In Zeiten von Abhörskandalen, Totalüberwachung und Datenmissbrauch hat der Europäische Gerichtshof am Dienstag Zeichen gesetzt: er kippte die geplante Vorratsdatenspeicherung.
Im Koalitionsvertrag war vereinbart worden, dass Telefon- Internet- und Emailübertragungsdaten sechs Monate lang gespeichert werden dürfen - vorgeblich, um Straftaten einfacher aufklären zu können. Gegen die geplante Datenmassenspeicherung hatte sich vielfach Protest erhoben.
Der Europäische Gerichtshof gab den Kritikern nun Recht: Die Speicherung von Kommunikationsdaten ohne Verdacht auf Straftaten ist nach dem EuGH-Urteil nicht mit EU-Recht vereinbar. Somit ist auch die EU-Richtlinie zur Sicherung von Grunddaten aus dem Telefon- und Emailverkehr ungültig. Die Sicherung von Verbindungsdaten darf nach dem Urteil ohne Verdacht nur noch durchgeführt werden, wenn sie auf das absolut Notwendige beschränkt bleibt. Demnach müssen Verbindungsdaten von Telefon, Internet und E-Mails ohne Verdacht künftig "auf das absolut Notwendige beschränkt" werden.
Außerdem so der EuGH beinhalte die Regelung "einen Eingriff von großem Ausmaß und besonderer Schwere in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf den Schutz personenbezogener Daten, der sich nicht auf das absolut Notwendige beschränkt."
Der Niedersächsische Innenminister Boris Pistorius dazu: ""Mit dem heutigen Urteil des EuGH ist die Grundlage für die Vereinbarung im Berliner Koalitionsvertrag entfallen. Die Entscheidung schafft aber erfreulicherweise Klarheit in zweierlei Hinsicht. Sie stellt einerseits fest, dass die bisherige Richtlinie die Grundrechte verletzt hat und unverhältnismäßig war. Andererseits wird klargestellt, dass eine Vorratsdatenspeicherung auch weiterhin möglich sein kann, wenn sie sehr hohe Anforderungen an den Grundrechts- und Datenschutz erfüllt"
Nach Ansicht von Pistorius braucht es nun "dringend eine angemessene Mindestspeicherung zur
Verfolgung schwerster Kriminalität." Verbindungsdaten müssten unter
größtmöglicher Beachtung der Grundrechte und des Datenschutzes zur
Verfolgung von Kinderpornographie, Internetbetrug oder Gewalttaten für
eine sehr begrenzte Zeit zur Verfügung stehen.
Pistorius kündigte an, dass die Koalitionspartner im Bund nun neu darüber verhandeln werden, ob und wie die Polizei und die Staatsanwaltschaft dieses, so Pistorius "wichtige Instrument" in Einklang mit der aktuellen Entscheidung des EuGH nutzen dürfen.