Was seit
mehr als 10 Jahren gut lief, wird nun zum Problem mit massivem
Zeitdruck. Bisher setzte die Kreisverwaltung auf Kooperation durch Vertragsschutz - doch die EU fordert jetzt nachdrücklich, den Naturschutz durch Schutzverordnungen zu sichern.
Die Rede ist von den sogenannten
„Flora/Fauna/Habitat-Gebieten“ (FFH) und den Vogelschutzgebieten der
Europäischen Union (EU).
Mit einzuleitenden Schutzgebietsverfahren
musste sich der Fachausschuss des Kreistages in seiner Sitzung am 13.
Mai 2014 beschäftigen. „Ich hätte auch gut damit leben können, diese
Gebiete weiter vertraglich oder durch Eigentum zu sichern“, so Landrat
Jürgen Schulz, „aber nun droht die EU mit einem Ordnungsverfahren gegen
die Bundesrepublik und daraufhin hat das Landesumweltministerium die
hoheitliche Unterschutzstellung durch zu erarbeitende Verordnungen
angeordnet“, so der Landrat weiter.
Zum Hintergrund: Bereits seit Ende der 90er Jahre hat
die EU in drei Schritten die FFH-Gebiete ausgewiesen. Die
EU-Vogelschutzgebiete folgten 2002. Seitdem sind diese Festlegungen auch
in den behördlichen Amtshandlungen der Kreisverwaltung ein ständiges
Thema. So beispielsweise bei der Bearbeitung des Regionalen
Raumordnungsprogrammes oder bei Biogasplanungen in der Landwirtschaft.
Der förmliche Schutz erfolgte aber nicht durch Schutzverordnungen,
sondern – in Absprache mit der damaligen Landesregierung – durch
Vertragsnaturschutz oder Eigentum. So ist der Landkreis z.B. Eigentümer
von weiten Teilen der Nemitzer Heide und kann so leicht steuern, was
dort geschieht.
Damit soll nun Schluss sein, so fordert es die EU,
weil sie schon vor Jahren bei der Ausweisung der FFH- und
Vogelschutzgebiete die Unterschutzstellung durch nationales Recht
gefordert hatte und zwar bis 2010 bzw. 2013 und diese Übergangsfristen
bereits überschritten seien.
Der zuständige Fachausschuss des Kreistages
folgte am vergangenen Dienstag diesem Ansinnen zwar grundsätzlich, gab aber noch keine
gezielte Empfehlung für den Kreistag, so dass im Kreistag am 23. Juni
2014 eine ausführliche Debatte zu erwarten ist.
Einigkeit bestand darin, dass die verschiedenen betroffenen Gebiete
nur schrittweise in die Bearbeitungsverfahren gehen können. Zu welchem
Schutzstatus es endgültig kommen soll – zu unterscheiden ist in aller
Regel zwischen Landschaftsschutzgebiet als dem milderen Mittel und
Naturschutzgebiet als dem schärferen Schutz – will der Ausschuss
ebenfalls noch ausführlicher diskutieren.
Auf Vorschlag von Landrat
Jürgen Schulz wird die Verwaltung die notwendigen Schutzverfahren
vorbereiten und durchführen, wie die bekannten Bebauungsplanverfahren
bei den Gemeinden. Dort ist im Gegensatz zum Naturschutzrecht mehr
Transparenz durch Aufstellungsbeschlüsse, frühzeitige Bürgerbeteiligung
und Beteiligung der Samtgemeinden vorgesehen. Auch ein Begleitgremium
mit den beteiligten Fachleuten der Landwirtschaft und des Naturschutzes soll zur frühzeitigen Erörterung gebildet werden.
Die CDU-Fraktion hatte gebeten, im Gegenzug auch
vorhandene Landschaftsschutzgebiete auf deren Sinn und Zweck zu
überprüfen. Auch dieser Wunsch wird einvernehmlich dem Kreistag
vorgelegt.
Ein Großteil der FFH- und Vogelschutzflächen der EU
liegen in bereits ausgewiesenen Schutzgebieten wie dem
Biosphärenreservat an der Elbe. Andere müssen jedoch verteilt auf das
gesamte Kreisgebiet in neue Schutzgebietsverfahren eingebracht werden.
„Wenn die Verfahren einmal abgeschlossen sind, wird
der Schutzgebietsanteil im Landkreis von derzeit 54 Prozent auf 62
Prozent der Kreisfläche steigen“, so Landrat Jürgen Schulz. Die
Herausforderung werde weiterhin darin liegen, ein ausgewogenes
Verhältnis zwischen den Interessen von Wirtschaft und Landwirtschaft
einerseits und dem Naturschutz andererseits zu finden. Erste Verfahrensschritte sind nach der Juni-Kreistagssitzung zu erwarten.
Foto / Angelika Blank: Das Schutzgebiet des Biosphärenreservats Niedersächische Elbtalaue umfasst jetzt schon einen deutlichen Anteil des Kreisgebietes.