Zünftig feiern auf bayrisch? Michael Betram hat was gegen Lederhosen und Oktoberfestbier Importe.
Am heutigen Sonntag ist Erntedankfest, ein christliches, kerndeutsches Fest, ein Feiertag mit langer Tradition. Steht im Kalender, hat man gern, kann so bleiben.
Doch was wird plakatiert? Die Wendland Wiesn (Jameln), Oktoberfest (Sallahn), Bayerischer Abend (Kapern) und nochmal Oktoberfest (Brünkendorf; dort wird die Party listig kombiniert mit einem Erntedankgottesdienst als Einstieg) – nur einige Beispiele.
Ausgeschenkt wird auch nicht einfach bloß viel Bier – nein: „Oktoberfestbier“. Gern auch „bayerische Spezialitäten“, in Kapern sogar „frisch und direkt aus dem Freistaat Bayern importiert“. Dort werben sie mit Blasmusik und sogar mit einem Freigetränk – aber nur für…– Achtung: „zünftiges Erscheinen im Dirndl oder in der Krachledernen“.
Stimmt ja, auch die Marketingfritzen von Großmärkten und Autohäusern suchen immer nach „innovativen Event-Konzepten“ – und stellen Mitte-Ende September landauf, landab Biergartenmöbel mit blau-weißen Deckchen in ihren Verkaufsraum. O’zapft is – Riesengaudi im Autoland!
Wir verstehen euch ja, Feierbiester in Jameln, Sallahn, Kapern: erbärmliche Oktoberfeste im Baumarkt sind das! Ihr langweilt euch, ihr wollt was erleben, ihr wollt schrill drauf sein, ausflippen – das ist total OKAY! Und es ist GUT!, dass ihr die TRADITION pflegen wollt, dass ihr nicht ständig auf der Suche nach megahippen Parties und spacy Events seid!!
ABER! glaubt ihr wirklich, dass die Rettung in schlechten Kopien von zwangslustigen Saufwettbewerben liegt? Die Erlösung von der Langeweile kommt sicher nicht von dröhnenden Blechkapellen mit Jodelbegleitung. Und schon gar nicht von fundamentalistischen Verkleidungen als Lederhosen-Horst oder Dirndl-Dagmar! Auch nicht von einfallsloser, fremdländischer („importierter“!) und kaum verdaulicher Kost, die höchstens in Grönland als „Spezialitäten“ gelten kann.
Und was gar nicht geht: Ergebenheitsbezeugungen vor dem Schwarzen Reich von CSU-König Seehofer und seiner obergrenzwertigen Gefolgschaft!
Also, Feierbiester, lasst euch nicht zu Wiesndeppen machen!
Sprengt die Willkürherrschaft der Oktoberfest-Aufseher, verschmäht das reaktionär-ranzige Brauchtum der bayerischen Holzköpfe und Fanatiker!
Kleidet euch, wie es euch gefällt, rockt die Wiesnzelte!
Oder, besser noch: Lasst euch was ganz anderes einfallen.
Foto: Angesagter weiss-blauer Style