrechtliche Vorschriften angewendet werden", trat der Minister Befürchtungen entgegen, dass für die Weitererkundung Bergrecht angewendet würde, welches keine Öffentlichkeitsbeteiligung vorsieht.
Für Röttgen ist die ASSE-Begleitgruppe, die im Fall des maroden Endlagers bei Wolfenbüttel die Bürgerbeteiligung sichert, vorbildlich. In dem Gremium sitzen Vertreter von Bürgerinitiativen und lokale Politiker. «Das wollen wir auch bei Gorleben realisieren», sagte Röttgen.
"Das kann er mit sich alleine realisieren, nicht mit uns. Wir sind für den Rückbau der Anlagen", so die erste Reaktion der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI). "Die Asse-Begleitgruppe war eingerichtet worden, nachdem sprichwörtlich das Kind schon in den Brunnen gefallen war. In Gorleben steht der Rückbau auf der Tagesordnung. Bei dieser "Rückbau-Begleitgruppe" kämen wir in Frage," so Wolfgang Ehmke, Pressesprecher der BI.
Ganz nebenbei kündigte Minister Röttgen übrigens auch seinen Besuch in Gorleben an - den Zeitpunkt ließ er allerdings offen. "Wie schön! Hoffentlich kommt der Minister im Herbst, wenn der Castor rollt. Denn zu diesem Termin haben wir ihn schon lange eingeladen", so Wolfgang Ehmke.
Grüne: EU-Recht anwenden
Für die Landtagsgrünen wäre ein Verfahren nach Bergrecht ebenfalls politisch und juristisch falsch. "Schon bei der Asse haben "die Heimlichtuer eine Niederlage auf Raten erlitten", sagte der Fraktionsvorsitzende der Landtagsgrünen Stefan Wenzel. "Erst hat ein Gutachten festgestellt, dass nach deutschem und EU-Recht auch im Bergrecht eine Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung zwingend sei. Ein weiteres Gutachten hat dann schließlich das ganze Konstrukt gekippt und die Anwendung des Atomrechts erzwungen."
LINKE: aktueller Rahmenbetriebsplan muss her
Für die Landeslinke ist ein aktueller Rahmenbetriebsplan zwingend: "Dieser hat Aufsichts- und Steuerungsfunktion. Der Rahmenbetriebsplan in Gorleben stammt aber von 1983, und seitdem haben sich fast alle Bedingungen geändert", so der umweltpolitische Sprecher der Landeslinken Kurt Herzog. "Das Untersuchungsgebiet ist verändert worden und Volumen, Verpackung und Einlagerungstechniken sind nicht mehr vergleichbar. Stand der Technik ist inzwischen eine vergleichende Standortauswahl. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist Standard und die Sicherheitsanforderungen an Endlagerung sind deutlich gestiegen. Eine einfache Verlängerung des alten Rahmenbetriebsplans ist deshalb nicht möglich." Auch Herzog wehrt sich vehement gegen eine weitere Erkundung ohne Bürgerbeteiligung.
Foto: Timo Vogt / Während der Besetzung des Erkundungsbergwerks im Oktober 2009
{{tpl:tocbox |style=width:60%;margin:6px; |hd=Mehr zu "Gorleben" |bd={toc |dt=Wiki |groupID=wnet |public=1 |tags=gorleben |max=10 |template=tpl:link-list }
}}